Yehor Sukhorukov, der neue Tanzoffizier der Prinzengarde Euskirchen, hatte mit dem rheinischen Karneval bisher nichts am Hut.
Neuer Tanzoffizier der PrinzengardeAus der Ukraine auf die Euskirchener Karnevalsbühnen
Was macht Georg „Schorsch“ Harzheim, der Kommandeur der Prinzengarde Euskirchen, wenn er keinen Tanzoffizier hat? Er holt sich geistlichen Beistand. Damit nicht schon vor dem Elften im Elften der Prinzengarden-Aschermittwoch ist, hoffte man auf ein Zeichen. Und das kam.
„Ich habe es vom lieben Gott erhalten. Und habe Pfarrer Tobias Hopmann um Rat gefragt“, sagt Harzheim. Tatsächlich hatte Hopmann, der nicht nur Regimentspfarrer der Prinzengarde (PG), sondern auch vom Kölner Traditionskorps Jan von Werth ist, einen Tipp für Harzheim parat. Per Zufall hatte er nämlich mitbekommen, dass es einen talentierten, 18 Jahre alten Tänzer gibt, der in Roitzheim lebt.
Yehor Sukhorukov übt Platt: „Ich kann schon Alaaf, Oeskerche und Heiopei“
Das Problem: Der Roitzheimer hatte bis dato mit dem rheinischen Karneval praktisch nichts am Hut.
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Der Grund: Yehor Sukhorukov lebte bis vor eineinhalb Jahren in der Ukraine und musste aus seiner Heimat flüchten.
Die Lösung: Ein Crashkurs im Karnevalstanz mit Willi Plum und Kölschunterricht mit Tanzmariechen Lena Weiß.
„Ich kann schon Alaaf, Oeskerche und Heiopei“, sagt der 18-Jährige. Trotz der Lücken im karnevalistischen Lebenslauf macht er eine gute Figur. Denn der junge Ukrainer profitiert davon, dass der Karneval auch ohne Sprachkenntnisse gut funktioniert. Tanzen kann der 18-Jährige, der im Alter von fünf Jahren schon ukrainischer Meister war, natürlich auch.
Neues Euskirchener Tanzpaar trainiert seit 15 Wochen für den Sessionsstart
Das, was er für die Bühnen im Euskirchener Karneval können muss, bekommt er seit 15 Wochen von Willi Plum beigebracht – wie auch Tanzmariechen Lena Weiß. Die ist 25 Jahre alt und nach eigenem Bekunden keine Grazie. Zumindest bisher nicht. „Wenn du so weitermachst, wirst du zu einer“, sagt Plum zum neuen Tanzmariechen des Traditionsvereins der Kreisstadt. Die 25-Jährige lacht: „Wenn das meine Mutter hört, lacht die noch mehr. Ich und eine Grazie?“ Der Spaß kommt beim schweißtreibenden Training für den zweieinhalb Minuten langen Tanz nicht zu kurz.
Der ist laut Plum von ihm individuell auf das neue PG-Duo zugeschnitten worden. „Weil es für Hebefiguren noch zu früh ist, müssen sie eben mehr tanzen“, sagt er und fügt ein Lob hinzu: „Ich habe in all den Jahren kein Paar trainiert, dass so schnell so viel gelernt hat. Beide wollen. Das merkt man.“
Einmal pro Woche geht es zum Training nach Düren
Der Tanz sei ein Kunstwerk, fügt der 82-Jährige selbstbewusst hinzu. Wenn Lena Weiß in dem Moment nicht so sehr nach Luft ringen würde, würde sie wahrscheinlich bei dem Lob zumindest lächeln. „Ich habe vorher acht Jahre lang bei den PG-Girls getanzt. Mit all den Hebungen waren die zehn Minuten nicht so anstrengend, wie die zweieinhalb Minuten hier“, sagt die junge Architektin, die für den Stadtbetrieb Zentrales Immobilienmanagement arbeitet und gerade in Köln ihren Master im Fach Energieoptimiertes Bauen macht.
Einmal pro Woche fährt das Tanzpaar von Euskirchen ins 38 Kilometer entfernte Merken bei Düren. Dort gibt es ein etwas größeres Gartenhaus, das über Jahrzehnte zu einem Museum für Karnevalsorden geworden ist. Umrahmt von mehr als 1300 Orden trainiert Willi Plum dort seine Tanzpaare. Auch Lena Weiß und Yehor Sukhorukov hat der 82-Jährige unter seine Fittiche genommen. Als sie gefragt worden sei, ob sie die Nachfolgerin von Lea Klose als Tanzmariechen werden wolle, habe sie nicht lange überlegt. Seitdem wird trainiert, was das Zeug hält. Der Tanz sitzt knapp drei Wochen vor dem ersten Heimspiel schon ganz gut.
