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Simon Böer lebt wieder in Bonn„Ich wäre gern Bonner ,Tatort’-Kommissar“

Lesezeit 7 Minuten

Ein Kindheitstraum ging für Simon Böer in Erfüllung, als er im Weihnachtszirkus als Clown mitspielen durfte.

BonnSie spielen in der ZDF-Serie den evangelischen Pfarrer Andreas Tabarius, der sich als alleinerziehender Vater um seine vier Söhne kümmert. Was hat sie an dieser Rolle fasziniert?

Die Serie bietet eine große Projektionsfläche, weil es eine Familiengeschichte ist. Einen alleinerziehenden Vater von vier Söhnen zu spielen, ist eine große Herausforderung. Dazu ist Tabarius auch noch Pfarrer und muss auch ansprechbar sein für seine anderen Schäfchen in der Gemeinde. Dieser Mix hat mich gereizt. Es ist eine schöne, warmherzige empathische Männerfigur, die da erzählt wird. Bei seinen Söhnen muss der Pfarrer aber hin und wieder auch einmal strickt durchgreifen, damit sie ihm nicht allzu sehr auf der Nase herumtanzen. Das macht Spaß. Außerdem ist es ein tolles Team, das auch oft privat miteinander unterwegs ist, zumindest die Jungs und ich.

Der Weihnachtszirkus in Bonn mögen sie besonders gern. Woher kommt diese Liebe?

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Die haben mir meine Eltern geschenkt, weil sie früher sehr oft mit mir in den Zirkus gegangen sind. Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich als Vierjähriger Rotz und Wasser geheult habe, als der erste Zirkus, den ich besucht habe, weitergezogen ist. Ich wollte unbedingt mitreisen, und meine Eltern haben sich ernsthaft Sorgen gemacht, weil ein Vierjähriger eine Woche lang getrauert und gefragt hat, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, ihn dort unterzubringen. Dieses Gefühl ist irgendwie geblieben. Die Manege und die Bühne sind mit dafür verantwortlich, dass ich heute Schauspieler bin.

Könnten Sie sich vorstellen, selbst ein Artist zu sein?

Das ist ein Knochenjob, und dafür entscheidet man sich nicht mal eben so. Die Artisten, die in dem Weihnachtszirkus auftreten, üben schon seit Kindertagen. Aber wir hatten auch Akrobatik und Artistik in der Schauspielschule, und von daher sind mir einige Ansätze von Zirkusnummern bekannt. Aber es sind unterschiedliche Berufe, und deshalb wäre es anmaßend zu sagen, ich gehe jetzt mal eine Zeit lang zum Zirkus. Ich finde es sehr schön, dass beim Weihnachtszirkus Pferdenummern gezeigt werden und der Fokus auf Artisten und Clowns liegt. Da werde ich wieder zum Kind, wenn ich auf den Rängen sitze.

Bei der Premiere standen Sie selbst in der Manege. Wie hat Ihnen das gefallen?

Ich war so aufgeregt wie noch nie, weil ein Kindheitstraum in Erfüllung ging. Es war mein erstes Mal in der Manege und dann noch mit dem großen Andrey Jigalov, den ich schon vorher kannte und den ich sehr, sehr schätze. Russische Kollegen und Freunde haben mich alle beneidet, dass ich mich diesem Mann auftreten durfte. Mein Sohn Milon war dabei, und er war etwas erstaunt, als Papa vor der Pause aufstand und sagte, wir sehen uns später, ich kann jetzt gerade nicht mitgucken. Als ich dann mit Jigalov in die Manege kam, war das für Milon das Größte.

Reizt Sie die Rolle des Clowns besonders?

Das reizt mich schon sehr, aber ich habe den humorloseren Part übernommen. Ich habe den Magier gespielt, der versucht eine Nummer mit Bonbons zu zeigen und die Vorlagen für den Clown liefert. Jigalov hat sie dann zu Lachern verwandelt. Allgemein reizt mich Comedy schon sehr. Ich habe am Anfang des Jahres bei der „Kuhflüsterin“ mit Cordula Stratmann mitgewirkt, das ist aber doch noch etwas anderes als einen Clown zu spielen. Eine richtige Clownnummer werde ich mir irgendwann noch einmal erfüllen, weil es nichts schöneres als die direkte Reaktion des Publikums und lautes Kinderlachen gibt. Das war toll.'

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Simon Böer für seine Karriere in Bonn plant.

Sie spielen Theater und sind in Serien und in Filmen dabei. Was macht Ihnen am meisten Spaß?

Die Bühne beziehungsweise die Manege ist ein toller Ort für einen Schauspieler, weil man eben die Reaktionen des Publikums direkt mitbekommt. Das ist wie eine Welle, auf der man reitet. Wenn man dreht, ist das ein anderes Arbeiten, das sind fast zwei verschiedene Berufe. Ich darf beides machen und möchte das auch beibehalten. Ich kann mich jetzt gar nicht entscheiden, was schöner ist. Es hat beides seinen Reiz.

Sie sind in Bonn geboren und leben jetzt auch wieder hier. Werden die Bonner Sie jetzt häufiger auf einer Bühne erleben?

