Ein 34-Jähriger muss sich wegen Mordversuchs und schwerer Brandstiftung in Bad Münstereifel-Holzem verantworten. Das Urteil wird am 18. März erwartet.
PlädoyersNach Versuch, die eigene Familie zu töten – Staatsanwalt fordert lebenslange Haft

Im Prozess um den Mordversuch und die Brandstiftung in einem Haus in Bad Münstereifel-Holzem im Juni 2024 sind nun vor dem Landgericht Bonn die Plädoyers gehalten worden.
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Im Prozess um einen mehrfachen Mordversuch in Holzem am 19. Juni 2024 sind vor dem Bonner Landgericht die Plädoyers gehalten worden. Staatsanwaltschaft und Nebenklage forderten eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten, während der Verteidiger auf eine zeitlich begrenzte Haft plädierte.
Der angeklagte Bäcker (34) soll geplant haben, seine Frau und seine drei Kinder zu töten. Danach habe er das Mehrparteienhaus in Holzem, in dem die Familie seit 17 Jahren lebte, mit Benzin angezündet. Weil sich im Laufe des Verfahrens herausstellte, dass ein Bewohner in jener Nacht nicht daheim war, wurde die ursprüngliche Anklage, die von zwölffachem Mordversuch ausging, abgeändert.
Vernehmung der Ehefrau auf Intensivstation vor Gericht abgespielt
Zum Ende der Beweisaufnahme ließen die Richter der 8. Großen Strafkammer die Tonbandprotokolle der polizeilichen Vernehmung der schwer verletzten Ehefrau abspielen, die wenige Tage nach Tat auf der Intensivstation des Euskirchener Marien-Hospitals aufgezeichnet worden waren. Ihre Stimme war brüchig, kaum zu verstehen, als sie erzählte, was am 19. Juni gegen 3.30 Uhr geschah.
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Da war nichts Böses. Doch dann hat er mich abgestochen.
Ihr Mann sei eine Stunde zuvor überraschend von einem Fortbildungsseminar in Weinheim nach Hause zurückkehrt. Die 13-jährige Tochter, die bei der Mutter übernachtet hatte, habe ihn freudig begrüßt und sei dann zu ihren bereits schlafenden Geschwistern ins Wohnzimmer verschwunden. Der 34-Jährige habe mit ihr gekuschelt, sagte die Frau:. „Da war nichts Böses“, berichtete sie dem Kripobeamten: „Doch dann hat er mich abgestochen.“
„Mehr Heimtücke geht nicht“, kommentierte Staatsanwältin Carola Stangier das Ermittlungsergebnis, nach dem der Angeklagte seine Frau vor dem Angriff noch geküsst hatte.
Ehefrau ist nach Messerattacke schwer behindert und auf Pflege angewiesen
Laut Anklage hatte er ein Brotmesser mit einer 22 Zentimeter langen Klinge, das er am 15. Juni in Rheinbach gekauft hatte, aus einem Versteck geholt und damit seine Frau durch neun Stiche so schwer verletzt, dass sie heute schwer behindert und auf Pflege angewiesen ist. Auf ihre Hilferufe eilte der 15-jährige Sohn herbei, der den Angreifer von der Mutter wegziehen wollte, dabei aber ebenfalls von mehreren Stichen getroffen wurde, einer davon in der Brust. „Mama, ich muss sterben, aber ich hatte ein schönes Leben“, hat er laut der Ehefrau geschrien.
Seine 13-jährige Schwester wurde achtmal von der Waffe getroffen, die Jüngste erlitt durch das Feuer Verbrennungen zweiten und dritten Grades.
34-Jähriger hat die Tat gestanden, sein Motiv ist weiterhin unklar
Nach der Bluttat in der Wohnung soll der Angeklagte sich gereinigt und umgezogen, dann aus dem Auto einen Zehn-Liter-Benzinkanister geholt, den Inhalt im Flur ausgekippt und mit einem Streichholz entzündet haben. Der im Nachbarhaus wohnende Bruder der Mutter hörte die Hilferufe seiner Verwandten und rettete sie mit einer Leiter aus dem brennenden Gebäude. Mehrere Mieter erlitten Rauchvergiftungen. Alle verloren ihr Heim. Der mutmaßliche Täter stellte sich Stunden später der Polizei.
Warum der geständige Mann das Verbrechen begangen hat, ist auch in bisher sechs Prozesstagen nicht deutlich geworden. Der Bäcker hat nach den Feststellungen des Sachverständigen Wolfgang Schwachulla Schwierigkeiten im Umgang mit den eigenen Gefühlen, aber das erklärt für Beobachter nicht das Verbrechen. „Sie sind mir ein Rätsel“, sprach Nebenklagevertreterin Sigried Aretz den Angeklagten an. Er sei völlig emotionslos.
„Warum diese Tat?“, fragte auch Verteidiger Albert Stumm und wies auf Widersprüchlichkeiten seines Mandanten hin. „Ich liebe dich doch“, habe er seiner Frau zugerufen, die er gerade verletzt habe. Deren Anwältin Ute Heß wies darauf hin, dass die Eheleute sich kurz vor der Tat per SMS noch Liebesschwüre geschickt hätten. Dabei hatte er längst eine Geliebte und sich eine eigene Wohnung gemietet. Die Staatsanwältin glaubt, dass er für die Neue frei sein wollte und deswegen die Tat geplant habe: „Das war kein Affekt.“
In seinem letzten Wort stammelte der Angeklagte unter Tränen, er hoffe, seine Kinder wiedersehen zu können. Die Jugendlichen leben bei der Mutter, sind voller Ängste. „Der Vater hat das Urvertrauen der Kinder zerstört, das können sie ihr Leben lang nicht verkraften“, sagte Aretz über die Folgen des Geschehens. Das Urteil soll am 18. März gesprochen werden.