Den ersten Auftritt hat das neue Tanzpaar traditionell beim Generalappell der Prinzengarde am 3. November. Der Start in die eigentliche Session findet dann am Elften im Elften in Mechernich statt, bevor eine Woche später die Sessionseröffnung auf dem Alten Markt in Euskirchen auf dem Programm steht. „Ich bin jetzt schon nervös, wenn ich daran denke“, sagt Lena Weiß.
Knapp 20 Auftritte warten auf das Euskirchener Tanzpaar in der kurzen Session
Laut „Schorsch“ Harzheim hat das Tanzpaar in der kurzen Session – Rosenmontag ist bereits am 12. Februar – knapp 20 Auftritte. „Wir mussten einige absagen, weil es sich so knubbelt“, erklärt der Kommandeur, der selbst von 1984 bis 1995 Tanzoffizier der PG war.
Und Plum? Der versucht dem Duo die Angst vor den Auftritten zu nehmen, bestätigt sie immer wieder in ihrem Tun. „Ihr seid gut. Ich habe selten erlebt, dass jemand einen neuen Tanz so schnell verinnerlicht hat“, sagt er. Gleichzeitig korrigiert er die Fußstellung der 25-Jährigen und meckert am „Kosakenschritt“ des 18-Jährigen herum – Zuckerbrot und Peitsche eines viermaligen Europameisters im Karnevalstanz eben.
Trainer Willi Plum: „Wir tanzen hier nicht, wir machen Ballett“
„Wir tanzen hier nicht, wir machen Ballett“, bläut er Lena Weiß immer wieder ein. „Kopf hoch, Hals gestreckt!“ Die Anweisungen sind so klar wie ein Absackerkorn am Rosenmontag. Wenn etwas nicht klappt, macht es der 82-Jährige vor. „Wer nichts kann, steht so, der marschiert. Sie sollen aber in den Saal schweben“, sagt er und zeigt auf einen nach innen gedrehten Fuß. Der soll aber nach außen zeigen. Der Ballettpart ist für das neue Tanzmariechen die große Herausforderung. Mit Ballett habe sie bisher nicht viel zu tun gehabt. Da sie aber bereits ab dem Alter von drei Jahren Garde getanzt hat, ist der neue Karnevalsabschnitt für sie dann auch kein komplettes Neuland.
Kennengelernt hat sich das Tanzpaar beim Training. Die Chemie stimmt – zumindest unter Trainingsbedingungen. „Das wird in der Session nicht anders sein“, ist die 25-Jährige sicher. Und Sukhorukov? Der hat nach eigenem Bekunden einfach nur Lust auf Karneval. Ein bisschen habe er am Rosenmontag in Köln mitbekommen. Da war er als Clown verkleidet unterwegs. Der Rest werde nun kommen, sagt der Ukrainer, der eine Ausbildung zum Fachinformatiker macht. „Wir bereiten ihn langsam auf den Karneval vor“, ergänzt Harzheim.
Zur Vorbereitung gehört auch das Training in Uniform. Die wird laut dem Kommandeur fürs Tanzpaar gerade maßgeschneidert. Das Training endet übrigens nicht, wenn die ersten Auftritte absolviert sind, es wird sogar intensiviert: Bis zur Proklamationssitzung soll die erste Hebefigur sitzen. „Ziel ist es, dass Yehor Lena auf Händen in den Saal trägt“, sagt Harzheim. Plum sieht da kein Problem: „Im nächsten Jahr bauen wir auch Hebefiguren in den Tanz ein.“ Weniger schweißtreibend dürfte das Training also nicht werden.
Sessionseröffnung und Programm der Prinzengarde Euskirchen
Den ersten öffentlichen Auftritt in Euskirchen hat das neue Tanzpaar der Prinzengarde während der Sessionseröffnung am Samstag, 18. November, ab 11.11 Uhr auf dem Alten Markt. Dort werden auch die künftigen Tollitäten der Kreisstadt vorgestellt. Mit dabei sind „Zesamm'“, Timo Schwarzendahl, Euphorie, Fiasko und die Funky Marys. „Die gesamte Bewirtung wird von den Gastronomen am Alten Markt übernommen. Wir ziehen alle an einem Strang“, sagt Stefan Guhlke, Vorsitzender des Festausschusses Euskirchener Karneval.
Der karnevalistische Seniorennachmittag findet am Dienstag, 9. Januar, in der Marienschule Euskirchen. Der Kinderzug geht am Sonntag, 4. Februar, ab 11.11 Uhr. Der Rosenmontagszug startet am 12. Februar um 12.11 Uhr.
Das Prinzengarde-Lied
Das Lied der Prinzengarde hat Matthias Honnef im Jahr 1938 eigens für die Garde komponiert. Im Liederheft „Sang und Klang im Euskirchener Karneval“ steht auch der Text von Franz Sievernich. Die Version, die gespielt wird, wenn das Mariechen tanzt, ist vom Sitzungsorchester „Harmonie Verein“ eingespielt worden – aufgenommen von PG-Kommandeur Georg Harzheim. (tom)