Wiehl – Ein gutes halbes Jahr nach der Kommunalwahl sind die Fronten in der Wiehler Schulpolitik weiterhin verhärtet. Unmittelbar vor der ersten Sitzung eines neuen Arbeitskreises, der eine Entscheidung über das Wo und Wie des Gymnasiumsneu- oder -umbaus vorbereiten soll, haben SPD, Grüne und FDP am Donnerstag im Schulausschuss des Stadtrats eine erste Weichenstellung erzwungen: Mit einer Mehrheit von 17 zu 10 votierte der Ausschuss für den Antrag, eine Bebauung des Stadions auszuschließen. Endgültig entscheiden wird der Stadtrat.
Vergeblich hatte die CDU mit einem Gegenantrag versucht, die Abstimmung zu vertagen. Bernd Teuber (SPD) erinnerte aber daran, dass die Stadt sich schon seit sechs Jahren mit dem Thema plage: „Wir müssen zügig entscheiden, wo die Reise hin geht. Und wir wollen das Stadion auf keinen Fall aufgeben.“
„Wir schieben das Projekt zu lange vor uns her“
SPD-Sprecher Karl-Ludwig Riegert ergänzte: „Wir schieben das Projekt zu lange vor uns her. Im Arbeitskreis sollten wir die konkrete Ausgestaltung der Entwicklung am jetzigen Standort vorantreiben.“ Dr. Erwin Kampf (FDP) warnte davor, dass die Politik ihre Glaubwürdigkeit verliere. Und Kim Schroeter (Grüne) argwöhnte: „Die CDU will nur gewährleisten, dass es in ihre Richtung geht.“ CDU-Ratsmitglied Michael Pfeiffer kritisierte, dass der Antrag dem Arbeitskreis die Geschäftsgrundlage entziehe. Er warb noch einmal für den von der CDU favorisierten Neubau im Stadion als beste und kostengünstigste Lösung.
Bürgermeister Ulrich Stücker beteuerte, dass alle Beteiligten ein Interesse an einer zügigen Lösung hätten. Ziel sei es, in der Ratssitzung am 22. Juni die Entscheidung zu treffen. Er appellierte an die Politik, „konstruktiv in die Arbeitsgruppe zu gehen und dort auch die Grundsatzfrage zu diskutieren“. Wie Stücker hinterher berichtete, habe sich die Hoffnung auf eine sachorientierte Atmosphäre tatsächlich erfüllt. Das nächste Treffen sei kurzfristig vereinbart worden.
Auf Haltung angepsielt
Michael Pfeiffer hatte im Ausschuss betont, dass die CDU „immer wieder“ Brücken baue, und damit wohl auf die Haltung seiner Fraktion in der parallel verlaufenden Gesamtschuldebatte angespielt. Zu Beginn der Sitzung hatte der Ausschuss ohne Gegenstimmen beschlossen, eine Elternbefragung auf den Weg zu bringen. Neben den Eltern der TOB-Sekundarschule sollen auch die Grundschuleltern sagen, ob sie für eine Umwandlung der TOB zu einer Gesamtschule sind. Hintergrund ist, dass SPD, Grüne und FDP dieses Projekt nicht aufgeben wollen, obgleich es Widerstand aus den Nachbarkommunen gibt, die schädliche Auswirkungen auf ihre eigene Schullandschaft fürchten. Die Bezirksregierung hatte zuletzt im Februar schriftlich mitgeteilt, dass sie deshalb eine Umwandlung der Sekundarschule „aktuell nicht in Aussicht stellen“ könne. Dennoch hat die Stadtverwaltung auftragsgemäß das Fachbüro Biregio mit Daten versorgt und will ein Abstimmungsgespräch mit der Bezirksregierung vereinbaren.
Kommentar: Böse Überraschungen
Die Überrumpelung wird langsam zum üblichen Verfahren in der Wiehler Kommunalpolitik. Im Wahlkampf des vergangenen Jahres war es die CDU, die den Wiehler Pfad der Konsensbildung verließ und unvermittelt ihren Plan vom Neubau des Gymnasiums im Stadion präsentierte. Zugleich kündigte die Union schon einmal selbstbewusst an, ihre Vorstellungen nach der Wahl mit einer absoluten Mehrheit durchzusetzen. Dazu ist es nicht gekommen, und nun erntet die Fraktion die Früchte dieser Basta-Überheblichkeit. Diesmal war es die schulpolitische Ampelkoalition auf der Gegenseite, die unvermittelt den Start der neuen Arbeitsgruppe torpedierte, indem sie deren Arbeit vorab schon einmal in eine feste Bahn gezwungen hat.
Damit hat sich der Stadtrat in eine Situation manövriert, in der es kaum einen Ausweg ohne Gesichtsverlust gibt. Es kann aber nicht sein, dass das größte Investitionsprojekt der Stadtgeschichte am Ende mit einer knappen, vielleicht sogar wiederum unkalkulierbaren Mehrheit entschieden wird. Vor dieser Überraschung sollten die Fraktionen ihre Bürger doch bitte bewahren.
Erwin Kampf (FDP) sagte im Ausschuss, dass der kommunale Konsens mit den Nachbarn keine zwingende Voraussetzung sei. Die Stadt sollte sich „nicht bange machen lassen“.
Ohne die Aussicht auf eine eigene Oberstufe drohe die erfolgreiche TOB zu einer „Restschule“ zu verkommen. Gerhard Altz (CDU) warnte davor, dass eine Elternbefragung falsche Hoffnungen nähren könne und enthielt sich der Stimme.