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Bedrohte katholische BüchereienDer Protest gegen die Schließung formiert sich

Lesezeit 5 Minuten

In der Bücherei Rheinbach machen sich Leiterin Daniela Hahn (l.) und Gabriele Funke Sorgen um die Zukunft der Einrichtung.

Rhein-Sieg-Kreis – Von der Nachricht, dass das Erzbistum Köln bis Ende 2023 seine finanzielle Förderung von sieben Vertragsbüchereien einstellt, die von Kirchengemeinden im Verbund mit der örtlichen Kommune betrieben werden, war der Meckenheimer Bürgermeister Holger Jung genauso überrascht worden wie die Leiterinnen und Leiter der Büchereien selbst (wir berichteten). Nach der Lektüre der Bonner Rundschau hatte der Verwaltungschef sofort Kontakt aufgenommen zu seinen Amtskollegen in Alfter und Rheinbach, deren Büchereien auch betroffen sind. Alle drei wollen sich jetzt schriftlich an das Erzbistum Köln wenden und ihr Missfallen bekunden.

Der Rheinbacher Pfarrer Bernhard Dobelke ist davon, was seine Kirchengemeinde angeht, bedingt begeistert. Zwar helfe alles, was dazu beitrage, die Bücherei zu erhalten, aber „wir stehen schon lange mit der Stadt in Verhandlungen über einen neuen Vertrag“, sagt der Seelsorger. Denn Rheinbach habe den Betrag, den es für die Bücherei übernimmt, seit einiger Zeit stark gedeckelt. „Unsere Finanzlage war schon lange nicht mehr auskömmlich“, so Dobelke, die katholische Kirchengemeinde St. Martin habe stets Rücklagen in die Hand nehmen müssen. Mehr als 50 Prozent des Unterhaltungsbetrags der Bücherei sei in Rheinbach aus Kirchenmitteln bestritten worden. Insofern stelle sich hier die Situation etwas anders dar als in Meckenheim und Alfter.

Bücherei als wichtiger Anlaufpunkt

Fällt jetzt auch noch der fünfstellige Betrag, den das Erzbistum überweist, weg, „können wir das nicht mehr stemmen“, befürchtet Dobelke. Dabei sei die Bücherei am Lindenplatz „auch über die Pfarrei hinaus ein wichtiger Anlaufpunkt für viele Menschen“. Viele hätten sich während der Pandemie nicht getraut, herauszugehen, „aber mal ein Buch abholen, das war noch drin“, so der Pfarrer. „Uns sind Menschen aller sozialen Schichten willkommen. Und wir möchten die Bücherei erhalten“, macht Dobelke deutlich.

„Wir verstehen uns als Treffpunkt, als pastoraler Ort“, beschreibt es auch Büchereileiterin Daniela Hahn. Nicht nur das, denn gerade auch die Nachwuchsarbeit sei eine wichtige Säule: „Wir arbeiten mit vielen Kindergärten und Schulen zusammen, beispielsweise bei den Bibliotheksführerscheinen für Vorschulkinder. Wir sind neben der Schule und den Eltern das dritte Bein der Leseförderung“, so Hahn. All das würde wegfallen, wenn die Bücherei schließen muss.

Kümmern sich in der Meckenheimer Bücherei St. Johannes mit viel Engagement um die Ausleihe: Mechthild Nitsche, Marion Willenbücher, Herbert Kalkes (v. l.).

Auf Anfrage, ob die Stadt weitere Mittel übernehmen könnte, antwortet der Rheinbacher Stadt-Sprecher Norbert Sauren: „Die städtischen finanziellen Belastungen zur Förderung des Betriebes der Bücherei sind als ,freiwillige Ausgaben’ eingestuft. Derzeit leistet die Stadt Rheinbach für den Betrieb der Bücherei jährlich einen Zuschuss in Höhe von 75 000 Euro. Die vertragliche Vereinbarung gilt noch bis zum 30. Juni 2023. Hinsichtlich einer darüber hinausgehenden Kooperation befinden sich beide Vertragspartner in Kontakt.“

