Ab Ostermontag ist Jasmina Rebmann-Jankovic als Torwarttrainerin mit den deutschen Handballerinnen auf Qualifikationstour.
InterviewIn Rio stand sie vor 12 000 Zuschauern im Handballtor
Jasmina Rebmann-Jankovic ist seit September Torwarttrainerin der deutschen Handball-Nationalmannschaft der Frauen. Mit den Handballerinnen bereitet sie sich seit Ostermontag auf die Qualifikation für die Europameisterschaft und die Olympischen Spiele vor. Seit Saisonbeginn lebt die 37-Jährige mit Ehemann Daniel Rebmann, Torhüter des VfL Gummersbach, in Oberberg.
Nach den Ostertagen geht es für Sie und die deutschen Frauen Schlag auf Schlag.
Jasmina Rebmann-Jankovic: Das stimmt, in der EM-Qualifikation stehen diese Woche gleich drei Spiele an, da das Auswärtsspiel gegen Israel im Oktober nach dem Überfall der Hamas ausgefallen war. Jetzt finden beide Spiele und das gegen die Ukraine am Donnerstag beziehungsweise am Wochenende in Heidelberg statt. In der folgenden Woche spielen wir ab Donnerstag in Neu-Ulm das Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in Paris. Gegnerinnen sind Slowenien, Montenegro und Paraguay.
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Wie schätzen Sie die Chance auf die Qualifikationen ein?
Wenn wir an das Level bei der WM im Dezember anknüpfen können, sind die Chancen gut. Es ist zwar immer noch eine sehr junge Mannschaft, doch gibt es einige Topspielerinnen, die sich entweder im Ausland oder mit Bietigheim in der Champions League die nötige internationale Härte holen. Das ist wichtig. Die Mannschaft wächst immer mehr zusammen und nimmt an, was Markus Gaugisch vorgibt. Jetzt fehlt nur noch der letzte Schritt.
Sie waren als Torfrau der Niederlande 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio. Welche Bedeutung hat so ein Sportereignis?
Olympia ist das Größte, was man als Sportler erreichen kann. Zumal sich die niederländischen Handballerinnen zuvor noch nie qualifiziert hatten.
Sie gehörten als Vize-Weltmeister bei den Olympischen Spielen aber zum Favoritenkreis.
Ja, wir haben im Halbfinale in letzter Sekunden gegen Frankreich verloren und konnten im Spiel um Platz drei die Enttäuschung darüber nicht so gut wegstecken wie Norwegen im zweiten Halbfinale, so dass wir am Ende Vierte wurden.
Was macht die Faszination Olympia aus?
Es ist vor allem das Olympische Dorf und die Gemeinschaft der Sportler aus aller Welt. Ich bin ein Tennis-Fan und es war toll Novak Djokovic, Rafael Nadal, Jelena Jankovic oder den Williams-Schwestern zu begegnen. Gemeinsam mit der holländischen Olympia-Mannschaft den Athleten zuzuschauen, das alles gibt unheimlich viel Energie. Wir haben in Rio vor 12 000 Zuschauern gegen Brasilien gespielt, das war unglaublich. Ich gönne es den Handballerinnen extrem, sich zu qualifizieren. Sie haben es sich verdient und der Frauenhandball in Deutschland braucht ein solches Erfolgserlebnis.
Sie sind in Bosnien geboren, wie kommt es, dass Sie für die Niederlande gespielt haben?
Ich war fünf Jahre alt, als ich mit meinen Eltern und Geschwistern vor dem Krieg geflohen bin. Beim Roten Kreuz hatte meine Mutter Holland als Ziel angekreuzt, weil es ganz oben auf der Liste stand. Ich hätte mir ein wärmeres Land gewünscht, bin heute aber froh, in einem so schönen und freien Land aufgewachsen zu sein.
Wie sind Sie zum Handball gekommen?
Ich komme aus einer sportlichen Familie, meine Mutter hat Handball und mein Vater Volleyball gespielt. Mit acht Jahren habe ich mit dem Handball begonnen, zunächst im Rückraum und auf Linksaußen und bin dann mit elf Jahren ins Tor gewechselt.
Ist die Torhüterposition in dem Alter nicht die unbeliebteste?
Es war bei mir auch eher Zufall. Wir haben vor dem Training Siebenmeterwürfe geübt und ich habe einige gehalten. Anschließend hat mein Trainer gefragt, ob ich nicht ins Tor wechseln möchte. Ich habe im ersten Spiel nur ein Gegentor kassiert. Damit stand meine Position fest. Anschließend ging alles ganz schnell. Mit 14 Jahren spielte ich mit HV Hellas, einem Verein in Den Haag, in der Ersten Liga und war Jugendnationalspielerin.
Sind Sie mit 1,69 Meter Körpergröße nicht sehr klein für eine Torhüterin?
