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Simon-Juda-Markt100 Schausteller, Feuerwerk, Cannabis-Verbot: Das bietet Euskirchens Kirmes

Lesezeit 6 Minuten
Ein Lastwagen mit einem Fahrgeschäft fährt auf den Kirmesplatz in Euskirchen.

Die Aufbauarbeiten für den Simon-Juda-Markt, die Euskirchener Herbstkirmes, sind in vollem Gange.

Die Euskirchener Kirmes startet am Freitag. Vier Tage bilden rund 100 Schausteller einen knapp zwei Kilometer langen Parcours.

„Schausteller ist kein Beruf, sondern eine Lebenseinstellung“, sagt Günther Hündgen. Der Euskirchener kennt kaum ein anderes Leben. Schon sein Opa sei Schausteller gewesen. Der Großvater war damals mit Schießbude und Schiffschaukel unterwegs, Günther Hündgen macht in Backfisch, Pommes und Currywurst.

Sein Imbiss-Wagen mit dem Euskirchener Stadtwappen steht seit jeher zur Kirmes auf dem Annaturm-Platz, nur einen Steinwurf von der Martinskirche entfernt. „Ich bin der einzige Schausteller hier, der so richtig aus Euskirchen kommt“, sagt Hündgen, der zuletzt auf der Kirmes in Gemünd seine Pommes Rot-Weiß verkauft hat. Die Preisgestaltung sei längst eine Wissenschaft für sich. „Es ist ein schmaler Grat. Wir müssen unsere gestiegenen Kosten gedeckt bekommen. Aber auch bei den Besuchern sitzt das Geld nicht mehr so locker, weil auch sie deutlich höhere Lebenshaltungskosten haben“, erklärt Hündgen.

Günther Hündgen gehört zum Inventar der Kirmes in Euskirchen

Aber, so der Schausteller: Die Ausgaben für den Imbisswagen (Neuwert knapp 350.000 Euro) müssten halt auch irgendwie wieder reinkommen. So habe er nach der Corona-Pandemie in eine coronakonforme Spülmaschine investiert. „Die wäscht fünf Grad wärmer“, so Hündgen. Kostenpunkt: 7500 Euro.

Günther Hündgen steht in seinem Imbisswagen und bereitet alles für den Start der Kirmes in Euskirchen vor.

Schausteller mit Leib und Seele: Der Euskirchener Günther Hündgen steht mit seinem Imbiss am Annaturmplatz.

Apropos Corona: Die vergangenen zwei Jahre nach den pandemiebedingten Einschränkungen seien für Schausteller ein gefühltes Paradies gewesen. „Die Leute hatten so große Lust auf Kirmes. Ihnen waren die gestiegenen Preise mehr oder weniger egal“, so Hündgen. Mittlerweile sei aber zu spüren, dass man wieder mehr aufs Geld achte. „Wir nähern uns dem Niveau von 2018, 2019 an. Was immer noch okay ist“, sagt der Euskirchener.

Hündgen hat auf dem Annaturmplatz seinen Stammplatz, gehört zum Inventar der Euskirchener Mai- und Herbstkirmes. Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht. „Die lokale Herkunft ist kein entscheidendes Auswahlkriterium, aber wir sind froh, wenn wir mit Euskirchener Schaustellern zusammenarbeiten können“, sagt Jan-Christoph Neitscher, Leiter des Fachbereichs Recht und Ordnung in Euskirchen.

Rund 100 Schausteller kommen zum Simon-Juda-Markt

Etwa 100 Marktbeschicker werden von Freitag bis Montag zwischen Altem Markt und Charleviller Platz ihre Fahrgeschäfte, Imbisse und Kirmesstände aufbauen. Die klassische Losbude wird man nicht finden. Über die vier Kirmestage erwarten die Besucher viele Fahrgeschäfte – beispielsweise das neue Laufgeschäft „Lost Escape Adventure“ oder den 40 Meter hohen Kettenflieger „Aviator“ – inklusive toller Sicht über den Kirmesplatz.

Während der Adrenalinkick zur Kirmes gehört wie kandierte Äpfel und Zuckerwatte, wird die Kommunikation zwischen Ordnungsamtsmitarbeitenden, Deutschem Roten Kreuz, Feuerwehr und Polizei neu sein. Laut Neitscher hat die Stadt erstmals beim Kreis Euskirchen eine eigene Funkgruppe im Digitalfunk beantragt. Diese dient der Kommunikation untereinander.

Zwei Männer und zwei Frauen der Euskirchener Ordnungsbehörde gehen über einen Platz. Hinter ihnen sind ein roter Lastwagen und eine rot-weiße Kirmesbude zu sehen.

Die Mitarbeitenden der Euskirchener Ordnungsbehörde haben während der Kirmes viel zu tun.

Zudem gebe es eine gemeinsame Funkgruppe aller Organisationen – inklusive Notfallknopf, der den Kanal sofort öffnet. „Wir haben extra Funklehrgänge besucht und sind fest davon überzeugt, dass das nur Vorteile für alle Beteiligten mit sich bringt“, sagt Ordnungsbehörden-Mitarbeiterin Marie-Ann Mandt. Ein Messerverkaufsverbot besteht in Euskirchen seit dem Simon-Juda-Markt 2023. Das Tragen von Waffen jeglicher Art, auch Messern, sei per Gesetz und der Platzordnung der Stadt ausdrücklich verboten, berichtet Neitscher. Nervös sei er aufgrund der Ereignisse der vergangenen Wochen und Monate nicht. „Wir hatten in den vergangenen Jahren immer ruhige Kirmessen“, sagt er.

