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Tödliche GefahrWindrad-Betreiber will Rotmilane in Hellenthal retten

Lesezeit 4 Minuten
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Die Vögel zwischen den Windrädern beobachten Marion Zöller (l.) und Claudia Rapp-Lange.

Hellenthal-Rescheid – Marion Zöller stockte der Atem. „Da steht ein Schwarzstorch zwischen den Windrädern“, sagte die Naturschützerin, senkte das Fernglas und zeigte in Richtung einer der Wiesen im Windpark Rescheid. Jetzt bloß das Tier nicht aufscheuchen, gab sie die Devise aus: „Wir wollen es ja nicht in die Windräder scheuchen.“ Trotzdem erhob sich der Vogel, flog eine Runde um die Beobachter und verschwand wieder in Richtung Dickerscheid.

„Soviel dazu, dass Schwarzstörche nicht in Windparks fliegen“, sagte Zöller, Mitglied des Kreisvorstands des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu). Mit Claudia Rapp-Lange von der Naturschutzinitiative (NI) war sie zum Windpark gefahren, um die Situation dort unter die Lupe zu nehmen. Denn in der Vorwoche war wieder einmal ein toter Rotmilan unter den Windrädern unterhalb von Giescheid gefunden worden.

Spaziergänger hat das Schlagopfer gefunden

„Ein Spaziergänger hat ihn gefunden und fotografisch dokumentiert“, erklärte Rapp-Lange. Leider habe er seinen Fund nicht offiziell gemeldet, sondern nur in den sozialen Netzwerken darüber berichtet. So habe sich in der Zwischenzeit ein Fuchs an dem Kadaver des Greifvogels gütlich tun können – Überreste seien nicht gefunden worden. „Die sind regelmäßig in den Windparks unterwegs und streifen unter den Windrädern entlang, um zu kontrollieren, ob sie dort etwas finden“, so Rapp-Lange.

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Ein toter Rotmilan wurde bei Giescheid gefunden. 

Die Rotmilane sind die eigentlichen Sorgenkinder der Naturschützer. Wenn die Wiesen unter den Windkraftanlagen gemäht werden, kommen die Rotmilane auf der Suche nach Beute im frischen Heu. „Dann können die auch wieder nach ihrer Hauptbeute, nach Regenwürmern, suchen“, erklärte die Naturschützerin. Wenn das Gras hochstehe, sei das den Greifvögeln nicht möglich.

Genehmigung beinhaltet keine Abschalt-Pflicht

Doch die Windräder im Windpark Rescheid nehmen bislang darauf keine Rücksicht, die Rotoren drehen sich weiter. Eine Abschaltung sehe die 2014 erteilte Genehmigung nicht vor, bestätigt auch die Kreisverwaltung auf Anfrage. Ein Umstand, der die damalige NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser bereits 2019 erstaunt hatte, als sie bei einem Besuch in Giescheid verfolgte, wie Rotmilane auf Nahrungssuche zwischen den sich drehenden Rotoren kreisten.

„Ich würde mir wünschen, dass nach einer Mahd die Windräder nur für wenige Tage abgestellt werden. Das würde den Vögeln schon sehr helfen“, so Zöller. Auch als sich im vergangenen Winter im Nebel ein großer Schwarm Kraniche in den Windpark verirrt hatte, sei keine Abschaltung erfolgt.

2020 war ein weiterer toter Milan gefunden worden

Bereits im November 2020 war ein Rotmilan unter einem Windrad gefunden worden, rund 300 Meter von der Straße entfernt. Das Obduktionsergebnis des damaligen Fundes wird allerdings von der Unteren Naturschutzbehörde beim Kreis und vom Nabu unterschiedlich interpretiert. „Einblutungen in beiden Augen sowie Fraktur des Angesichtsschädels als Folgen akut traumatischer Einwirkung von außen“, heißt es in dem Bericht des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Rhein-Ruhr-Wupper, der dieser Redaktion vorliegt.

Für den Nabu weist das eindeutig auf ein Schlagopfer des Windparks hin. Für die Behörde ist das nicht so eindeutig. Der Bericht bestätige nur, dass der Rotmilan irgendwo gegengeflogen sei. Denkbar sei auch eine Kollision mit einem Lastwagen, da die Tiere noch nach der Kollision eine gewisse Strecke zurücklegen könnten, teilt die Pressestelle der Kreisverwaltung dar.

Anlagen-Betreiber wusste nichts von den toten Vögeln

Allerdings gebe es bei dem aktuellen Fall keine zwei Meinungen: Hier handele es sich um ein Schlagopfer. Der Kreis Euskirchen werde den Anlagenbetreiber zum Schutz der Vögel zur Nachrüstung auffordern.

Sehr überrascht war Joachim Gießler, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft GVK Windparks in Sindelfingen, als er durch die Nachfrage der Redaktion vom Fund der toten Rotmilane in seinem Windpark erfuhr. „Normalerweise erfährt der Betreiber immer davon, wenn es Probleme wie Geräuschentwicklung, aber auch Schlagopferfunde gibt“, sagte er. Bisher habe er derartiges aus Rescheid jedoch noch nie gehört. Allerdings sei 2019 nach dem Besuch Heinen-Essers eine Anfrage nach den Betriebsdaten gekommen, so Gießler.

Nach der Mahd werden die Rotoren nun angehalten

Bei anderen Windparks, die seine Firma betreibt, gebe es derartige Auflagen zu Abschaltungen. „Ich kann mir auch hier vorstellen, dass wir zu einer sinnvollen Lösung kommen“, versprach der Geschäftsführer. Er wolle nicht, dass durch seinen Windpark Tiere getötet würden, so Gießler.

Dies ergab auch ein Telefonat mit der Vertreterin des Nabu. „Wir haben vereinbart, dass wir miteinander in Kontakt bleiben“, berichtete Zöller. In Zukunft wolle die Betreiberfirma, wenn sie über die Mahd informiert werde, kurzfristig die Rotoren anhalten, um auf die Tierwelt Rücksicht zu nehmen. Und auch auf verirrte Kraniche solle in Zukunft Rücksicht genommen werden. „Das ist das erste Mal, dass wir hier im Kreis zu so einer konstruktiven Zusammenarbeit kommen“, freute sich die Naturschützerin.