Autor wagt SelbstversuchWie ein Amateur „Rad am Ring“ in der Eifel übersteht
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Bonn/Nürburg – Erst am Donnerstag wurde mir bewusst, was das für eine verrückte Idee ist. Ein Zurück gab es aber nicht mehr – deswegen stehe ich heute Morgen direkt an der Rennstrecke des Nürburgrings. Statt einer Testfahrt in einem PS-Monster wartet eine Herausforderung ganz anderer Natur auf mich.
Ich setze mich auf mein Rennrad und fahre in den Startbereich vom 24 Stunden-Rennen bei „Rad am Ring“, dem jährlichen Radsportfestival, dass Tausende Begeisterte in die Eifel lockt. Um ehrlich zu sein, ich hab die gepolsterten Radhosen ganz schön voll.
Alles fing damit an, dass meine Schwester Anna mit zwei befreundeten Triathleten in einer Staffel beim Bonn-Triathlon startete. Die beiden Radsportverrückten Sybille Krauß und Hans Schächl übernahmen die Lauf- und Fahrradteile der Strecke, meine Schwester schwamm. Ich stand zum Anfeuern an der Seitenlinie und bekam Lust, auch mal bei solch einem großen Sportevent mitzumachen. Dann kam die Anfrage der beiden Hobbytriathleten. Sie suchten noch zwei Mitfahrer für ihr Vierer-Team beim 24-Stunden-Radrennen am Nürburgring. Ein Rennrad fahre ich, mitmachen wollte ich dort schon vor zehn Jahren: Nun kam meine Chance.
Nachgedacht habe ich darüber zum Glück nicht, denn die Vorzeichen sprechen eher gegen einen Start. Seit zwei Jahren laboriere ich an einer Hüftverletzung, im Sommer arbeite ich zusätzlich als Rettungsschwimmer. Viel Zeit blieb da für die Vorbereitung nicht. „Sportlich, aber trinkt gerne Hefeweizen“, beschreibt meinen körperlichen Zustand vermutlich gerade ganz gut. Etwas über 100 Kilogramm bei 1,90 Metern Körperlänge muss mein Stevens Aspin tragen. Nichtsdestotrotz geht es heute durch die „Fuchsröhre“ und rauf auf die „Hohe Acht“.
Als ich am Donnerstag zum letzten Check am Rennrad bei meinem guten Freund und mehrfachen deutschen Amateur-Straßenradrennmeister Jean Franzen im „Drahtesel“ in Bad Godesberg war, wurde mir klar, worauf ich mich da eingelassen habe. „Oh, Nürburgring? Die Strecke bin ich in der Vorbereitung mit der Nationalmannschaft immer gefahren, und ich hab’ sie gehasst“, stöhnte Franzen. Wenn selbst der ehemalige Modellathlet so etwas sagt, was zur „grünen Hölle“ erwartet dann mich als Amateurfahrer, der nur rund 2500 Kilometer im Jahr fährt? Ähnlich denkt wahrscheinlich Teamkollege Nummer vier, Dennis Krämer, der Freund meiner Schwester. Er hat vor acht Wochen zum ersten Mal auf einem Rennrad gesessen. Ich habe meins immerhin seit sieben Jahren. Zum Glück sind wir Teil eines Teams, das nicht zum ersten Mal dabei ist und während der wenigen Vorbereitungsfahrten immer wieder über die Mitfahrer vom Vorjahr geschimpft hat: „Die haben uns nicht geweckt und sind selbst nur drei Runden gefahren – zusammen“, meckerte Sybille. Die Anforderungen an mich sind also gering.
Das Ziel lautet: drei oder vier Runden schaffen
Mein Ziel ist, drei Runden beizusteuern, wenn alles gut läuft auch vier. Ich darf natürlich auch gleich die Eröffnungsrunde auf der 26 Kilometer langen und 580 Höhenmeter umfassenden Strecke absolvieren. Gut, dass ich mir um die anderen beiden keine Sorgen machen muss. Sybille und Hans sind erst letzte Woche beim Charity-Event „Zwölf Stunden hohler Buckel“ der „Besi&Friends-Stiftung“ mehrere Tausend Höhenmeter an einem Tag gekraxelt. Dank der beiden waren auch alle Dinge von der langen Packliste für das Camping-Wochenende schnell im Transporter verstaut. Die Sorgen mache ich mir eher um mich und ob ich den Berg rauf komme.
Kilometerlange Steigungen und der harte Anstieg rauf auf die Hohe Acht – das mit einer Übersetzung, die nicht gerade für Bergsteiger geeignet ist (39-25 Zähne ist meine „leichteste“ Kombination). Im Zweifel heißt es: Wer sein Zweirad liebt, der schiebt.