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Paris 2024Wiehlerin startet beim Olympia-Lauf für alle

Lesezeit 4 Minuten
Zwei Frauen sitzen mit einem Husky am Strand.

Christine Backhaus (55, r.) mit ihrer Schwester Catherine.

Christine Backhaus startet in Frankreich beim „Lauf für alle“ und sammelt Spenden für den Verein Lebensfarben.

Das gab's bei den Olympischen Spielen noch nie: Direkt nach dem offiziellen Marathonlauf in Paris am 10. August dürfen 2 mal 2024 (also 4048) Hobby-Olympionikinnen und -Olympioniken beim Marathon „Pour tous“ (deutsch: für alle) antreten.

Auf der offiziellen Olympia-Webseite heißt es, dass Teilnehmende die einzigartige Gelegenheit haben, die gleiche Strecke wie beim Olympischen Marathon selbst zu laufen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Spiele werde eine Laufveranstaltung organisiert, an der die Öffentlichkeit selbst an dem vollständigen Marathon und einem Zehn-Kilometer-Lauf teilnehmen könne.

Zehn Kilometer auf der Olympia-Marathonstrecke

Eine dieser Läuferinnen ist Christine Backhaus (55), eine gebürtige Französin, die vor fast 35 Jahren nach Deutschland kam, um hier zu studieren. Sie verliebte sich, gründete eine Familie und ist nun schon sehr lange und sehr glücklich in Wiehl zu Hause.

Als sie Ende März tatsächlich eine Startnummer erhielt, um am 10. August mitten „im Herzen von Paris“ mitzulaufen, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Und dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Vor rund sechs Jahren hatte sich Christine Backhaus beim Volleyballspiel eine Fußverletzung zugezogen, die ungeahnte Folgen hatte.

Das Tragen von Schuhen war mit stechenden Schmerzen unter dem rechten Fuß verbunden, sodass sie fast fünf Jahre lang nur barfuß laufen konnte. Sie stand vor der Entscheidung: die Nerven im Fuß durchtrennen lassen oder für den Rest des Lebens starke Medikamente nehmen.

Für einen so sportlichen Menschen wie Backhaus war das keine leichte Entscheidung, zumal sich beide Wege für sie nicht richtig anfühlten. Also ging sie einen dritten Weg, gemeinsam mit einem befreundeten Physiotherapeuten und Osteopathen. Heute, wenige Wochen vor ihrem Lauf in Paris, sagt sie lächelnd: „Acht Kilometer schaffe ich schon ohne Fußschmerzen. Bis Paris schaffe ich auch zehn.“

Eine von 4048 Hobby-Olympioniken

Das Feuer und die Stärke dieser Frau ist beeindruckend – und auch ein bisschen ansteckend. Sie wolle es unbedingt schaffen, dabei zu sein, um alle Menschen zu ermutigen, für ihre Träume zu kämpfen, sagt sie – aber auch, weil sie nicht nur für sich läuft, sondern auch für Wiehl, oder besser gesagt: für die Kinder der Stadt.

Christine Backhaus nutzt das Ereignis nämlich als Spendenlauf und sammelt Geld für den Wiehler Verein „Lebensfarben – Hilfen für Kinder und Jugendliche“, der sich um Kinder und Jugendliche kümmert, die mit psychisch erkrankten oder suchtkranken Elternteilen leben (siehe Infobox).

Die 55-Jährige setzt sich gern für Kinder und Familien ein, ist sie doch selbst ein großer Familienmensch ist, mit einer ganz besonderen Beziehung zu ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Catherine. Die ist sozusagen schuld daran, dass Christine Backhaus überhaupt mit dem Laufen angefangen hat.

Mit der Schwester beim Marathon „Pour tous“

Die Schwestern haben sich, seit Christine in Deutschland lebt, nur selten gesehen. Als es aber vor zwölf Jahren darum ging, sich mit einem Lauf gemeinsam gegen Brustkrebs stark zu machen, musste Christine nicht lange überlegen und begann für ihren allerersten Spenden-Lauf zu trainieren.

Und so starteten die Schwestern 2012 Seite an Seite in Paris beim „La Parisienne“. Seitdem ist Christine bei vielen Läufen dabei gewesen, auch noch ein zweites Mal zusammen mit ihrer Schwester im Jahr 2014.

Der Gedanke liegt nahe, dass ein gemeinsamer Start der beiden Schwestern in Paris beim Marathon „Pour tous“ einerseits großartig wäre, denn „wie bei den Olympischen Spielen setzt sich auch der Marathon für die Gleichstellung der Geschlechter ein“.

Und natürlich steht Olympia ohnehin für ein globales, faires und zutiefst friedliches Miteinander. Andererseits ist es aber völlig unwahrscheinlich, dass zwei Personen aus derselben Familie bei einem Laufereignis mit nur 4048 Startplätzen dabei sein können, für das sich Menschen aus der ganzen Welt bewerben konnten. Unwahrscheinlich schon, aber nicht unmöglich.

Und tatsächlich hat nicht nur Christine einen Startplatz bekommen, sondern auch Catherine, die so weit weg in Frankreich lebt. Für ihren dritten gemeinsamen Lauf werden die Geschwister sich also schon bald, am 10. August, in Paris treffen.

Um exakt 23.30 Uhr werden sie am Pariser Rathaus loslaufen, gemeinsam mit Menschen aus der ganzen Welt. Christine Backhaus wird ihrer Fußverletzung trotzen, für eine gerechtere Welt Schulter an Schulter mit ihrer Schwester durch hoffentlich jede Menge Spenden für die Kinder in ihrer Wahlheimat Wiehl sammeln. Mögen die Olympischen Spiele beginnen, Wiehl ist dabei.


Der Wiehler Verein Lebensfarben

Der Wiehler Verein Lebensfarben kümmert sich um Kinder und Jugendliche, die mit psychisch erkrankten oder suchtkranken Elternteilen leben. Die Arbeit des Vereins wurde bereits vielfach ausgezeichnet. 

Um möglichst viele Spenden zusammenzubekommen, hat Christine Backhaus bei Instagram dazu aufgerufen, nicht nur für die zehn Kilometer in Paris zu spenden, sondern auch für ihre zahlreichen Trainingskilometer, die sie bis dahin absolvieren muss. Christine Backhaus bei Instagram: #christinebackhaus oder #christineparis2024 (mc)