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Proteste150 Fahrzeuge zogen im Konvoi von Bornheim nach Düsseldorf

Lesezeit 5 Minuten
Der Traktor mit einem Protestschild während der Demonstration, die von Bornheim nach Düsseldorf führte.

Die Demonstranten kamen aus dem Sauer- und Siegerland, aus dem Kreis Euskirchen, der Eifel, Hennef, Linz, Swisttal und dem Stadtgebiet Bornheim.

Unzufriedene Bürger schlossen sich Bauerndemo an, die am Samstag von Bornheim-Merten aus nach Düsseldorf zog.

Sprüche wie: „Hand in Hand für unser Land“ und „Wir stehen auf und werden laut, weil ihr unseren Kindern die Zukunft raubt“, zählten am Samstag zu den sanften Worten, die sich die Demonstranten auf ihre Fahrzeuge und auf Plakate geschrieben hatten. Andere waren deutlicher: „Ihr fahrt Deutschland an die Wand“ oder „schlechteste Regierung aller Zeiten – Ampelanlage defekt“. In Bornheim-Merten auf dem Holzweg trafen sich am Samstag ab 10 Uhr Landwirte, Handwerker, Gastronomen, Rentner aber auch Mechaniker und Hobbylandwirte aus der Eifel, aus Hennef, Linz, dem Kreis Euskirchen, aus Bornheim, dem Hunsrück und sogar dem Sauer- und Siegerland.

Mit Polizeibegleitung gingen gegen 12 Uhr rund 150 Traktoren, Motorräder, Lastwagen und Personenwagen im Konvoi auf Demonstrationsfahrt. Über die L183 ging es durch Walberberg, Brühl und Hürth nach Köln sowie weiter bis nach Düsseldorf. Dort kamen weitere Protestteilnehmer hinzu. Bis in den Abend hinein gab es Kundgebungen, in der Nacht zu Sonntag folgte eine Mahnwache und am Sonntag ging der Protest mit Kundgebungen weiter.

Klare Forderungen der Demonstraten an die Politik

Bis kurz vor dem Start haben die Teilnehmer der Demonstration ihre Fahrzeuge noch plakatiert und beschriftet.

Bis kurz vor dem Start haben die Teilnehmer ihre Fahrzeuge noch plakatiert und beschriftet.

Viele Teilnehmer stellten mit ihren Aufschriften auf Fahrzeugen und Plakaten ganz klare Forderungen an die Politik: Auf vielen Fahrzeugen stand: „Die Ampel muss weg.“ Andere hatten es detaillierter aufgeschrieben: „Mittelständisches Transportgewerbe erhalten, keine CO2 Doppelbelastung für Maut und Diesel“ etwa, und „mehr Investitionen in Straßen, Brücken und Parkplätze.“ Und es waren längst nicht nur Landwirte, die dem Aufruf der Organisation „Land schafft Verbindung“ und der Demogemeinschaft 2.0 gefolgt waren, um bei dieser Sternfahrt und der Demo vor dem Landtag in Düsseldorf ihren Frust rauszulassen.

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Denn sie alle verband auch eine große Sorge um ihre Zukunft und das Gefühl, von der aktuellen Regierung einfach nicht mehr ernst und wahrgenommen zu werden. „Ich bin seit zehn Monaten Rentner und muss jetzt feststellen, dass ich 50 Jahre in ein System eingezahlt habe, dass mir jetzt eine Rente auszahlt, von der ich gar nicht leben kann“, berichtete zum Beispiel Manfred Gronow (67). Er sei zutiefst enttäuscht und fühle sich regelrecht hintergangen. „Ich bin mit dieser Regierung nicht mehr einverstanden“, betonte er.

„Ich habe Angst vor der Zukunft und dem Dritten Weltkrieg“, begründete Anja Kühn (42) ihre Teilnahme. Sie war aus der Eifel ins Vorgebirge gekommen. „Diese Regierung“ gehe ihr echt nach. „Mit Waffen wurde noch niemals Frieden gestiftet“, sagte sie. Am liebsten wäre es ihr, wenn sich die Politiker selber in die Schützengräben legen müssten, um am eigenen Leibe zu erfahren, wie das ist. „Aber diese Regierung denkt nicht mehr an ihr Volk“, ist sie überzeugt. Dabei habe doch jeder von ihnen einen Eid geschworen und sich dabei verpflichtet, Schaden vom Volk abzuwenden. „Aber die machen genau das Gegenteil“, findet sie.