Die Anwohner sehen das Kirmestreiben in der Regel gelassen

Apropos Ruhe: Mehrere Zehntausende Menschen, die von Freitagnachmittag bis Montagabend durch die Euskirchener Straßen ziehen, Musik aus den Boxen, Ansagen rund um die Fahrgeschäfte – es wird trubelig und laut in Euskirchen. „Ich muss für die Anwohner wirklich eine Lanze brechen. Wir haben nur in absoluten Ausnahmefällen mal Beschwerden über die Kirmes“, berichtet Neitscher. Mit Blick darauf, dass die Kirmes sich mitten in der Stadt abspiele, könne man das Zusammenspiel mit den Anwohnern nur lobend erwähnen.

Wir haben nur in absoluten Ausnahmefällen mal Beschwerden über die Kirmes.
Jan-Christoph Neitscher, Stadt Euskirchen

Während einige wenige Marktbeschicker nach Angaben von Kirmes-Organisatorin Anna-Sophie Müller erst am Freitagvormittag in Euskirchen ihr Quartier aufschlagen, sind die meisten schon einige Tage vor dem Startschuss in der Kreisstadt. Und so herrschte am Dienstagnachmittag auf dem Charleviller Platz und dem Annaturm-Platz schon emsiges Treiben – größere Fahrgeschäfte werden eben nicht mal in ein paar Stunden aufgebaut. Und davon gibt es beim Simon-Juda-Markt wieder einige. „Wir achten aber darauf, dass es eine gute Mischung ist“, sagt Anna-Sophie Müller.

Damit die Mischung stimme, müsse die Kirmes lange im Voraus geplant werden, berichtet die Chef-Organisatorin: „Die Routen der Marktbeschicker stehen oft schon Anfang des Jahres fest. Entsprechend früh werden wir angefragt oder wir fragen an.“ Es gebe ein breitgefächertes Netzwerk, mit dessen Hilfe auch kurzfristige Absagen kompensiert werden könnten.

Polizei und Stadt kontrollieren das Cannabis-Konsumverbot

Nicht fehlen werden beim Simon-Juda-Markt die Buden, die zuletzt fast schon inflationär auf Kirmessen zu finden waren: sogenannte „Play Stations“, an denen man mithilfe eines Joysticks einen Greifarm steuert. Ist er in der mutmaßlich richtigen Position, wird er herabgelassen. Dann schließt sich der Greifer und hat im Idealfall ein Plüschtier gepackt. Ein bis zwei Euro kostet eine Partie – je nach Größe des möglichen Gewinns. Personalkosten fallen nicht an. Alles läuft automatisch. Laut Andreas Storb, Mitarbeiter bei der Euskirchener Ordnungsbehörde, könne man gefühlt eine Schlange von Euskirchen bis nach Rheinbach bilden, würde man die „Playstations“ der Schausteller aneinanderreihen, die sich für den Simon-Juda-Markt beworben hätten.

Storb ist im Vorfeld der Kirmes für das Verkehrskonzept zuständig. Am Dienstag standen entlang des Kirmesparcours schon zahlreiche Parkverbotsschilder. Ärger mit Anwohnern gebe es auch bei diesem Punkt selten. „Wir drücken da auch schon mal ein Auge zu. Dass ein Auto abgeschleppt wird, ist die Ultima Ratio. Das versuchen wir zu vermeiden“, so Storb.

Polizei und Ordnungsbehörde werden während der Öffnungszeiten der Kirmes das Cannabis-Konsumverbot kontrollieren. Sollte sich ein Besucher nicht an das Verbot halten, drohen laut Neitscher ein Bußgeld und ein Platzverweis.

Zurück zu Hündgen in den Imbiss am Annaturmplatz. Der Schausteller war auch eine der treibenden Kräfte hinter dem Feuerwerk, das erstmals nicht zum Abschluss, sondern am ersten Abend der Kirmes am Charleviller Platz abgeschossen wird – genauer gesagt vom Dach des Polonia-Marktes.


Eröffnung und Feuerwerk am Freitag

Die Herbstkirmes in Euskirchen, die von einem verkaufsoffenen Sonntag (27. Oktober, 13 bis 18 Uhr) in der Innenstadt flankiert wird, erstreckt sich wie gewohnt über einen knapp zwei Kilometer langen Parcours vom Alten Markt bis zum Charleviller Platz.

Bürgermeister Sacha Reichelt eröffnet den Simon-Juda-Markt am Freitag um 16 Uhr mit dem Fassanstich am Festzelt auf dem Charleviller Platz. Am Abend des ersten Kirmestages wird nach einer mehrjährigen Pause wieder ein Feuerwerk abgeschossen.

Grippeschutzimpfung am Wochenende

Das Kreisgesundheitsamt bietet im Rahmen der Kirmes in den Räumen der Firma Langhammer Hörakustik (Annaturmstraße 31) erneut eine kostenlose Grippeschutzimpfung an, und zwar samstags in der Zeit von 14 bis 19 Uhr und sonntags von 11 bis 19 Uhr. Mitzubringen sind der Impfausweis und die Krankenversicherungskarte, wie die Kreisverwaltung mitteilt.

Der Euskirchener Wochenmarkt am Samstag wird wegen der Kirmes vom Annaturmplatz in die Straße Am Kahlenturm verlegt. Schon in den Tagen vor Beginn des Jahrmarkts wird die Stadt auf den Kirmesplätzen und in mehreren angrenzenden Straßen Halteverbotszonen einrichten.

Die Öffnungszeiten der Kirmes sind: Freitag, 16 bis 24 Uhr; Samstag, 14 bis 24 Uhr (Zelt bis 1 Uhr); Sonntag, 11 bis 22 Uhr; Montag, 12 bis 22 Uhr (Fahrgeschäfte ab 14 Uhr).