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Olympia 2024Warum eine Bergisch Gladbacherin die belgische Turn-Nationalmannschaft trainiert

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt Ulla Koch, wie sie den Stufenbarren für die nächste Turnerin vorbereitet.

Ulla Koch in Aktion: Bei der Weltmeisterschaft im Mehrkampf bereitet sie den Stufenbarren vor.

Die Refratherin Ulla Koch fährt als Trainerin des belgischen Kunstturnteams zu den Olympischen Spielen in Paris.

„Ohne meinen Garten kann ich nicht sein“ verrät Ulla Koch eines ihrer Hobbys: „Auch auf das Golfspielen im Ruhestand haben wir, mein Mann Dieter und ich, uns eigentlich sehr gefreut.“

Eigentlich, denn: Garten und Golf müssen derzeit noch warten. Derzeit ist die Grande Dame des Deutschen Kunstturnens bei der Olympiade in Paris beschäftigt. Es sind bereits ihre fünften Olympischen Spiele. Doch anders als zuvor freut sie sich dort zwar auch, wenn die Fahne in schwarz-rot-gold nach einem Wettbewerb gehisst wird.

Aber dieses Mal in der anderen Version, in der Belgiens: längs gestreift. Und das kam so. „Bei den Olympischen Spielen in Tokio habe ich eigentlich beschlossen, nicht mehr als Trainerin zu arbeiten“, erinnert sie sich: „Ohnehin fanden diese - bedingt und erschwert durch Corona ein Jahr später statt.“ 2021, ein Jahr später als von ihr geplant, wurde sie in den Ruhestand verabschiedet.

Retterin der Turnerinnen

Wenn man denn die Funktionärstätigkeit als Vize-Präsidentin des Deutschen Turnerbundes (DTB) und Präsidentin des Rheinischen Turnerbundes als solchen überhaupt bezeichnen darf. Dann kam die Anfrage des belgischen Verbandes. Dessen Nationalteam um Nina Derwael, Olympiasiegerin von Tokio am Stufenbarren, stand wenige Monate vor Paris ohne Nationaltrainer da.

„Ulla, Du bist die Einzige, die helfen kann“, wurde die Rheinischen Frohnatur, die so viele brillanten Fähigkeiten aufweist, vom Verband unseres Nachbarlandes gebeten zu helfen. Und die Kochs sagten zu. Nun fahren sie montags mittags nach Gent. Montags morgens erledigt Ulla Koch in Gladbach noch Verwaltungsaufgaben für den Rheinischen Turnerbund. Ihr Amt beim DTB ruht bis Sommer. Darum hat sie gebeten. Freitags abends geht es heim nach Refrath.

Auf der Bühne zurück

Eine viel beschäftigte Frau, die nun wieder auf der großen Internationalen Bühne zurück ist, wo sie so viele Jahre als „Macherin des deutschen Frauenturn-Wunders“ geglänzt hat. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Dieter als Co-Trainer hat sie die zuvor verletzt Nina Derwael wieder behutsam an den Spitzensport herangeführt. Die Olympiasiegerin und Weltmeisterin am Stufenbarren begann ihre Übungen wegen einer Schulterverletzung zunächst mit einem Handstand gegen die Wand.

„Mit Hilfe eines sehr guten Reha- und Experten-Teams konnten wir sie schließlich zum Sieg des Gesamt-Weltcups am Schwebebalken führen“, freut sich Ulla Koch. Andere Disziplinen wie Boden, Sprung oder Stufenbarren waren zunächst wegen der Schulterverletzung nicht möglich zu turnen. Die Spitzensportlerin Belgiens sollte bei der Eröffnungsfeier auf dem Schiff auf der Seine die Fahne ihres Heimatlandes tragen.

WM-Gold 2017 geholt

„Da wir nur zwei Tage später unseren ersten Wettkampf auszutragen haben und die Zeremonie viele Stunden dauert, war dieses leider nicht möglich“, so die Nationaltrainerin Belgiens. Ulla Koch weiß, wie Siegerinnen geformt werden. Unvergessen ist das WM-Gold von Pauline Schäfer 2017 und die Bronze-Medaille von Sophie Scheder am Stufenbarren bei Olympia 2016 in Rio.

Vor laufenden Kameras überflügelte Scheder in der Wertung ihre Teamkollegin Elli Seitz. Besondere olympische Momente waren diese und Ulla Koch war stets mittendrin. Seit 2005 für das deutsche Frauenturnen zuständig fuhr sie mit ihren jeweiligen Teams zu Olympiaden nach Peking, London, Rio, Tokio und nun mit dem belgischen Team nach Paris. Was sind die ersten Eindrücke in der Stadt an der Seine?

Hohe Alarmbereitschaft

Seit Monaten bereitet sich die Metropole auf die Olympischen Spiele vor und hat sich herausgeputzt. Und bei der Eröffnungsfeier ist ein echtes Spektakel angekündigt. Die Sicherheitskräfte sind höchster Alarmbereitschaft.

„Es gibt unglaublich viel Polizei-Präsenz“, so Ulla Koch. „Auch in den Zügen wird kontrolliert. Die Seine ist abgesperrt. Es gibt keinen Schiffsverkehr. Im Fluss sollen dem Vernehmen nach auch Taucher kontrollieren, dass nichts ins Wasser geworfen wird.“

Heute werden die Spiele beginnen. Ulla Koch wird wieder als Nationaltrainerin vor laufenden Kameras mit ihren Schützlingen bangen und sich freuen, wenn sie mit Medaillen heimkehren. Der Garten in Refrath wird sich auf die Rückkehr der Frau mit dem Grünen Daumen freuen.