Leverkusen – Die Rückläufe bei den Anmeldungen zum Martinsempfang des Leverkusener Katholikenrates im Pfarrsaal von Sankt Andreas in Schlebusch ließen schon einigen Unmut erkennen.
Perspektiven für Zeiten des Umbruchs
Provokant war der Vortrag, den der Brühler Theologe Werner Höbsch unter dem Titel hielt „Muss diese Kirche sterben? – Perspektiven für eine Kirche in Zeiten des Umbruchs“. Das war einigen wohl zuviel des Abgesangs, wie Hieronymus Messing, stellvertretender Vorsitzender des Katholikenrats erklärte.
Keine Statistiken genannt
Beschönigt hat Höbsch nichts, freute sich aber über die Kontroverse. Überhaupt eine Resonanz zu erhalten, sei doch ein positives Zeichen. Er hielt sich an sein Versprechen, keine Statistiken zu nennen, nahm vielmehr eine Bestandsaufnahme dessen, was ihm die Menschen sagen oder zeitgenössische Autoren wie Philipp Möller (Gottlos glücklich) veröffentlichten. „Für viele ist Gott passé und die halten einen geistlichen Kulturwandel für so wenig möglich wie die Rückkehr der Dinos“, sagte Höbsch. Aber gerade in einem solchen Wandel sehe er die Chance, die womöglich einzige.
Den Verlust an Glaubwürdigkeit habe die Kirche selbst verschuldet. Leider sei das verbunden mit einem Verlust an Glauben.
Visionen dünn gesät
Die bundesweiten Diskussionen innerhalb der Kirche wie auch der im Erzbistum Köln eingeschlagene pastorale Zukunftsweg seien oft der Not der vielen Austritte geschuldet. „Visionen sind in Kirche und Gesellschaft aber durchaus dünn gesät“, sagte Höbsch. Und: „Wenn wir glauben, mit Verwaltung und pragmatischen Ausrichtungen weiterzukommen, werden wir tatsächlich zu Totengräbern des Glaubens.“ Er nannte die Barocke Moritzkirche in Augsburg als positives Beispiel eines radikalen Neuanfangs. Das Gebäude sei so marode gewesen, dass die Renovierung der Risse nur Flickwerk gewesen wäre. Leer geräumt und neu erfunden hätten die Christen den Raum. Während der Modernisierung ab 2010 gab es Andachten und Kunstaktionen auf der Baustelle, die Gemeinde wurde in die Neugestaltung einbezogen. Heute ist dort die Cityseelsorge, die sich ganz konkret den Bedürfnissen der Menschen in der Stadt, der Bewohner, der Kirchenbesucher aus dem ganzen städtischen Einzugsgebiet, wie auch der Passanten widmet. Kurzum: Eine Kirche, die den Dialog zwischen Gott und der Welt sucht.
Radikaler Umbruch ist notwendig
Höbsch beharrte auf der provokanten These seines Vortrags: „Die Kirche in der heutigen gestalt wird sterben.“ Noch dramatischer als die wachsende Zahl derer, die keiner Kirche angehörten, werde der drastische Rückgang der Ordensleute und Priester. „In der aktuellen Verfasstheit ist ein radikaler Umbruch notwendig.“ Schmerz, Verunsicherung und Panik löse die Krise aus. „Aber Krise ist auch die Zeit der Entscheidungen und Weichenstellungen“, forderte Höbsch. Die Kirche von morgen benötige mehr geistliche Menschen. Welche Ausbildung die Laien bräuchten, das sei eine große Herausforderung.