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Alt-katholisch statt römisch-katholischOberberger sprechen über ihre Konvertierung

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Sie haben der römisch-katholischen Kirche als Institution den Rücken zugekehrt, ihren tiefen, heute alt-katholischen Glauben praktizieren Hans-Gerd Fischer (v.l.), Pfarrer Michael Schenk und Andreas Hombach mit völliger Überzeugung.

Oberberg – „Wir sind Katholiken. Und das sehr, sehr gerne.“ Trotz dieses klaren Bekenntnisses hat Andreas Hombach vor fast genau einem Jahr die römisch-katholische Kirche verlassen – „die Kirche als Institution“, betont der 54 Jahre alte Waldbröler immer wieder. Denn seinen Glauben praktiziert er weiterhin: Der leitende Angestellte eines Metallbauers ist zur Alt-Katholischen Kirche konvertiert.

„Mein Austritt ist keine Abrechnung mit der römisch-katholischen Kirche, er ist die Folge eines jahrelangen, inneren Kampfes“, sagt Hombach mit Blick auf die tiefe Krise, in die gerade vor allem das Kölner Erzbistum gestürzt ist. „Letztlich ist der Übertritt also eine Konsequenz aus der Summe der Punkte, die aus meiner Sicht für eine christliche, auf Nächstenliebe ausgerichtete Kirche nicht tragbar sind.“ Damit meint er auch die vielen, oft vertuschten Fälle sexuellen Missbrauchs und den späteren Umgang damit.

Hoffnung auf eine Refom von innen aufgegeben

Und nicht nur das: Als er erfahren habe, dass der heute 52 Jahre alte Waldbröler Michael Schenk zu den Opfern von Geistlichen gehört, sei ihm das auch persönlich sehr nahe gegangen, verrät Hombach. „Der Grundsatz der Unfehlbarkeit ist auch wegen solcher Taten schon lange nicht mehr haltbar“, ist Hombach überzeugt. Da der Niederhausener seine frühere Pfarrei, St. Michael in Waldbröl, auch heute noch als religiöse Heimat sieht, engagiert er sich dort – mit Erlaubnis des Leitenden Seelsorgers – weiterhin als Katechet und Lektor. Hombach: „Ich persönlich habe aber die Hoffnung aufgegeben, dass sich die römisch-katholische Kirche von innen heraus reformieren kann.“

Alt-Katholische Gemeinschaften

Zahl der Übertritte steigt seit dem Jahr 2020

Die älteste alt-katholische Gemeinschaft in Deutschland besteht bereits seit dem Jahr 1654 auf der nordfriesischen Halbinsel Nordstrand. Niederländische Deichbauer praktizierten dort ihren Glauben, der seinen Ursprung im alt-katholischen Bistum Utrecht hatte. Dieses war bereits im siebten Jahrhundert gegründet worden.

Nach Zerwürfnissen mit Rom wurde das Bistum im September 1889 Sitz der Utrechter Union, der Kirchengemeinschaft aller alt-katholischen Gemeinden. Kennzeichnend für die alt-katholische Kirche sind unter anderem der konsequente Gebrauch der Volkssprache in den Gottesdiensten, die Verwaltung der Kirche durch die Synode, die Ablehnung eines verpflichtenden Zölibats für Geistliche sowie die Ausübung aller geistlichen Ämter auch durch Frauen, damit ein klares Bekenntnis zur Gleichstellung. Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist seit vielen Jahren erlaubt. Auch ist die alt-katholische Kirche seit jeher offen für die Ökumene.

60 alt-katholische Pfarrgemeinschaften gibt es zurzeit in Deutschland und ebenso viele Gottesdienst-Stationen, Michael Schenks Haus ist eine davon. Und rund 15 000 Gläubige gehören dieser Gemeinschaft an.

