Engelskirchen – Sechs Runden über jeweils 1000 Meter stehen an diesem Donnerstag auf dem Trainingsplan von Luis Fiedler. Der 16-Jährige ist in den Sportpark Leppe nach Engelskirchen gekommen, um zu trainieren – mal wieder, denn Trainingseinheiten stehen fast täglich auf dem Plan des Schülers. Und das hat einen guten Grund, denn Fiedler hat sich große Ziele gesetzt. Der 16-Jährige möchte an den Olympischen Spielen teilnehmen und zwar in einer eher außergewöhnlichen Disziplin.
Der Athlet aus Oberberg hat sich vor knapp einem Jahr auf das Gehen spezialisiert und startet seitdem zunehmend durch. „Ich bin erst spät eingestiegen, deswegen habe ich mir Gedanken gemacht, in welcher Disziplin ich die geforderte Norm für eine Olympia-Qualifizierung schnell schaffen könnte“, berichtet der Schüler, der vor dem Gehen bereits die ganze Bandbreite der Leichtathletik trainiert hatte.
Bewusst eine ungewöhnliche Disziplin ausgewählt
Und so wählte Fiedler gezielt eine außergewöhnliche Disziplin der Leichtathletik. Als Geher ist er im Oberbergischen noch alleine. Alleine bei seinen Trainingseinheiten ist er dagegen nicht. Denn unterstützt wird er seit seinem Start als Geher von Klaus Füchtler, Erster Vorsitzender des VfL Engelskirchen.
„Für mich war das auch neu, denn das Gehen spielt als Randsportart auch in der Trainerausbildung nur eine kleine Rolle“, sagt Füchtler. Für ihn sei das jedoch kein Grund gewesen, sich nicht genauer mit der Sportdisziplin zu befassen und Luis Fiedler in seinem sportlichen Vorhaben zu bestärken. „Luis hat angerufen und gefragt, ob ich ihn unterstütze und ich habe sofort zugesagt“, erzählt er.
Beim Training an diesem Donnerstag lassen es der Trainer und vor allem der Athlet aber etwas langsamer angehen, denn Fiedler war kürzlich am Coronavirus erkrankt. „Zum Glück habe ich keine großen spürbaren Folgen behalten“, sagt der Schüler. Heute möchte er sich auf 1000 Metern von Runde zu Runde zeitlich verbessern. Das Tagesziel sind lockere 6:05 Minuten.
Zuvor wärmt sich Luis Fiedler gründlich auf – mit dem sogenannten „Geher-ABC“, wie er erklärt. Dabei dehnt er sich, kreist die Arme, legt eine Laufrunde ein, und wärmt die Muskelpartien ordentlich auf, die beim Gehen besonders beansprucht werden.
„Die Schienbeine sind besonders gefordert, denn beim Gehen müssen die Beine gestreckt bleiben. Die Geher laufen auf der Ferse“, erklärt sein Trainer. Der Körperschwerpunkt liegt in der Hüfte. Dadurch komme auch die außergewöhnliche Optik beim Gehen. „Ich werde von einigen Schulkameraden belächelt, wenn ich auf dem Sportplatz trainiere. Das stärkt mich allerdings nur in meinem Selbstvertrauen und in meinem Vorhaben“, betont Fiedler.
Sechs Trainingseinheiten unter der Woche
Aus anfangs einem Training pro Woche sind sechs geworden. Einen Großteil trainiert Fiedler alleine zuhause oder auf dem Sportplatz in Loope, in der Nähe seines Wohnortes. Trainer Klaus Füchtler tüftelt mit ihm gemeinsam die Trainingspläne aus, an die sich der Schüler strikt hält. Bis zu 13 Kilometer legt der 16-Jährige pro Geh-Training zurück, inklusive Laufeinheiten.
Und der Fleiß hat sich ausgezahlt. Fiedler hat es mittlerweile in den NRW-Landeskader geschafft. Klaus Füchtler hatte Kontakt zur Landestrainerin Aina Mokrikow-Warnt aufgenommen, um nach geeigneten Trainingsplänen zu fragen. Anbei schickte er ein Video aus dem Training mit Fiedler, das die Landestrainerin sofort überzeugte.
Regelmäßige Teilnahme an Wettbewerben
Bei Wettbewerben testet Luis Fiedler seinen Leistungsfortschritt. „Da das Gehen so speziell ist, sind die meisten Wettbewerbe eher weiter weg und finden hauptsächlich in Ostdeutschland statt“, berichtet Füchtler, der die Fahrzeit auf sich nimmt, um seinen Schützling vor Ort zu unterstützen.
Im Dezember 2021 nahm dieser erstmals an einem Wettbewerb teil. Seinen bisher größten Erfolg feierte er bei den NRW-Meisterschaften in Krefeld, wo er 5000 Meter in 29:30 Minuten und somit unter der vorgegebenen halben Stunde zurücklegte und am Ende Erster der U18-Altersklasse wurde.
Als nächstes stehen die Deutschen Meisterschaften am 15. Juli in Ulm über 5000 Meter auf der Bahn an. „Und der Weg in den Bundeskader“, hat sich Fiedler vorgenommen. Unterstützt wird er auch weiterhin von VfL-Trainer Klaus Füchtler, der sagt: „Wir arbeiten auf eine Zeit von 5:00 Minuten auf 1000 Metern hin.“
Luis Fiedler arbeitet neben den sportlichen Zielen auch auf sein Abitur hin. Und danach? „Ich könnte mir vorstellen, Sportsoldat bei der Bundeswehr zu werden“, so der Zehntklässler.