Leverkusen – Man merkt Jürgen Bandsom an, dass er auf gewisse Weise in einer Zwickmühle steckt. Da ist auf der einen Seite die Leidenschaft, mit der er über den seit eineinhalb Jahren von ihm geleiteten Freudenthaler Sensenhammer spricht. Sie geht weit über das „Ist eben mein Job“, weit über stinknormales Interesse an einer Sache heraus.
Das zeigt sich, wenn Bandsom mit einem durch die Hallen und Räume der alten Sensenfabrik geht und von früher, von Entdeckungen und Geschichten, von Plänen und Ideen erzählt. Da ist auf der anderen Seite aber auch die Situation, in der sich die altehrwürdige Einrichtung in Schlebusch befindet. Finanziell und personell.
Das Schlimmste aufgefangen
Sie gibt Bandsom zu denken. Und das nicht einmal wegen der Corona-Krise, über die er sagt, dass sie den Sensenhammer natürlich treffe. Gleichwohl habe die Zahlung der Corona-Hilfe seitens der Stadt in Höhe von 23 000 Euro das Schlimmste aufgefangen. Nein: Ihm geht es um die generelle Zukunft des Sensenhammers, über die er sagt, dass es sie eben nur dann gebe, wenn „hier nicht mehr alles nur vom Ehrenamt“ abhänge. „Um das, was wir leisten wollen, um das Potenzial, das dieses Haus hier besitzt, wirklich nutzen zu können, benötigen wir mehr.“
Was bedeutet: Entweder institutionelle Hilfe – also Unterstützung durch eine regelmäßige Geldspritze. Oder drei feste, bezahlte Stellen: Die des Museumsleiters – also seine. Die einer Museumspädagogin oder eines Museumspädagogen. Und die eines Technikers oder einer Technikerin.
Viel ehrenamtliche Arbeit
Derzeit stellt sich die Situation so dar, dass Bandsom selbst als Honorarkraft halbtags arbeitet und ansonsten vor allem als Restaurator in Düsseldorf tätig ist. Und dass nebenbei sozusagen alles ehrenamtlich erledigt wird. Von der Kasse des Museums bis hin zur Betreuung von Schulklassen, die kommen, um sich die frühere Arbeit im Sensenhammer, das Schleifen und Schmieden, erklären zu lassen. Einen jüngeren Mann gebe es derzeit, der über das Schmieden bescheid wisse und sich der Besucherschaft annehme und auch sehr begierig sei, mehr über dieses Metier zu erfahren, sagt Bandsom.
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Alle anderen ehemaligen Schmiede jedoch, die sich mitunter nach jahrelanger Arbeit – auch im Sensenhammer – blind auskannten mit dieser heutzutage beinahe vergessenen Handwerkskunst, seien nicht mehr da. Fort. Verstorben. Zudem habe sich der Umgang mit dem Ehrenamt, dessen Verständnis generell gewandelt. „Die engagierten Menschen schenken uns weniger Zeit, sind oft vielfach gebunden und insgesamt eher für begrenzte Projekte zu begeistern.“
Es geht um Kulturgeschichte
Mehr und mehr aber zeige sich, wie wichtig es sei, der heutigen Generation junger Menschen zu zeigen, wie sich Arbeit über Jahrzehnte und Jahrhunderte verändert habe. Anders ausgedrückt: Es geht im Sensenhammer, wie Bandsom ihn haben möchte, nicht um irgendein museales Erlebnis an einem von vielen Ausflugsorten. Es geht um Kulturgeschichte. Um Erkenntnisse und Einblicke, die zeigen, wie sich Industrie, das Erschaffen von Dingen, Kreativität weiterentwickelten.
Liebend gern will Bandsom die Kooperation mit Schulen nicht nur der Stadt sondern der Region ausweiten. Will er Kinder und Jugendliche viel mehr als bislang für den Sensenhammer und damit gelebte Historie begeistern. Will er das Angebot an Aktionen erweitern – und darüber hinaus die alte Fabrik auch als Seminarraum zur Verfügung stellen. Ein Veranstaltungsraum für Konzerte, Lesungen und Ausstellungen ist die Einrichtung ja ohnehin schon.
Aber dazu - zum „lebendigen Museum“, wie er sagt – fehle eben noch so Einiges. Vieles. Und es klingt heraus, dass Jürgen Bandsom durchaus seine Weiterbeschäftigung, sein weiteres Engagement in Schlebusch in Gefahr sieht – auch wenn er das so niemals sagen würde, weil man eben auch merkt, wie sehr er sich dem Sensenhammer verpflichtet fühlt.
Austausch mit Politikern
Um etwas zu tun und Unterstützung zu bekommen, hat er bereits im vergangenen Jahr einen Bürgerantrag an die politischen Gremien gestellt. In ihm bittet er die Stadtverwaltung, seine personellen und finanziellen Wünsche zu prüfen. Es habe auch bereits Treffen mit Vertretern der Verwaltung gegeben. Zudem stehe er in Kontakt mit mehreren Politikerin und Politikerinnen, die seinem Ansinnen mit viel Wohlwollen begegnen .
Indes: Es sei eben noch nichts entschieden. Und deshalb werde er nicht müde, weiterhin auf die Situation vor Ort aufmerksam zu machen. „Hier ist so viel möglich. Wir sind in hohem Maße identitätsstiftende. Wir sind für viele Leverkusener ein Stück Heimat.“ Hört sich nach guten Argumenten an, die Jürgen Bandsom hat. Argumenten, die es für eine gute Zukunft braucht.
www.sensenhammer.de