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ProzessKatholiken in Oberberg sind „schockiert, wütend und fühlen sich hintergangen“

Lesezeit 3 Minuten
angeklagter Missbrauch Gummersbach 2

Der angeklagte katholische Priester hält sich im Gerichtssaal eine Mappe vor das Gesicht. 

Gummersbach – Christoph Bersch sucht nach den richtigen Worten. „Paralysiert“ ist eines dieser Worte, ein anderes „entsetzt“, ein drittes „fassungslos“. Der Kreisdechant versucht zu beschreiben, wie die Katholiken in Gummersbach den Prozess gegen Pfarrer U. verfolgen, der in Köln vor Gericht steht.

Pfarrer Christoph Bersch weiß, dass bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung gilt. Aber er weiß auch: Nicht erst seit vergangener Woche, als U. nach einer Aussage über neue mutmaßliche Taten im Gerichtssaal verhaftet wurde, sind sich die Menschen, die ihn aus seiner Zeit in Gummersbach kennen, „schockiert, wütend und fühlen sich hintergangen“.

Nachricht vom Prozess schlug in Gummersbach wie eine Bombe ein

U. hatte Oberberg zwar schon lange verlassen. Bersch weiß aber, dass es von damals noch Freundschaften hier gegeben hatte: „Und für manche ist er immer ein seelsorgerischer Begleiter geblieben.“ Er selbst, sagt Bersch, habe den Mann aber schon lange nicht mehr gesehen. „Zuletzt war das vor einigen Jahren bei einer Messe in Derschlag. Da saß er im Kirchenvolk.“

Christoph Bersch

Kreisdechant Christoph Bersch

Schon die Nachricht vom Prozess sei in Gummersbach wie eine Bombe eingeschlagen, berichtet Bersch: „Kaum einer hat den Mann, um den es ja schon in den Gutachten des Erzbistums ging, als ihn identifiziert.“

Der Kreisdechant selbst wusste etwas mehr. Zum einen, weil U. Anfang der 2010er Jahre, als der Verdacht gegen ihn erstmals aufkam, zu Berschs Gemeinde in Wuppertal gehörte. Zum anderen, weil der Kreisdechant die Ereignisse rund um U. und die damit verbundenen Vorwürfe gegen das Erzbistum intensiv verfolgt hatte. „Auch ich“, betont Bersch, „kannte aber nur den Vorwurf des Missbrauchs seiner Nichten, wegen dem er auch angeklagt wurde.“ Die neuen Vorwürfe im Prozess seien auch für ihn eine Überraschung gewesen: „Das war ein Schock nach dem anderen.“

Pfarrer U.s Zeit in Gummersbach: „Ich glaube, hier sind viele blind gewesen“

Die Reaktion darauf unter den Katholiken in Gummersbach sei natürlich auch eine kritische Frage an sich selbst: Was hätten wir sehen können? Bersch meint: „Ich glaube, hier sind viele blind gewesen und hatten keinen Blick dafür.“ Dass jemand bewusst weggesehen habe, glaubt er nicht: „Selbstverständlich gibt es sowas in der Kirche. Aber hier in den Gemeinden spüre ich das nicht.“ Da hätten viele U. einfach so sehr ihr Vertrauen geschenkt, dass sie die Signale nicht sehen wollten. „Diese Naivität bei uns ist es, mit der wir uns auseinandersetzen und mit der wir leben müssen.“

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Unterdessen spürt auch Bersch, dass nicht nur die allgemeine Missbrauchsdebatte zuletzt um das Münchener Gutachten auch immer mehr engagierte Menschen dazu bringt, sich endgültig von der Kirche abzuwenden. „Natürlich sind es bei uns vor allem auch die Fälle vor der eigenen Haustür. Also nicht nur U., sondern auch das, was Michael Schenk in Waldbröl widerfahren ist.“ Das Wichtigste sei ohnehin, so Bersch, nicht immer nur auf die Täter, sondern auch auf die Opfer zu sehen.

Er selbst kämpfe dennoch um jeden, der die Kirche verlasse: „Ich schreibe immer einen Brief, in dem ich Verständnis zeige und trotzdem werbe zu bleiben.“ Ob das was bringt? Der Kreisdechant denkt nach. Dann sagt er: „Ich denke, es dauert Jahrzehnte, bis wir verlorenes Vertrauen wiederaufgebaut haben.“