Bergisch Gladbach – Ob Büro, Schlafzimmer oder Terrasse – überall wird in diesem Sommer die Temperatur gemessen. Und wie sieht’s dort aus, wo angeblich die coolsten Fahrgeschäfte und die heißesten Attraktionen auf Besucher warten? Die Lokalredaktion hat’s nachgemessen, auf der noch bis Dienstagabend dauernden Laurentiuskirmes in der Gladbacher Stadtmitte. Das Ergebnis: Zwischen dem kühlsten und dem heißesten Punkt liegen mehr als 50 Grad Temperaturunterschied.
27 Grad Celsius misst das Thermometer um 10 Uhr bei der Schaustellermesse in St. Laurentius – und das bei kühlen 17 Grad auf dem Kirmesplatz vor dem Kirchenportal. „Sonst isses doch immer hier drinnen so schön kühl“, raunt Wurstverkäufer Josef Müller dem Reporter beim Weg in die Kirchenbank zu. Kreisdechant Norbert Hörter, der die Messe feiert, kennt das Phänomen. Bei langanhaltender Hitze, heizt sich die Kirche auf und hält die Hitze danach noch bis zu 14 Tage.
Die Temperatur-Formel
Ob Autoscooter, Eis oder rasante Fahrt im Flipper – Kirmesmacher Burkhardt Unrau hat eine ganz einfache Temperatur-Formel dafür, wann eine Kirmes gut läuft: „20 bis 23 Grad und ein paar Wolken am Himmel.“ Das zitieren auch zahlreiche Veranstalter anderer Freiluftveranstaltungen in der Region. (wg)
21 Grad: Richtig angenehm ist das Klima beim Frühstück, das der Schaustellerverein nach der Messe auf dem Kirmesplatz ausgibt und für das eifrige Helferinnen der Kirchengemeinde Brötchen belegt und Kaffee gekocht haben. Allein letzterer ist schön heiß – und übersteigt doch glatt die 50-Grad-Maximalmarke unseres Flüssigkeitsthermometers. Gute Chancen für den Hitzerekord.
22 Grad: Bei einer solchen Temperatur kann man sich gut sportlich betätigen. Kinder und Jugendliche sind flink dabei, nachdem Kirmesmacher Burkhardt Unrau die Gäste begrüßt, Landrat Stephan Santelmann das bunte Treiben offiziell eröffnet hat und jede Menge Freifahrchips ins Publikum prasseln. Die Politik solle heute einmal außen vor bleiben, mahnt Kirmesmacher Unrau, meint damit aber natürlich nicht die Politiker, die zur Eröffnung gekommen sind.
23 Grad ist es jetzt am Fuße des Riesenrads. Kreisdechant Hörter will’s genau wissen. Ist es hoch oben kühler als am Boden? Mit einem Thermometer und der früheren Landtagsabgeordneten Helene Hammelrath besteigt er eine der blauen Gondeln. Eine Minute später steht’s fest.
23 Grad: Auch in 38 Metern Höhe zeigt das Thermometer dieselbe Temperatur wie am Boden – aber es fühlt sich kühler an. Denn hier oben weht ein frischer Wind. Gefühlt unter 20 Grad, schätzen die Passagiere.
31 Grad herrschen am Schwenkgrill von Wilhelm „Männi“ Liebe vor dem Gasthaus Paas. „Angenehm“, findet der Würstchenverkäufer. „Letzte Woche bei der Hitze waren’s am Grill fast 70“, erzählt er. „Sauna macht uns nix mehr aus.“
30 Grad: Die Temperaturanzeige klettert schnell, als Ordnungsamtsleiterin Ute Unrau mit dem Thermometer „Crystals City“ betritt. Das „3D-Funlabyrinth“ überrascht seine Besucher nicht nur mit optischen Illusionen, sondern auch mit heißen Realitäten im Inneren des gläsernen Irrgartens. Gut, dass alles gut belüftet ist.
18 Grad Wassertemperatur. Landrat Stephan Santelmann, in dessen Kreishaus auch die Untere Wasserbehörde angesiedelt ist, misst genau. Den gelben Kunststoff-Entchen an der Angelbude geht’s ja besser als den Fischen im Rhein, wo die Temperatur in vergangenen Tagen wie berichtet bis fast auf 28 Grad gestiegen ist. Glückliche Entchen in Gladbach!
15 Grad Celsius – gefühlt. Bei einer Lufttemperatur von 25 Grad. Das stellt Mario Wingender den Fahrgästen auf seinem „Break Dancer“ im besten Fall in Aussicht. Denn der produziert für die Wagemutigen in den Zweier-Gondeln, die um die eigene Achse, in Dreier-Gruppen und nochmals insgesamt auf einer großen Scheibe rotieren, ordentlich Fahrtwind. Tatsächlich: Gefühlt ist es mindestens wieder so kühl wie vor der Schaustellermesse am Morgen. Das flaue Gefühl im Magen allerdings, so versichern Experten, habe nichts mit dem abrupten Temperatursturz zu tun. Erst mal durchatmen an der Strunde.
14 Grad Wassertemperatur hat der Teil der Strunde, der in flachem Bachbett durch den Forum-Park plätschert. Im zuvor durchflossenen Buchmühlenpark hat sie offenbar ein paar Grad zugelegt. Den Kälterekord allerdings gibt es am Ende des Kirmes-Rundlaufs direkt gegenüber dem Autoscooter. Denn dort kühlen Tanja Liebe und Michael Liebe-Gier gerade ihr Slush-Eis herunter.
2 Grad zeigt das Flüssigkeitsthermometer an. Das überrascht selbst die erfahrenen Eismacher. Dafür sind bestimmt einzelne Eisstückchen am Temperaturmesspunkt verantwortlich. Aber eins ist klar, die anderen Kälterekord-Aspiranten vom Kirmesplatz sind abgeschlagen:
6 Grad kühl ist das Softeis, das Tanja Liebe über den Tresen reicht.
6 Grad misst Kirmesmacher Burkhardt Unrau im Kölsch am Tresen neben dem Autoscooter. Von solchen Temperaturen können Inge und Josef Müller nur träumen.
28 Grad: Muckelig haben sie es an ihrer Fritteuse. „Aber nix gegen die Arbeit bei den Kölner Lichtern, sagt Josef Müller, da hatten wir drin 40 Grad.“ Spricht’s und hängt eine neue Portion Pommes ins 65 Grad heiße Frittenfett. Heute ist’s bei ihm in der Bude ja gerade mal ein Grad wärmer als am Morgen in der Kirche. „Wenn das nicht paradiesisch ist . . .“