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Prozess geplatztBergisch Gladbacher Einbruchsopfer macht Aussage umsonst

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann demonstriert in der polizeilichen Beratungsstelle, wie Einbrecher Fenster aufhebeln.

Ein Mann demonstriert, wie Einbrecher Fenster aufhebeln.

Als eine Gladbacherin über den Einbruch in ihrem Haus vor Gericht aussagen muss, kommt der Schrecken zurück. Doch der Prozess platzt.

Es war ein unglückliches Zusammentreffen: Hier eine allein in ihrem Haus lebende jüngere Großmutter (60) aus Bergisch Gladbacher, dort ein in höchstem Maße drogenabhängiger 51-jähriger Kölner. Drei Tage vor Weihnachten war die berufstätige Oma zwischen dem Geburtstag der Tochter und einer Weihnachtsfeier von der Arbeit nach Hause gekommen.

Als sie die Haustüre aufschloss, kam ihr, sehr ungewöhnlich für das Tier, ihre Katze entgegengestürmt, anschließend bemerkte sie, sehr untypisch für sich selbst, eine ziemliche Unordnung. Bis ihr dann endlich dämmerte, dass wohl jemand in ihr Zuhause eingedrungen war und sie Verwandte und die Polizei rief.

Angeklagter hat lange Drogengeschichte

Der mutmaßliche Täter muss sich am Dienstag vor dem Bergisch Gladbacher Schöffengericht verantworten. Christian B. (Namen geändert) hat, was man ihm nach mehreren Monaten Haft und, damit verbunden, Entzug, nicht auf Anhieb ansieht, eine elendig lange Drogengeschichte.

Früher Heroin, später Kokain, Beschaffungskriminalität, Entzug, Gefängnis. Eigentlicher krimineller „Tätigkeitsschwerpunkt“ des Kölners ist die Domstadt, am 21. Dezember 2022 hat er sich eher zufällig nach Bergisch Gladbach verirrt. Denn, das erzählt er dem Schöffengericht, er wollte sich an diesem Tag hier freiwillig in eine Entgiftung begeben. Doch die Einrichtung habe ihn nicht aufgenommen, weil es ein Problem mit seiner Krankenversicherung gegeben habe. Während eine Sozialarbeiterin in seiner Sache noch telefonierte, sei er nach draußen gegangen.

Blutspuren im ganzen Haus

Im Haus von Claudia K. haben der oder die Einbrecher dilettantisch, aber gründlich gearbeitet. Dilettantisch, weil der Versuch scheiterte, die Terrassentür aufzuhebeln. Stattdessen wurde eine Scheibe eingeworfen, es gab eine Verletzung und Blutspuren. Gründlich, weil diese Blutspuren im ganzen Haus zu finden waren, und hinterher auch eine Menge fehlte: ein Lautsprecher, Ringe, Kleidungsstücke, Laptop, Tablet, Fotoapparat und und und.

„Manches habe ich erst nach Monaten bemerkt“, sagt Claudia B. als Zeugin vor Gericht. Einen bestimmten Koffer zum Beispiel, den habe sie erst in diesem Jahr vermisst. Mehr als der Versicherung übernommene materielle Schaden in Höhe von gut 6000 Euro schmerze sie aber das Gefühl, dass jemand in ihrem Haus war. Und dass das Hochzeitskleid ihrer Tochter, das in deren früheren Kinderzimmer auf seinen Einsatz nach dem Abklingen von Corona wartete, mit dem Blut eines Fremden besudelt war.

Ich musste damals weiter in dem Haus schlafen, konnte nicht einfach ins Hotel ziehen oder zur Tochter.
Die Hausbesitzerin als Zeugin vor Gericht

„Ich kann mich eigentlich ganz gut distanzieren und habe auch gedacht, dass es dem Einbrecher ja sehr schlecht gegangen sein muss, wenn er das gemacht hat“, sagt die Kauffrau. Aber man hört ihrer Stimme an, wie sehr der Schrecken von damals im Moment der Konfrontation mit dem mutmaßlichen Eindringling und seiner Tat wieder in ihr hochkommt. „Nur“ ein Einbruch? „Ich musste damals weiter in dem Haus schlafen, konnte nicht einfach ins Hotel ziehen oder zur Tochter.“ Und das, obwohl die Reparatur ihrer zerbrochenen Fensterscheibe sechs Wochen dauerte.

Einbrecher Christian B. ist nur zum Teil geständig. Zunächst über Verteidiger Dr. Mario Geuenich und anschließend auch selbst gibt er an, er sei erst ins Haus gegangen, nachdem ihm zuvor zwei andere frisch Entgiftete den Weg bereitet und es aufgebrochen hätten. Nur den Lautsprecher habe er mitgenommen, sonst nichts.

Weitere Verfahren sind in Köln anhängig

Jurist Geuenich weist anschließend darauf hin, dass die Bergisch Gladbacher Anklage nur ein kleiner Ausschnitt aus dem ist, was seinem Mandanten vorgeworfen wird. Am Kölner Schöffengericht seien gleich 19 weitere Delikte angeklagt, die sich zeitlich vor und nach der Gladbacher Tat abgespielt hätten. Um ein Gutachten zur Schuldfähigkeit werde man nicht herumkommen. Die Frage sei, ob man nicht auch das Gladbacher Verfahren nach Köln abgeben könne. Für die Gladbacher Tat müsse man überdies nachforschen, welche zwei Personen denn kurz vor seinem Mandanten die Suchthilfeeinrichtung verlassen hätten.

Schöffenrichterin Britta Epbinder unterbricht die Sitzung und berät sich mit ihren beiden frisch vereidigten Schöffen. Dann teilt sie mit, dass sie nun erst einmal mit ihrem Kölner Kollegen Kontakt aufnehmen werde. Mit dem Gladbacher Prozess ist es das bis auf Weiteres. Dass Claudia B. ihre lange, gründliche und aufwühlende Aussage damit quasi für die Katz gemacht hat, bedauert das Schöffengericht ausdrücklich.