Kreis Euskirchen – Baustopp im Dahlemer Wald: Das Verwaltungsgericht Aachen hat am Montag einem Eilantrag des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) gegen die Baugenehmigung des Kreises Euskirchen für fünf Windräder stattgegeben.
Auf den fünf Baustellen der Anlagen des Windparks Dahlem IV an der Grenze zur Gemeinde Hellenthal ruhen jetzt die Arbeiten. Für alle fünf Windräder sind bereits die Fundamente errichtet, außerdem stehen bereits zwei Türme.
Bauherr und Betreiber der Windräder ist die Firma Dunoair. Sie dürfte derzeit nicht gut auf den Nabu zu sprechen sein. Denn wie Ralf Wilke vom Kreisverband berichtete, ist die Initiative zur Klage vom Euskirchener Verband ausgegangen. Eingereicht habe die Klage, die nun juristisch erfolgreich war, schließlich der Landesverband.
Die sechste Kammer des Verwaltungsgerichts stellte fest, dass der Kreisverwaltung Euskirchen ein „beachtlicher Verfahrensfehler“ unterlaufen sei. Sie habe im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung behauptet, durch das Bauvorhaben seien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf den Schwarzstorch zu erwarten. Die dieser zugrundeliegenden Untersuchungen seien, so das Gericht, nicht ausreichend gewesen.
Der Kreis habe gemeinsam mit der Analyse des Verhaltens des Rotmilans auch die Bewegungen des Schwarzstorchs untersucht. Offenbar hat man es sich dadurch beim Kreis zu bequem gemacht: Die Flugbewegungen des Schwarzstorchs seien nur bei Gelegenheit registriert worden, es habe keine gezielte Raumnutzungsanalyse für diese Spezies gegeben, teilt das Gericht mit.
Zwischen März und Juli 2015 sei das Verhalten des Rotmilans jeweils frühestens um 8 Uhr morgens, teilweise erst um 10 Uhr erfasst worden. Das gelte auch für die Beobachtung des Schwarzstorchs. Der nutze aber schon das Einsetzen der Thermik vor 8 Uhr für einen Ausflug vom Horst. Die Prüfer, darauf lässt der Gerichtsbeschluss schließen, hätten also früher aufstehen müssen.
Das Gericht macht zudem geltend, dass der Schwarzstorch sich aufgrund seines spezifischen Jagdverhaltens oft stundenlang in seichten Gewässern von Bächen, Teichen und Feuchtwiesen aufhalte und dann wenig fliege. Mit der Methodik der Rotmilan-Erfassung komme man daher nicht zu zuverlässigen Ergebnissen. Daher werde die Baugenehmigung aufgehoben. Der Kreis und der Anlagenbetreiber Dunoair können gegen diesen Beschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen.
Dahlems Bürgermeister Jan Lembach erläuterte, wieso mit dem Bau der Anlagen bereits begonnen wurde: „Im vergangenen Jahr hat der Kreis eine Genehmigung nach dem Bundesimmisionsschutzgesetz erteilt.“ Danach sei gebaut worden. Die Naturschützer hätten gegen die Genehmigung zwar geklagt, doch habe diese Klage keine aufschiebende Wirkung gehabt. Deshalb sei weiter gebaut worden. „Das hat das Gericht nun aufgehoben, jetzt wird gestoppt“, sagte Lembach.
„Wir warten erst einmal ab“, sagte der Bürgermeister. Er habe mit der Firma Dunoair gesprochen, die wohl in Widerspruch gehen werde. Lembach: „Es wäre fatal, wenn sie es nicht tun würde.“ Im Übrigen habe es schon einmal einen Baustopp für die später doch fertiggestellten Windräder im Bereich Dahlem I bis III gegeben.
Die Gemeinde Dahlem hat ein hohes Interesse daran, dass sich bald die Windräder drehen. Für drei der im Bereich Dahlem IV geplanten fünf Anlagen erwartet sie pro Jahr jeweils 60 000 Euro an Pachteinnahmen. „Ich war erstaunt, das war so nicht zu erwarten“, sagt Lembach zu der Gerichtsentscheidung. So viel könne der Kreis doch gar nicht falsch gemacht haben.
Nabu-Sprecher Ralf Wilke sagte: „Wir wollen sämtliche fünf Anlagen stoppen.“ Sie zerstörten einen Biotop-Verbund-Korridor, der transnational angelegt sei. Auf dieser Ost-West-Achse zögen Großsäuger wie Luchs und Hirsch.
Das Gericht habe dies noch gar nicht gewürdigt, sondern schon bei der Schwarzstorch-Analyse sein Veto eingelegt. „Jetzt wird Dunoair wahrscheinlich zum OVG rennen. Wenn das den Beschluss bestätigt, ist das Ding gelaufen. Dann ist nämlich nur noch Revision beim Bundesverwaltungsgericht möglich“, so Wilke.
Sven Gnädig, Mitarbeiter der Pressestelle der Kreisverwaltung, sagte, das Urteil werde von der Fachabteilung geprüft. Der Kreis habe nun einen Baustopp verhängt und Dunoair Sicherungsmaßnahmen auferlegt, damit es nicht zu Schäden komme.
Dunoair teilte am Montagnachmittag mit: „Wir prüfen im Fall des Windparks Dahlem IV noch alle Optionen und können so kurzfristig leider noch nichts Konkretes sagen.“