Weggeworfene ZigarettenWie zwei Rentner mit Staubsaugern die Stadt sauber halten
Rheda-Wiedenbrpück – „Flupp, weg ist sie“, sagt Hans Schalück und beobachtet zufrieden, wie die Kippe im Schlauch des Staubsaugers verschwindet. Flupp, flupp, flupp. Drei weitere Kippen folgen. Auf dem Rücken trägt er einen Industriestaubsauger, auf seinem T-Shirt steht „machen statt reden“. Sein Mitstreiter Hubert Rüthschilling geht einen Meter vor ihm, er trägt das gleiche T-Shirt und hält eine Harke in der Hand. Damit kratzt er Kippen aus den Fugen des Rheda-Wiedenbrücker Altstadtpflasters.
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„Hans, hier musst du saugen, hier ist ein richtiges Nest“, ruft er. Die beiden selbst ernannten „Kippenkiller“ haben ein Ziel: Ihre Stadt soll kippenfrei werden. An ihrer Ausrüstung haben sie den ganzen Sommer über getüftelt. Den Industriestaubsauger haben sie so umgebaut, dass die Kippen sich nicht im Schlauch festsetzen.
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Giftstoffe gelangen durch Regen ins Grundwasser
Die Zigarettenreste, gegen die die beiden Männer kämpfen, sind nicht nur einfach Unrat: Sobald es regnet, werden Giftstoffe aus den Kippen ins Grundwasser geschwemmt. Laut dem Naturschutzbund (Nabu) verunreinigt ein einziger Zigarettenstummel 40 Liter Grundwasser. Demnach enthält eine Zigarette circa 200 giftige Stoffe - neben Nikotin auch Arsen, Blei und Kupfer.
Über 100 Kippen pro Quadratmeter haben Schalück und Rüthschilling bei ihren Touren gezählt. Seit vier Wochen sind sie im Stadtteil Wiedenbrück unterwegs, immer dienstags.
Sie sind nicht allein - in Düsseldorf ruft die Initiative „RhineCleanUp“ aktuell zu einer Sammelaktion auf. Am Freitag wollen die Freiwilligen mit Eimern losziehen und Kippen aufsammeln. Der Verein schätzt, dass täglich bis zu einer Million davon auf Düsseldorfs Straßen und Wiesen landen.Wer eine Zigarette auf den Boden schnippt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das NRW-Umweltministerium hat den entsprechenden Bußgeldkatalog im Juli überarbeitet und empfiehlt seitdem ein Bußgeld von 100 Euro. Für die Kommunen ist das aber nicht bindend. „Aber ich appelliere an die zuständigen Behörden, die rechtswidrige Entsorgung von Abfällen stärker zu verfolgen“, sagt NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU), denn: „Der öffentliche Raum ist kein Mülleimer. Es macht mich wütend, wenn ich Berge an Zigarettenkippen auf dem Boden an Haltestellen sehe.“
Bußgelder variieren stark
Aktuell variieren die Bußgelder in den NRW-Städten stark. In Dortmund sind es zwischen 10 bis 25 Euro, in Aachen 30 Euro, in Münster 50 Euro und in Bielefeld 60 Euro. In Düsseldorf kostet eine weggeworfene Kippe 10 Euro Verwarngeld. „Im letzten Jahr gab es 33 Verwarnungen, weil es schwierig ist, die Personen sozusagen auf frischer Tat zu ertappen“, teilte die Stadt auf Anfrage mit.
In Rheda-Wiedenbrück, wo Hans Schalück und Hubert Rüthschilling unterwegs sind, liegt das Bußgeld bei 25 Euro. Wenn die beiden Rentner jemanden beim Wegwerfen einer Zigarette beobachten, rufen sie aber nicht das Ordnungsamt. „Das steht uns nicht zu“, findet Rüthschilling. „Wenn man die Leute nett anspricht, das kommt besser rüber“, meint er. Auf eine freiwillige Verhaltensänderung setzen auch die Ehrenamtlichen von „ReinCleanUp“ in Düsseldorf. „Wer weiß, wie giftig die Kippen sind, wird sie demnächst nicht mehr achtlos wegwerfen“, sagt Ingo Lentz von der Initiative. Deshalb bieten die Freiwilligen Alternativen an und verteilen Aschenbecher für unterwegs.
Auch die Rheda-Wiedenbrücker „Kippenkiller“ verteilen kleine Plastikröhrchen, in denen Raucher ihre Kippen sammeln können. Diese speziellen Aschenbecher sind Teil des Sammelsystems für Zigaretten einer Kölner Firma: Raucher bringen die vollen Röhrchen zu öffentlichen Sammelstellen, diese schicken dann Kisten voller Kippen nach Köln und das Unternehmen stellt daraus neue Aschenbecher und Kisten her.
Ganz schön viel Arbeit für die beiden Rentner - Kippen einsaugen, verpacken und verschicken, Aschenbecher bestellen und verteilen. Aber die beiden „Kippenkiller“ machen weder den Rauchern noch der Stadt einen Vorwurf wegen der vielen Zigarettenstummel auf den Straßen. „Kennedy hat doch schon gesagt: Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt. So denken wir“, sagt Schalück. (dpa)