Sitz des einzigen Bischofs ist die Pfarre St. Cyprian in Bonn. Dort berichtet Sprecher Walter Jungbauer von spürbar steigenden Übertritten seit dem Jahr 2020. „Damals waren es 183, 2021 hatten wir dann schon 386.“ Seinen Angaben zufolge hat es in Oberberg im vergangenen Jahr zwei Beitritte gebeben, im Nachbarkreis Rhein-Sieg seien es zuletzt elf gewesen. (höh)

Michael Schenk ist heute selbst Pfarrer von Beruf, sein, wie er sagt, unerschütterlicher Glaube hat ihn schon 2008 zur alt-katholischen Kirche geführt. In der kleinen Ruppichterother Ortschaft Stranzenbach, dicht an der Grenze zum Oberbergischen Kreis, hat er mit Ain Karem einen Therapie- und Exerzitienhof aufgebaut, dort feiert er einmal im Monat auch die Messe. „Zurzeit kommen zwischen 30 und 40 Gläubige“, berichtet Schenk. „Wir sind sozusagen eine Entscheidungskirche: Wer sich uns anschließt, der muss für den Gottesdienst oft einen weiten Weg zurücklegen.“

Während Pandemie Suche nach spiritueller Heimat

Die Bonner Pfarre St. Cyprian ist Sitz des einzigen Bischofs in Deutschland. Dort sieht Sprecher Walter Jungbauer die tiefe Krise der römisch-katholischen Kirche ebenso als Beweggrund wie die anhaltende Corona-Pandemie. „Viele Menschen suchen zurzeit eine spirituelle neue Heimat, die sie – oft nur durch Zufall – bei uns finden.“

Auf der Suche nach einer solchen Heimat war auch der Heilpraktiker Hans-Gerd Fischer aus Reichshof-Denklingen. Im vergangenen August ist der 75-Jährige konvertiert. „Ich wollte meiner Frau Martina vor Gott das Eheversprechen geben“, schildert er. Einem bereits geschiedenen Mann sei das in der römisch-katholischen Kirche selbst heute noch verboten. 1970 hat Fischer als Katholik evangelisch geheiratet – und wurde dafür exkommuniziert. „Um heute das katholische Sakrament der Ehe zu erhalten, hätten meine Ex-Frau und ich vor ein Diözesangericht gemusst, um unsere vor 51 Jahren geschlossene und seit 2005 geschiedene Ehe annullieren zu lassen“, sagt Fischer und nennt das „ganz schön bedrückend“. In Stranzenbach sind er und seine Martina, ebenfalls im August, vor den Traualtar getreten.

Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe

Doch nicht nur ein solches Vorgehen der römisch-katholischen Kirche sorgt bei den drei Männern für Befremden, auch die Aktion „#OutInChurch“ hat es jüngst ebenfalls getan – aber nicht, weil diese aus ihrer Sicht schlecht gemacht oder verfehlt gewesen wäre, im Gegenteil. In der alt-katholischen Kirche wäre sie schlichtweg überflüssig: „Bei uns werden nämlich schon seit 1997 gleichgeschlechtlich Liebende getraut“, führt Seelsorger Schenk aus. Schließlich seien vor Gott alle Menschen gleich und der Glaube sei die Einladung Jesu Christi an jeden Menschen, sich in Brot und Wein mit ihm zu vereinen. „Und davon darf doch keiner ausgeschlossen werden“, urteilen die Drei.

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Zudem dürfen Geistliche – übrigens Männer ebenso wie Frauen – heiraten und Familien gründen, in jeder Hinsicht sind Frauen und Männer gleichgestellt, die Geistlichen genießen keine bevorzugte Position. „Auch kennt die alt-katholische Kirche die Unfehlbarkeit nicht. Wir sind eine fehlbare Kirche – und wissen das“, ergänzt Michael Schenk. „Am Ende geht es um die Gemeinschaft – und darum zu zeigen, wie schön der Glaube sein kann, wie schön es sein kann zu glauben.“ Dass Priesterinnen und Priesterin inmitten der Schar Gläubiger stünden, überlegt Schenk, sei auch ein funktionierendes Mittel gegen den Missbrauch.