Fünf Vollzeit-Pädagogen kümmern sich um minderjährige geflüchtete Jugendliche, die das sanierte Wohngruppenhaus bezogen haben.
Sicherer RückzugsortWohngruppenhaus für minderjährige Geflüchtete in Euskirchen eröffnet
Wer das lichtdurchflutete Haus an der Thomas-Eßer-Straße betritt, wird direkt von leckeren Küchendüften umhüllt. Um den großen Esstisch stehen viele Stühle, und auch die einladende XXL-Couch lässt darauf schließen, dass hier etliche Menschen zu Hause sind.
Am Donnerstagmittag aber fanden sich die sieben Bewohner sowie zahlreich geladene Gäste im Garten des Hauses ein, das die LVR-Jugendhilfe Rheinland mit knapp einer halben Million Euro kernsaniert und auf den neuesten energetischen Stand gebracht hat. Das Wohngruppenhaus aus den 1980er-Jahren war bereits 2016 eröffnet worden und stand auf der Liste der LVR-Liegenschaften, die in den kommenden Jahren nach und nach alle saniert werden. Doch die Schäden, die durch die Flutkatastrophe im Sommer 2021 entstanden waren, führten dazu, dass das Haus in der Euskirchener Südstadt terminlich vorgezogen werden musste.
Haus soll für die Jugendlichen ein Ort der Ruhe und Sicherheit sein
Insgesamt fünf Vollzeit-Pädagoginnen und -Pädagogen kümmern sich um die Jugendlichen der Intensivgruppe, die durch ihre Fluchtgeschichten „eine besondere Leidenszeit hinter sich haben“, erklärte Stefan Sudek-Wehr, Geschäftsführer der LVR-Jugendhilfe Rheinland. Im Miteinander versuche man den Jugendlichen Struktur und Sicherheit zu geben und gemeinsam mit ihnen neue Lebensperspektiven zu entwickeln.
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Das Haus solle dabei ein Ort der Ruhe und Sicherheit sein, an dem die Jugendlichen „wahre Wertschätzung und Anerkennung“ erhalten, erklärte Sarah Eichhorst, Einrichtungsleiterin des Standortes Euskirchen. Minderjährige Geflüchtete aus zwölf Nationen hätten bereits in dem Haus gelebt, in dem eine „kompromisslose Willkommenskultur“ gelebt werde. So werde gemeinsam mit den Jugendlichen der islamische Fastenmonat Ramadan genauso gefeiert wie das christliche Weihnachtsfest.
Das multikulturelle Miteinander zeigte sich am Donnerstag auch bei der Auswahl an Speisen, die auf dem üppigen Gartenbuffet standen. Ob Frikadellen oder Börek — die Feiernden, die zur Wiedereröffnung des Standortes gekommen waren, ließen es sich schmecken. Auch Romal, der als 15-Jähriger aus Afghanistan flüchten musste und sich seit zweieinhalb Jahren in der Wohngruppe sehr wohl fühlt. „Wir Jungs verstehen uns alle gut miteinander“, erzählte er. Untereinander rede man fast nur Deutsch, „wir kommen ja aus unterschiedlichen Ländern“.
Romal hat mit einer Ausbildung zum Straßenbauer begonnen
Der junge Mann hat in Deutschland zunächst seinen Hauptschulabschluss nachgeholt und vor zwei Wochen eine Ausbildung zum Straßenbauer begonnen. „Das ist ziemlich harte Arbeit, aber mir macht es viel Spaß. Und ich bin viel lieber draußen als in einem Büro“, sagt er lachend und zeigt auf seinem Handy stolz ein Video, auf dem er bei den Bauarbeiten in der Euskirchener Fußgängerzone mit dem Presslufthammer zugange ist.
Manchmal, so Romal, habe er aber auch schwierige Phasen. „Zum Beispiel, wenn ich Heimweh bekomme.“ Dann aber seien die Betreuer des Hauses immer für einen da. „24 Stunden, 365 Tage im Jahr“, bekräftigt Eichhorst.
Bewohner zeigten bei einer Hausführung stolz ihre Zimmer
Und dann gibt es auch noch eine kleine Hausführung, und einige der Jungs zeigen stolz ihre Zimmer. Große, moderne Räume, die jedoch wenig gemein haben mit gängigen Teenagerrefugien, in denen oftmals das pure Chaos herrscht. Die Zimmer sind aufgeräumt. An den Wänden und auf Möbeln finden sich nur wenige persönliche Dinge oder Erinnerungsstücke. „Dabei dürfen sich die Jungs einrichten, wie sie wollen“, so Eichhorst.
Für alle Bewohner und Mitarbeitenden in der Liegenschaft an der Thomas-Eßer-Straße ausreichend Platz zu schaffen, sei durchaus eine architektonische Herausforderung gewesen, erzählte Sudeck-Wehr bei seiner kleinen Ansprache im Garten des Hauses. Der Kraftakt habe sich jedoch gelohnt: Das kernsanierte Haus biete „den bestmöglichen Rahmen für moderne Jugendhilfe“.
Symbolisch war am Donnerstag nicht nur der große Holzschlüssel, den der Geschäftsführer schließlich überreichte, sondern auch der Baum, der in den Vorgarten gepflanzt und mit kleinen Wunschzetteln der Bewohner bestückt wurde. „Er soll mit uns wachsen und mit ihm die Hoffnungen und Wünsche, die an ihn gebunden werden“, so Sarah Eichhorst.