Das hoffe ich und bitte um Anfragen. Ich freue mich darauf, die Bonner Kulturszene wieder kennenzulernen. Nach 20 Jahren im Berliner Exil ist man etwas raus. In Köln habe ich jetzt schon eine Lesung für die Flüchtlingshilfe gemacht. Ich kann mir schon sehr gut vorstellen die Bühnen der Stadt Bonn zu betreten.

Wie ist das Leben eines Schauspielers?

Es ist kein Zuckerschlecken. Es bedeutet harte Arbeit und Disziplin. Nicht alle Kollegen haben das Glück, so durchgängig zu arbeiten wie ich. Das Leben als Schauspieler ist sehr nomadenhaft geprägt, und man ist von der Familie immer wieder getrennt. Es gab auch Zeiten, in denen ich von einem kleinen Theater zum nächsten getingelt bin. Abgesehen davon ist es ein Beruf, in dem ich spielend mein Geld verdienen kann, und das ist ein Geschenk. Es reizt mich, immer wieder in andere Figuren und Charaktere hineinzuschlüpfen.

Welche Rolle möchten Sie in Ihrem Leben auf jeden Fall einmal gespielt haben?

Ich gehöre zu den Schauspielern, die keine Lieblingsrolle haben. Für mich ist wichtig, dass die Bücher und die Stücke stimmen. Die Arbeit mit den Kollegen und der Regie steht im Vordergrund, und dann kann man aus sehr vielen Drehbüchern tolle Dinge zaubern. Ich glaube, es wäre mal Zeit für einen Bonner „Tatort“-Kommissar. Sollten die Kollegen in Köln irgendwann den Job an den Nagel hängen, dann übernehme ich gern als erster Bonner „Tatort“-Kommissar. Ich glaube auch, dass das seinen Reiz hat, weil Bonn so etwas wunderbar gemütliches, aber eben auch trügerisches Kleinstädtisches hat, zu der mir zahlreiche Geschichten einfallen würden. Wenn man hier aufgewachsen ist, hat man die Sonnen- und die Schattenseiten gesehen.

Um da gleich einzuhaken: Wie lange haben Sie in Bonn gelebt?

Ich bin nach meinem Zivildienst im Therapiezentrum TZ neben der Gesamtschule vorsprechen gegangen. Da war ich 21 Jahre alt. Anschließend habe ich 20 Jahre in Berlin gelebt und bin jetzt mit 41 wieder zurückgekommen. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich fühl mich sauwohl. Viele fragen mich: ,Simon wie ist denn das so, ist dir das nicht zu provinziell nach 20 Jahren Berlin?’ Aber ich genieße diese Entschleunigung, dieses unaufgeregte, aber herzlichere Miteinander hier. Das hat natürlich damit zu tun, dass man wieder nach Hause kommt.

Wie kam es zu dem Umzug?

Meine Frau Anne war so ein bisschen die treibende Kraft. Ausschlaggebend war, dass die Serie „Herzensbrecher“ im Rheinland gedreht wird, und die Pendelei von Köln/Bonn nach Berlin jedes Wochenende wollte ich nicht mehr. Das kann man in einer Beziehung machen, aber nicht mit einer Familie mit Kindern.

Leben Ihre Eltern auch noch hier?

Mein Vater ist leider verstorben, aber meine Mutter lebt hier keine fünf Autominuten von uns entfernt. Durch die Wälder auf der anderen Rheinseite bin ich als kleiner Junge gelaufen und habe Buden und Staudämme gebaut, und das mach ich jetzt wieder mit meinem Sohn zusammen. Das ist schon ein schönes Gefühl, ich bin richtig glücklich. Der Großstadtdschungel in Berlin ist schon etwas anders als der Ennert. Die 16-jährige Mia war jetzt nicht so begeistert von Entschleunigung, aber die fährt jetzt halt hin und wieder nach Berlin und besucht dort ihre Freunde.

Was lieben Sie an Bonn besonders?

Ich finde es gemütlich und unaufgeregt. Die Herzlichkeit des Rheinländers liegt mir einfach. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass ich mir jetzt mit Anfang 40 die Hörner abgestoßen habe und es familiär ruhiger angehen lassen kann. Ich mag auch die Kulturszene hier, da ist wahnsinnig viel in Bewegung. Natürlich hat das auch etwas mit Nostalgie zu tun. Außerdem liebe ich den Rhein, er ist für mich ein Kraftfluss. Und dann die Umgebung mit dem Siebengebirge bietet viel Lebensqualität.

Was finden Sie in Bonn nicht so toll?

Um Kritik zu üben, bin ich nicht lange genug hier. Ich bin erstmal geblendet von den schönen Dingen. Vielleicht reden wir irgendwann noch einmal darüber.

Was erwarten und erhoffen sie von 2016?

Ich freue mich auf einen fantastischen Frühling in Bonn. Dann hoffe ich, dass wir eine vierte Staffel des „Herzensbrechers“ produzieren werden, die dann ab Oktober 2016 bis zum Winter ausgestrahlt wird. Wir haben jetzt am 2. Januar um 19.25 Uhr das große Finale der dritten Staffel. Und um den Kreis zu schließen, freue ich mich wieder auf den Bonner Weihnachtszirkus 2016.