Die angehende Sportpsychologin Theresa Wiesen absolviert ein Praktikum in der Handballakademie des VfL Gummersbach.
SportpsychologieKleine Werkzeugkästen für junge Handballer schaffen
Theresa Wiesen (25) absolviert an der Kölner Sporthochschule den Masterstudiengang Psychology in Sport and Excercise. Zudem ist sie wissenschaftliche Hilfskraft. Seit August macht sie ein Praktikum in der Handballakademie des VfL Gummersbach, in dessen Rahmen sie die jungen Leistungssportler psychologisch betreut. Dass die Zusammenarbeit für sie und für den VfL Neuland ist, darüber sprach Andrea Knitter mit der 25-Jährigen.
Wie ist es zur Zusammenarbeit mit dem VfL Gummersbach gekommen?
Theresa Wiesen: Es passte gut in mein Studium. Teamsport ist eine psychologische Herausforderung und Handball eine reizvolle Sportart, so dass ich eine Initiativbewerbung für ein Praktikum an den VfL geschickt habe.
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Was macht den Handball für Sie als angehende Sportpsychologin so reizvoll?
Handball ist eine dynamische Sportart, bei der im Training und im Spiel viel Entscheidungsverhalten gefordert ist. Es geht auch um Emotionen, Schmerz- und Selbstregulation.
Sie arbeiten im Rahmen Ihres Praktikums mit jungen Spielern in der Handballakademie. Welche Aspekte kommen dazu?
Vor allem die der Persönlichkeitsentwicklung, da es junge Spieler sind. Dadurch ist der Umgang mit Erfolg und Misserfolg noch ein anderer als später bei den Profis.
Mit dem Start in die Vorbereitung auf die neue Saison sind auch Sie eingestiegen. Wie waren die ersten Wochen?
Ich habe mir die Arbeit der Akademie bereits in der vergangen Saison einige Male angeschaut. Ich bin zuständig für die Mannschaften von der U15 bis zur U20, also für die Teams im Leistungsbereich. Zunächst habe ich die Jungs kennengelernt und Einblicke in den Trainingsbetrieb bekommen. Ich war aber auch schon beteiligt an verschiedenen Teambuildingmaßnahmen in der Halle und auch außerhalb. Wir sind beispielsweise gemeinsam Eis essen gegangen, um uns alle kennenzulernen.
Wie sieht Ihre Arbeit mit den jungen Handballern aus?
Die Jungs wissen, dass ich für sie da bin, wenn sie Unterstützung wollen. Es ist ja nicht so, dass alle Hilfe haben oder Einzelgespräche führen wollen.
Die U20 ist in der Dritten Liga bisher sieglos, musste teilweise hohe Niederlagen einstecken. Wie können Sie da als Sportpsychologin helfen?
Mit solch einer Erfahrung geht jeder Spieler anders um. Potenzielle Themen die aufkommen können, sind der Umgang mit Misserfolgen, den Aufmerksamkeitsfokus auf positive Aspekte zu lenken oder das Herausfinden von individuellen Faktoren um einen Athleten in seine Zone des optimalen Funktionierens zu bringen. Insgesamt muss es aber auch nicht immer nur um den sportlichen Erfolg gehen. Einige Spieler kommen von weit her, haben vielleicht Heimweh. Dazu kommt, dass sie neben dem Leistungssport in die Schule gehen. Es sind viele externe Faktoren, die auf die Jungs einwirken und für die ich mit ihnen Strategien entwickeln kann, wie sie damit umgehen können.
Haben Sie persönlich Erfahrungen im Leistungssport gesammelt?
Ja, ich komme vom Rudern, bin im Doppel-Vierer und im Doppel-Zweier gestartet. Ich musste aber aufgrund einer Verletzung bereits mit 16 Jahren mit dem Leistungssport aufhören und habe anschließend als Trainerin die andere Seite gesehen. Zudem ist mein Bruder Jonas Steuermann im Deutschland-Achter, der bei den Olympischen Spielen in Paris Platz vier belegt hat. Über ihn habe ich auch Einblicke in besondere Situationen, die Spitzensportler haben. Dazu kommt, dass sich der Sport durch die sozialen Medien verändert hat, die ebenfalls Druck erzeugen.
Haben Sie ihre Verletzung und die dadurch gemachten Erfahrungen bei der Berufswahl beeinflusst?
Ja, denn es war schon eine Herausforderung mit 16 Jahren aufhören zu müssen. Es gab Trainer, mit denen ich sprechen konnte, doch ich musste für mich selber einen Weg finden, wie ich damit umgehe und habe dabei viel gelernt. Vor allem in kleinen Vereinen fehlt in einer solchen Situation die Betreuung und es gibt wenige Angebote. Ich möchte das Gesamtpaket bieten. Daher ist es für mich auch wichtig, nach dem theoretischen Grundwissen die angewandte Sportpsychologie im Praktikum umzusetzen.
Wie sieht das praktisch aus?
Am Anfang der Vorbereitung war ich so dreimal die Woche beim Training dabei. Mittlerweile kommt es darauf an, was ansteht. Ich bin bis dreimal in Gummersbach, beim Training und bei Spielen, wobei ich da keine aktive Rolle habe. Ich betreue die Athleten und die Teams, lerne dabei mit jedem Gespräch dazu. Wichtig ist, dass die Jungs wissen, dass sie mir vertrauen können. Sie haben es mir bisher aber auch leicht gemacht und wir sind in einem guten Prozess. Dabei bin ich natürlich auch auf die Zusammenarbeit mit den Trainern und Betreuern angewiesen.
Beziehen Sie auch die Eltern in Ihre Arbeit mit ein?
Wir haben schon das ein oder andere mit den Eltern gemacht. So gab es zum Beispiel Workshops zur Rolle der Eltern im Übergangsbereich vom Kinderhandball in den Leistungsbereich. Mir war es wichtig, dass die Eltern mich auch kennenlernen.
Sie sind im Masterstudiengang, was wird das Thema Ihrer Abschlussarbeit sein?
Mit „Group Flow-Review“ ist es ein englischer Titel, der ein in der Wissenschaft noch relativ neues Thema behandelt. Es geht um einen Bereich der Gruppendynamik und dabei um das Phänomen, wie ein Team in einen Flow, also einen Tunnel, gerät.
Wie lange dauert Ihr Praktikum in der Handballakademie?
Sechs Monate bis Februar, dann möchte ich auch mit meiner Masterarbeit fertig sein.
Welches Ziel haben Sie sich gesetzt?
Dass ich den Athleten die Sportpsychologie näherbringen und sie an der ein oder anderen Stelle unterstützen kann. Ich möchte für eine Leistungsoptimierung sorgen, in dem ich den Sportlern ermögliche, sich selber ein Umfeld zu schaffen, das sie weiterbringt. Es ist ein Prozess herauszufinden, was passt und damit einen kleinen Werkzeugkasten für alle Situationen, auch die auf dem Spielfeld, zusammen zu stellen. Wie gesagt, es ist ein Lernprozess für die Jungs und auch für mich.