Es gehe nicht mehr nur um Landwirte, sondern um alle Menschen in Deutschland

Das Maß scheint voll. Längst nicht nur Landwirte, sondern auch Spediteure, Mechaniker, Gastronomen und Handwerker, aber auch Rentner haben sich dem Protestzug angeschlossen.

Das Maß scheint voll. Längst nicht nur Landwirte, sondern auch Spediteure, Mechaniker, Gastronomen und Handwerker, aber auch Rentner haben sich dem Protestzug angeschlossen.

„Wir alle sind ein Volk und ich hoffe, dass uns bald auch die Migranten bei unserem Protest begleiten“, wünschte sich Julian Merten aus Hennef. Er hatte den Protestzug von Bornheim nach Düsseldorf bei der Polizei angemeldet. „Mit unserem Protest wollen wir auf die katastrophale Politik aufmerksam machen“, erklärte er. Und: „Wir wollen eine Politik für und nicht gegen die Bürger.“ Dabei gehe es längst nicht mehr nur um die Landwirte. „Alle Menschen in Deutschland sind betroffen“, betonte er.

Genauso sehen das auch Carsten und Kerstin Schakowske aus Göttingen. „Wir sind hier, um für den Mittelstand und für alle Rentner und gegen den Krieg und gegen diese Regierung zu demonstrieren“, sagten sie. Und dann erzählten sie, wie sie in ihrer Heimat morgens einen Rentner gesehen hätten, der leere Flaschen sammelte, weil seine Rente nicht zum Leben reiche. „Wir sind alle sehr unzufrieden mit der ganzen wirtschaftlichen Lage“, sagte der Bornheimer Hobbylandwirt Klaus Martin Stollenwerk. Richtig Sorgen mache ihm aber die Situation der Landwirte. „Nehmen wir mal an, dass ein Landwirt für seinen Blumenkohl 80 Cent vom regionalen Lebensmitteleinzelhandel bekommt“, erklärte er. Im Geschäft werde dieser Blumenkohl dann trotz kurzer Transportwege als regionales Erzeugnis allerdings selten unter vier Euro angeboten. „Und dann gehen die Lebensmittelgeschäfte hin und legen den Blumenkohl für 1,90 Euro aus Italien direkt neben den aus der Region“, schilderte er die Lage und stellte dann die Frage: „Was glauben, sie, welcher Blumenkohl bleibt liegen.“

Solidarität mit den Landwirten

„So geht unsere Landwirtschaft kaputt – so sind unsere Landwirte nicht konkurrenzfähig“, erklärte er. Bedenklich findet er, dass Landwirte einen Sachkundenachweis bräuchten, Politiker aber nicht: „Und die treffen Entscheidungen für unser Land.“ Gar nicht gut ist auch der Mertener Gastronom Jaman Zdenko auf die Ampelregierung und insbesondere auf den Bundeskanzler zu sprechen. „Er hat vor laufender Kamera gelogen“, sagte Zdenko und erinnerte an die sieben Prozent-Debatten. Schon lange vor Corona hätte der Verband des Hotel- und Gaststättengewerbes dafür gekämpft, die Mehrwertsteuer für Speisen von 19 auf sieben Prozent zu senken. Während der Pandemie sei die Mehrwertsteuer dann wirklich herabgesetzt worden. Und sie werde auch nicht wieder angehoben, habe Bundeskanzler Olaf Scholz damals versprochen, sein Wort aber nicht gehalten.

„Ich habe mich dieser Demonstration als unzufriedener Bürger angeschlossen“, berichtete Josef Schön. Außerdem sei es ihm wichtig, sich solidarisch mit den Landwirten zu zeigen. „Auch ich unterstütze diese Aktion gerne und zu 100 Prozent“, sagte Karl-Josef Welter aus Gymnich. Er fuhr mit seinem Motorrad im Konvoi mit.