Ich habe immer nach dem Motto gehandelt, wenn du irgendwo einen Nachteil hast, musst du eben schlauer sein.
Das passt auf den weiteren Verlauf Ihrer Karriere, oder?
Ich denke schon. Ich habe in Den Haag mein Abitur gemacht und bin dann nach Dänemark auf das Sportinternat von GOG Gudme gewechselt. Dänemark war immer mein Traumziel, da der Handball, speziell der der Frauen, dort einen hohen Stellenwert hat. Ich musste meiner Mutter aber versprechen, nach einem Jahr wiederzukommen und in Holland zu studieren. Das habe ich auch gemacht und bei V&L in Geleen Sittard an der deutschen Grenze Handball gespielt.
Dänemark hat Sie aber nicht losgelassen.
Nein, nach drei Jahren bin ich nach Odense gewechselt, auch weil es über das Johann-Cruyff-Institute in Amsterdam nun die Möglichkeit gab, ein Fernstudium zu absolvieren. Das war ganz neu und speziell für Leistungssportler konzipiert. Ich war froh, dass es diese Möglichkeit gab, denn Handball war für mich die Nummer eins. Damals gab es nur den Studiengang Marketing und Management. Als Odense finanzielle Probleme bekam, bin ich zu Aufsteiger Celle gewechselt. Darauf folgten Stationen in Buxtehude, Göppingen und Metzingen. Es waren schöne und sportlich erfolgreiche Jahre. Da ich, bevor ich meine Karriere auslaufen lassen wollte, noch einmal in einem anderen Land spielen wollte, bin ich 2018 für eine Saison nach Toulon in Südfrankreich gegangen. Anschließend bin ich zurück nach Göppingen und mit Daniel zusammengezogen.
Das eigentliche Karriereende war aber nicht ganz freiwillig.
Ich habe mir 2020 zum zweiten Mal das Kreuzband gerissen und brauchte zwei Operationen. Ich bin mit unserer Tochter Kiara schwanger geworden und habe mir in der Reha auch noch die Achillessehne gerissen. Damit war Schluss mit dem aktiven Sport.
Wie kam es, dass Sie dann Torwarttrainerin geworden sind?
Bei Frisch Auf Göppingen bin ich zunächst in der Geschäftsstelle im Management eingesprungen und dann auch als Trainerin. Als Markus Gaugisch, der heutige Bundestrainer der Frauen, eine Torwarttrainerin in Bietigheim suchte, habe ich dort angefangen und mache es bis heute. Kurzzeitig war ich auch Torwarttrainerin der holländischen Frauen, habe dort aber wieder aufgehört, weil die Spielerinnen meine Freundinnen sind und es für mich daher zu schwierig war. Im Sommer hat mich Markus Gaugisch dann zur Nationalmannschaft geholt.
Ist es nicht schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen, zumal Ihr Mann als Handballprofi auch viel unterwegs ist?
Unsere zweijährige Tochter Kiara hat bei allem oberste Priorität. Daher kann ich auch bei den Abendspielen des VfL selten dabei sein, weil sie einen geregelten Tagesablauf braucht und dazu gehört um 19 Uhr das Baden. Wir teilen uns die Aufgaben und haben das Privileg, viel Zeit mit ihr verbringen zu können. Ist es wie jetzt einmal, dass ich zwei Wochen am Stück unterwegs bin, kommt meine Mutter aus Holland zur Unterstützung. Als Torwarttrainerin in Bietigheim mache ich viele Dinge online und fahre nur alle zwei Wochen zum Training. Da fährt Kiara manchmal mit, um Oma und Opa Rebmann zu besuchen.
Im Berufsleben wird viel über familienfreundliche Strukturen gesprochen, gibt es die im Leistungssport auch?
In Deutschland ist man da noch ganz am Anfang. Dagegen begleiteten in Norwegen die Familien die Mannschaften schon vor zwölf Jahren. Die Sportlerinnen und Sportler können entscheiden, ob die Familien im selben Hotel oder nebenan wohnen. In Holland hat uns Estavana Pollmann die Türen geöffnet, die 2017 nach der Geburt ihrer Tochter nicht ohne sie dabei sein wollte. Wenn wir uns für Olympia qualifizieren sollten, werden mich Daniel und Kiara in der Vorbereitung begleiten. Wenn die Spiele beginnen, startet auch die Vorbereitung des VfL Gummersbach und meine Mutter, die in Rente ist, wird übernehmen.
Sie sind Torwarttrainerin und mit einem Torwart verheiratet. Dreht sich in Ihrem Alltag alles darum?
Es ist schön, mit jemand zusammen zu sein, der versteht, was in einem im Spiel im Tor vorgeht. Gerade in schwierigen Phasen, wenn es mal nicht so läuft. Es ist aber manchmal auch anstrengend, wenn sich zu viel darum dreht.