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Stoßgebet rettete einst den PastorEndlich wieder eine „richtige“ Kirmes in Euskirchen

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Euskirchens Bürgermeister Sascha Reichelt eröffnete pünktlich um 16 Uhr die Donatus-Maikirmes mit dem Fassanstich.

Euskirchen – Ein paar kräftige Schläge, ein Kölschfass und ein Zapfhahn – mehr brauchte Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt nicht. Pünktlich um 16 Uhr am Freitag eröffnete er mit Landrat Markus Ramers die Donatus-Maikirmes. Bis Montagabend wird es zwischen Altem Markt und Charleviller Platz nach Jahrmarkt riechen. Das erste Mal nach zwei Jahren Corona-Zwangspause. Die Kirmes hat am Samstag von 14 bis 24 Uhr geöffnet, am Sonntag von 11 bis 22 Uhr. Am Montag geht es um 12 Uhr los. Die Fahrgeschäfte laufen von 14 bis 22 Uhr.

Die Premiere

Für Tom Karbaum ist es die erste Kirmes als Marktleiter. „Die Gespräche mit den Beschickern verliefen durchweg positiv. Sowohl die Marktverwaltung als auch die Beschicker freuen sich auf die Kirmes“, sagt Karbaum. Es wird mit vielen Besuchern gerechnet. Die Meteorologen prognostizieren – abgesehen vom Samstag – bestes Kirmeswetter.

Die Fahrgeschäfte sind für die Mai-Kirmes richtig rausgeputzt worden. Die Schausteller hoffen auf viele Besucher.

Zuletzt platzte die Kirmes in Köln-Deutz aus allen Nähten, und es kam zu Handgreiflichkeiten. „Wir gehen davon aus, dass wir das Besucheraufkommen durch den Charakter einer Innenstadtkirmes besser handhaben können, da es viele Fluchtwege in Form von anliegenden Straßen gibt“, erklärt Karbaum.

Dank einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den beteiligten Behörden sei man optimistisch, eventuelle Probleme frühzeitig erkennen zu können, so Karbaum. Mit einem gesteigerten Aggressionspotenzial rechne er nicht.

Die Höhepunkte

Sicherlich sind die Großfahrgeschäfte wie „Apollo 13“ mit 55 Metern Flughöhe, „Robotix“ mit Bewegungen in sechs Richtungen oder auch das große Rundfahrgeschäft „Hexentanz“ die Attraktionen für Besucher, die einen Adrenalinschub suchen. Wer es ruhiger mag, ist im „Fire Department“ genau richtig: Auf mehreren Etagen befinden sich Hindernisse, Rutschen, Rutschstangen und vieles mehr.

Die kleinen Kirmesbesucher kommen unter anderem auf dem Rundfahrgeschäft „Zauber der Phantasie“ und dem Kinderkarussell „Schatzinsel“ voll auf ihre Kosten. Auf dem Alten Markt steht wie gewohnt das nostalgische Pferdekarussell.

Die Schausteller

„Endlich wieder ein bisschen Normalität“, sagt Schausteller Peter Barth: „Die beiden Happy-Parks auf dem Charleviller Platz waren schön und wichtig, aber nun ist wieder richtig Kirmes.“ Die Stimmung unter den Schaustellern sei richtig gut, erzählt der Euskirchener. Die Barth-Familie ist auf der Donatus-Kirmes mit fünf Buden und Fahrgeschäften am Start. Die legendäre Südseewelle wird man in Euskirchen nicht mehr sehen. Sie sei nach Italien verkauft worden und komme dort auf Volksfesten zum Einsatz, so Barth.

Der Wochenmarkt

Der Wochenmarkt wird am Kirmessamstag vom Annaturmplatz in die Straße Am Kahlenturm verlegt.

Das Marktrecht

In der Euskirchener Kirmes-Historie spielt ein Tag eine wichtige Rolle, der 700 Jahre zurückliegt. Damals, am 13. April 1322, verlieh der Landesherr, Reinald I., Herr von Montjoie, Falkenburg, Bütgenbach und Euskirchen, der Stadt das Marktrecht. Die entsprechende Urkunde war auf Pergament und in lateinischer Sprache verfasst. Damit erlaubte Reinald den Euskirchenern, neben einem Wochenmarkt auch einen Jahrmarkt von einwöchiger Dauer abzuhalten, beginnend am Tag des heiligen Kornelius, dem 16. September. So kann man es in einer Darstellung der Stadt nachlesen.

Schon 1355 wurde das Marktprivileg auf drei Jahrmärkte ausgedehnt. Dazu zählte der Simon-Juda-Markt im Oktober, der noch heute weit über die Stadtgrenzen hinaus als Euskirchener Herbstkirmes bekannt ist.

Das „Donatuswunder“

Die Euskirchener Maikirmes geht auf das Donatusfest zurück, das erstmals 1784 gefeiert wurde. Die Entstehungsgeschichte hat ihren Ursprung aber sogar im Jahr 1652. Damals waren die Gebeine des Märtyrers Donatus auf dem Weg von Rom nach Münstereifel. Am 29. Juni wurden sie, kurz vor dem Ziel, in der Euskirchener Martinskirche zur Verehrung aufgebahrt.

Bild aus vergangenen Zeiten: Die Euskirchener Kirmes auf dem Annaturmplatz. 1952 war der Autoscooter noch nicht überdacht.

Am Morgen darauf, so wird es erzählt, brach ein furchtbares Gewitter los. Der Blitz schlug in die Kirche ein, „und unter lautem Donnerschlag wurde der am Marienaltar zelebrierende Priester getroffen“, heißt es in einem Bericht der Stadt. Die Gläubigen hielten ihn schon für tot – doch weit gefehlt. Nach einem Stoßgebet zum heiligen Donatus, der als Schutzpatron gegen Unwetter, Blitz und Feuersbrunst gilt, erholte sich der Pastor sogar derart schnell, dass er die Überführung der Gebeine nach Münstereifel begleiten konnte.

Als sich der Blitz am 12. März 1782 erneut St. Martin als Ziel aussuchte und damit einen Stadtbrand auslöste, besannen sich die Euskirchener auf das „Donatuswunder“von 1652. Sie baten den Dechanten von Münstereifel, ihnen eine Partikel aus den Gebeinen des Heiligen zu überlassen. Davon versprachen sie sich Schutz für ihre Stadt.

Die erste Maikirmes

Die Münstereifeler taten ihren Nachbarn den Gefallen. Die Gebeinspartikel wurde fortan in einem Reliquiar in der Martinskirche aufbewahrt. Und die Euskirchener beschlossen, dem heiligen Donatus zu Ehren ein Fest auszurichten, das von einer Kirmes umrahmt wurde. Als Termin etablierte sich nach der Premiere im Jahr 1784 schon bald der zweite Sonntag im Mai.

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Bis in die 1950er-Jahre, so die Stadt weiter, war die Kirmeseröffnung immer mit der Donatusprozession am Sonntagmorgen verbunden. Während das kirchliche Donatusfest mehr oder weniger in Vergessenheit geraten ist, zählt die Kirmes zu den Großveranstaltungen, die auch Auswärtige in Scharen anlockt.