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Martin Kinnens Wahlsieg in BaasemEin Ortsbürgermeister im fünften Semester

Lesezeit 4 Minuten

Dienststempel und Ernennungsurkunde: Martin Kinnen erledigt seine Amtsgeschäfte noch am Küchentisch.

Dahlem-Baasem – Mit 21 Jahren ist Martin Kinnen wohl einer jüngsten Ortsbürgermeister weit und breit. Der Student der Politologie und Wirtschaftswissenschaften vertritt seinen Heimatort Baasem im Gemeinderat von Dahlem. Dort hat Baasem jetzt sogar zwei Sitze.

Ein Bürgermeisterbüro? Eine Bürgersprechstunde? Martin Kinnen nimmt am Küchentisch in seinem Elternhaus Platz. Hier wohnt der Student schließlich noch. Die Hauskatze schnurrt entspannt hinter seinem Nacken auf dem Fensterbrett. Hätte er jetzt nicht den offiziellen Baasemer Dienststempel samt Stempelkissen und in der Klarsichthülle die Urkunde dabei, in der seine Ernennungen zum Ortsbürgermeister von Baasem bestätigt wird, man säße schlicht einem jungen Eifeler in einer funktionalen Küche eines Bauernhofes gegenüber.

Der jüngste Ortbürgermeister der Ortsgeschichte

Doch das Ambiente täuscht, denn Martin Kinnen hat es am 13. September geschafft. Er ist der Amtsnachfolger von Lothar Ademes, der nach 16 Jahren als Ortsbürgermeister nicht mehr angetreten ist. Und Baasem mit seinen 458 Einwohnern, darunter 48 mit Zweitwohnsitz, hat den jüngsten Ortsbürgermeister der Ortsgeschichte. Er habe aber angesichts der Konkurrenz von gleich vier Kandidaten von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen um die Baasemer Wählerstimmen alles auf eine Karte setzen müssen, so Kinnen: „Meine Bewerbung für den Gemeinderat Dahlem wird nur erfolgreich sein, wenn ich den Wahlkreis gewinne!“ Das hatte er so auf seinen kleinen Wahlprogrammzettel im DIN A5-Format drucken lassen. Das hatte er allen Baasemern bei Hausbesuchen erklärt. Warum ihm das so wichtig war? „Ich bin als parteiloser Einzelkandidat angetreten“, so Kinnen in der Küche: „Nur so kann ich unabhängig sein und freie Entscheidungen treffen. Ich unterliege keinem Fraktionszwang.“

Er wagte es – und er gewann: 74,3 Prozent, 202 von 349 abgegebenen Stimmen – das war deutlich. Und mit Anna Kleusener, abgesichert auf dem sechsten Listenplatz der CDU-Mehrheitsfraktion, hat Baasem jetzt sogar zwei Sitze im neuen Gemeinderat. „Ich war erfreut und überrascht“, erzählt der 21-Jährige, der trotz Signalen aus der Bevölkerung in den Tagen vor der Wahl, dass man ihm das Amt zutraue, nicht wirklich damit gerechnet hatte. Mit 25 Freunden und Kumpels wurde der Sieg – „natürlich coronagerecht mit Abstand“, so Kinnen – feucht-fröhlich gefeiert.

Jetzt muss Kinnen liefern

Jetzt muss Kinnen, der sich dazu bekennt, „Baasemer zu sein und es auch zu bleiben“, liefern. Und nicht nur als Streitschlichter, der ein Ortsbürgermeister auch sein soll. Das bloße Interesse an Politik, das er schon als Schüler an der Realschule und später am Wirtschaftsgymnasium in Kall hatte, reicht jedenfalls nicht mehr aus: „Ich möchte mich für einen Kinderspielplatz, idealerweise in der Ortsmitte einsetzen; für ein paar Neubauplätze und natürlich für das schon von Bürgermeister Lembach angekündigte neue Dorfgemeinschaftshaus“, so der Ortsbürgermeister zu einigen Vorhaben, die er voranbringen will.

Für alle diese Projekte – auch für seine Idee, mehr ist es noch nicht, einen eingruppigen Kindergarten im Ort angesichts von aktuell 15 Kindern im Kita-Alter zu schaffen – braucht er zunächst die Unterstützung der Baasemer. Die Förderung des Baus eines Dorfgemeinschaftshauses beispielsweise setzt gewöhnlich die Übernahme von Eigenleistungen der Bevölkerung voraus. Und dann muss der Einzelbewerber sich immer eine Mehrheit suchen, die ihn in Ausschüssen und Gemeinderat unterstützt. Sein Vorschlag, auch in den kleinen Dörfern der Gemeinde einige Neubauplätze auszuweisen, stößt nach Kinnens Angaben in Berk und Kronenburg ebenfalls auf Interesse.

Aufbruch und Tradition

An der Uni Köln studiert er derzeit im fünften Semester die Theorie dessen, was er jetzt praktisch umsetzen kann. Rat und Tipps kann er sich auch bei seinem Amtsvorgänger holen. Wie man in Baasem dann über seine Amtsführung denkt, das wird er unverblümt im persönlichen Gespräch erfahren, vielleicht auch „hinten rum“, wie er schmunzelnd meint. So funktioniert eben Basisdemokratie auf dem Dorf.

Das mit dem Bürgermeisterbüro will sich Martin Kinnen jedenfalls noch überlegen: „Wir haben noch die ehemaligen Fremdenzimmer, die zur Gaststätte meiner Eltern gehörten. Eines wird es werden.“ Das ist eine Premiere, auch wenn er keineswegs das erste Gemeinderatsmitglied in der Familie Kinnen ist. Schon Martin Kinnens Großvater war kommunalpolitisch aktiv. Und sein Vater war ebenfalls erst 21 Jahre alt, als er in den Gemeinderat gewählt wurde. Da wird eine Tradition fortgeführt. Aber einen Ortsbürgermeister Kinnen, den gab es noch nie.

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Eins wird auch der nicht ändern: die für Ortsfremde hoffnungslos komplizierte Straßenführung im Ort. Das liege daran, dass Baasem keine durchgehende Hauptstraße habe, meint der Baasemer, sondern „wie ein großes Quadrat mit abgehenden Seitenstraßen ist“. Man müsse sich das vorstellen „wie in New York“.