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Interview

Interview
Organisator von Rock am Ring nimmt Kritik sehr ernst – Rolling Stones fehlen

Lesezeit 7 Minuten
Das Bild zeigt die Menschenmenge vor der Hauptbühne. Eine Frau ragt aus der Masse an nach oben gehaltenen Armen hervor.

Die Vorfreude bei den Fans von Rock am Ring ist sehr groß. Mehr als 90.000 von ihnen werden am bevorstehenden Wochenende in der Eifel und in Nürnberg erwartet.

Am Freitag, 7. Juni, geht's los: „Rock am Ring“-Organisator Matt Schwarz über die Auftrittszeiten von Headlinern, Nachhaltigkeit und das Wetter.

Herr Schwarz, wie viele Stunden Organisation stecken in Rock am Ring 2024?

Matt Schwarz: Die Planungen für die Festivals laufen das ganze Jahr. Natürlich wird der tägliche Aufwand größer, je näher die Festivals vor der Tür stehen, jedoch haben wir bereits 2022 mit den Planungen zu den 2024er Editionen begonnen.

Wie plant man die Auftritte der Bands? Gibt es Bands, die nur kommen, wenn sie dann oder dann auftreten können?

Grundlegend sondieren wir die Ergebnisse unserer umfangreichen Fan-Befragungen und berücksichtigen die Wünsche unseres Publikums bestmöglich. Zumindest versuchen wir das, denn natürlich sind wir von den Verfügbarkeiten der Bands abhängig. Auf deren Tourneepläne haben Festivals kaum Einfluss. Es gibt Bands, die zwingend im Dunkeln spielen müssen, damit ihre Show funktioniert. Generell kann ich mich nicht daran erinnern, dass es an der technischen Umsetzbarkeit oder den angebotenen Positionen im Spielplan in den vergangenen 20 Jahren gescheitert wäre.

Das Bild zeigt Organisator Matt Schwarz. Im Hintergrund ist das Festivalgelände zu sehen.

Matt Schwarz organisiert erneut das Festival Rock am Ring und das Schwesterfestival Rock im Park. Am Nürburgring und bei Rock im Park werden 90.000 Fans erwartet.

War es beispielsweise schwierig, die Broilers davon zu überzeugen, dass es total schön ist, in der Nacht von Samstag auf Sonntag aufzutreten oder nimmt eine Band das gerne an?

Die Broilers wollten genau diesen Slot spielen, um so ihr Jubiläum bei uns mit einigen Überraschungen zu feiern. Die Band spielt in kompletter Dunkelheit nach Programmende auf der Utopia Stage, d.h. es gibt keine Überschneidungen zwischen den beiden Hauptbühnen. Dazu haben wir die Bühne komplett mit LED verkleidet und das Soundsystem erweitert. Das Einzigartige am Nürburgring ist, dass wir dieses unglaubliche Gelände bis spät in die Nacht bei voller Lautstärke bespielen können.

Rock am Ring: bis spät in die Nacht bei voller Lautstärke

Das ist bei anderen Festivals nicht möglich. Zudem ist die Fläche vor der Mandora Stage, der zweiten Hauptbühne, breiter und das Gelände steigt leicht an, sodass alle ausreichend Platz finden. Diese Slots sind neben den Headline Slots auf der Utopia Stage die gefragtesten und die Stimmung unglaublich. Das wird dieses Jahr auch so sein an allen Tagen, wenn Avenged Sevenfold (Freitag), Broilers (Samstag) und Parkway Drive (Sonntag) die Bühne headlinen.

Worauf können sich die Besucher, aber auch die Fans besonders freuen?

In diesem Jahr haben wir die Bühnentechnik weiter verbessert, um das Erlebnis für die Besucher:innen noch gigantischer zu gestalten. Die LED-Wände sind sowohl an der Utopia Stage als auch erstmals an der Mandora Stage vollflächig. Damit garantieren wir von überall die beste Sicht auf die Bühnen. Außerdem arbeiten wir in diesem Jahr bei Rock am Ring mit einem neuen, besseren und lauteren Soundsystem, das das Gelände mit bombastischem Sound versorgen wird.

Preiserhöhungen machen auch vor Rock am Ring nicht halt

Konzerte – und damit auch Festivals – werden immer teurer. Nehmen Sie die Leser mal bitte mit auf die Reise der Teuerungsrate: Inflation, Mindestlohn – so etwas geht doch auch sicher nicht an Rock am Ring vorbei oder?

Wir alle merken täglich im Supermarkt, an der Tankstelle oder allen anderen Bereichen des Alltags, wie die geopolitische Situation, die Inflation und die Pandemie nachhaltig das Leben beeinflusst und schlicht teurer macht. Festivals sind davon nicht ausgenommen. Die Produktionskosten sind nach der Pandemie um mehr als 30 Prozent gestiegen. Wir haben im Gegenzug die Preise nur moderat erhöht und diese massiven Kostensteigerungen nicht auf die Ticketpreise 1:1 umgelegt. Konzertkarten sind im Vergleich zu Festivalkarten deutlich teurer geworden.

Tom Steinicke

Tom Steinicke

ist in der Redaktion Euskirchen für den Kreis zuständig. Zudem unterstützt er den Lokalsport, ist auf der ständigen Jagd nach Geschichten sowie als Polizeireporter unterwegs. Das Volontariat hat er in...

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Auch das Thema Nachhaltigkeit ist bei Festivals immer wichtiger geworden. Wie nachhaltig ist Rock am Ring? Woran merkt der Besucher, dass das Festival auf Nachhaltigkeit achtet?

Das Thema spielt in unserer Planung und Umsetzung des Festivals eine große Rolle. Eine Umfrage hat gezeigt, dass 87 Prozent unserer Besucherinnen und Besucher es wichtig finden, dass Rock am Ring das Thema Umweltschutz priorisiert. Konkret haben wir unser Green-Camping-Angebot, in dessen Arealen unter anderem Müll fachgerecht getrennt und entsorgt wird, ausgeweitet, da diese Kategorie besonders stark von unseren Fans nachgefragt wurde.

Außerdem bieten wir im zentral gelegenen Food Court auf dem Infield als erstes Festival in Deutschland Mehrweggeschirr an den Essensständen an, um Einweggeschirr zu reduzieren. Darüber hinaus wird das gesamte Infield inklusive der drei Bühnen über den Nürburgring-Feststrom aus erneuerbaren Energien betrieben. Die vor Ort stehenden Photovoltaik-Anlagen des Nürburgrings speisen einen Großteil der Stromversorgung und der verbleibende Teil wird über Ökostrom bezogen. Das ist einzigartig für ein Festival dieser Größenordnung.

Das Bild zeigt den Sänger der Broilers: Sammy Amara.

Die Broilers feiern bei Rock am Ring ihren 30. Geburtstag als Band.

Wenn Sie ein normaler Fan des Festivals wären – würden Sie campen, im Hotel nächtigen oder zumindest glampen? Und auf welche Band würden Sie sich besonders freuen?

Vermutlich würde ich mich für eine der diversen Glamping Optionen entscheiden und mich besonders auf Crosses und Queens Of The Stone Age freuen. Und natürlich Green Day, die 30 Jahre Dookie und 20 Jahre American Idiot bei uns feiern.

Gibt es etwas, was Besucher vor und während des Besuchs bei Rock am Ring auf dem Festivalgelände bedenken müssen?

Wir haben einen Festival-Supermarkt vor Ort, wo man eigentlich alles bekommt, was man braucht, und das zu Discountpreisen. Insofern ist es nicht mehr notwendig, das Auto mit Getränken und Lebensmitteln zu beladen. Auch haben wir das gastronomische Angebot ausgeweitet, was ebenfalls Abwechslung bietet. Wir versorgen unser Publikum über die Festival-App mit allen relevanten Infos und bieten zudem eine WhatsApp-Hotline, an die sich Besucher und Besucherinnen von 9.30 bis 22 Uhr wenden können. Ansonsten: Geht bitte achtsam miteinander um, habt Spaß und lasst uns gemeinsam Momente schaffen, die bleiben.

Rock am Ring: Resonanz auf Gesamtprogramm sehr positiv

Nehmen Sie die Kritik des einen oder anderen Fans – beispielsweise an der Überschneidung von Auftrittszeiten – wahr und wie gehen Sie damit um?

Natürlich nehmen wir die Kritik der Fans sehr ernst. Die Resonanz auf das Gesamtprogramm von Rock am Ring war nie so positiv wie bei der aktuellen Ausgabe. Es stimmt, das Publikum hat oft die Qual der Wahl. Wir können das Festival nicht auf weitere Tage ausdehnen, was der einzige Weg wäre, Überschneidungen zu vermeiden. Die Kritik zeigt, wie begeistert unser Publikum für Musik ist. Die meisten wollen fast alle Bands ansehen, die wir in diesem Jahr verpflichtet haben. Wir versuchen, jedes Jahr das beste Gesamtprogramm zu verpflichten. Dieses Jahr war die Kritik am Line-up extrem positiv. Kommentare auf Social Media bilden immer nur einen Teil der Meinungen ab.

Das Bild zeigt unzählige Fans bei Rock am Ring. Sie halten alle ein LED-Licht in die Luft.

Es ist immer eine besondere Stimmung bei Rock am Ring: In den Abendstunden ist sie aber herausragend.

Gibt es eine Band, die Sie gerne mal am Ring sehen würden oder gesehen hätten?

Die Rolling Stones.

Wie viele Mitarbeitende werden vor und hinter den Kulissen bei Rock am Ring 024 beschäftigt sein?

Etwa 10.000 Menschen.

Wie viel Spaß hatten Sie in diesem Jahr an der Organisation?

Das Festival ist stets im Wandel. Es ist jedes Jahr eine neue Herausforderung, die meinem Team und mir viel Spaß bereitet. Sonst würde ich das vermutlich nicht schon seit 20 Jahren machen. Das Team kennt sich seit vielen Jahren, es ist immer eine Art Klassentreffen. Die massiven Kostensteigerungen nach Covid-19 stellen alle Festivals vor große Herausforderungen.

Was ist in den letzten Tagen vor dem Festival zu erledigen?

In diesem Jahr haben wir aufgrund des 24-Stunden-Rennens nur vier Tage, um am Nürburgring eine Infrastruktur in der Größe einer Kleinstadt zu errichten. Das ist eine absolute Meisterleistung aller Teams. Die letzten Tage und Wochen sind daher extrem fokussiert und erfordern viel Detailarbeit von allen.

Wie viele Kerzen haben Sie angezündet, damit das Wetter mitspielt, wie wichtig ist der Blick auf die Wetter-App?

Wir hatten letztes Jahr Rekordwetter und waren sehr glücklich darüber. Die Einzigartigkeit des Nürburgrings ermöglicht uns durch den festen Untergrund ohne Matschschlacht vor den Bühnen und auf dem gesamten Festival auch bei Niederschlag optimale Bedingungen.

Wie viel Schlaf haben Sie während des Wochenendes?

Natürlich sind es lange Tage – und kurze Nächte, aber darauf stellen wir uns ein. Und wir freuen uns auf das Festival.