Ort der Kommunikation und Begegnung

Herbert Kalkes, Leiter der Katholischen Öffentlichen Bücherei St. Johannes der Täufer in Meckenheim, beschreibt die Einrichtung am Kirchplatz ähnlich wie seine Rheinbacher Kollegin: „Die hauptamtlichen Büchereien mit Vertrag zwischen Stadt und Kirche sind ein Ort der Kommunikation und Begegnung für Kirchennahe und Kirchenferne. Als Stadtbücherei leisten wir für alle Bürger der Stadt gute und verlässliche Arbeit in der Ausleihe, bei der Leseförderung und dem Medienkompetenzerwerb. In unseren Büchereien kann Kirche positiv erlebt werden; eine große Chance für die Kirche bei den vielen Negativmeldungen. Hier spart die Kirche, entledigt sich gut gehender Einrichtungen, die in Zukunft bei unserem sozialen Wandel noch dringender erforderlich sind.“

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Mit Bestürzung hat die Meckenheimer CDU auf die Ankündigung des Erzbistums reagiert, sich 2023 aus der Finanzierung zurückzuziehen. „Die professionell geführte Bücherei in der Adolf-Kolping-Straße ist ein wesentlicher Bestandteil des Meckenheimer Kulturlebens“, so Stadtverbandsvorsitzender Rainer Friedrich. „Das Modell, die Kosten zwischen Kirche und Kommune aufzuteilen, hat sich bewährt. Dies jetzt einseitig aufzukünden, hat gravierende Folgen.“

Schon heute zahle die Stadt jährlich 148 000 Euro – eine sogenannte freiwillige Leistung, die nicht beliebig erhöht werden kann – für den Betrieb der Bücherei. Die Kommune ist auch für die Bewirtschaftung des Gebäudes zuständig, das aber im Besitz der Kirche ist. „Die Stadt und ihre Bürger leisten also schon einen erheblichen Beitrag“, so die kulturpolitische Sprecherin Sabrina Gutsche.

CDU appelliert ans Erzbistum

Eine rein ehrenamtlich geführte Bücherei würde erheblich weniger leisten können; eingeschränkte Öffnungszeiten, weniger Auswahl und weniger Engagement im öffentlichen Leben wären unweigerlich die Folge. Es sei auch sehr fraglich, ob ein Förderverein in der Lage sei, den Anteil der Kirche auszugleichen. Die CDU fordert das Erzbistum auf, die Meckenheimer Bücherei – ebenso wie die übrigen sechs betroffenen – nicht im Regen stehen zu lassen und auch etwas für das eigene Image als Bildungsträgerin zu tun.

Bürgermeister Holger Jung will die Entscheidung, über die die Stadt im Vorfeld nicht informiert worden sei, nicht einfach hinnehmen. Für den 1. Juli ist ein Gespräch mit der Kirchengemeinde geplant. Auch die Büchereileitungen werden offenbar aktiv: Nach Rundschau-Informationen soll kommenden Mittwoch ein Treffen von Mitarbeitern aller sieben betroffenen Büchereien stattfinden.

In Alfter machen der CDU-Ortsverband und die Freien Wähler mobil und fordern den Erhalt der Bücherei am Hertersplatz. Die habe „mit großem Unverständnis die beabsichtigte Beendigung der Finanzierung der Katholischen Bücherei im Ort durch das Erzbistum zur Kenntnis genommen“ und schickt die Forderung nach Köln, diese Entscheidung zurückzunehmen. Norbert Lehna, Ratsmitglied und Ortsvorsteher von Alfter, ist „besonders entsetzt darüber, dass die Entscheidung so kurz nach der durch die öffentliche Hand und private Spenden finanzierte Sanierung verkündet wurde“. Gerade diese Privatspenden zeigten aber auf, welch hohen Stellenwert die Bücherei bei der Bevölkerung hat, ergänzt Joslyn Reingen, Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes.

Die Ratsfraktion der Freien Wähler Alfter hat folgenden Antrag formuliert: „Die Gemeinde stellt sicher, dass die jetzigen katholischen Büchereien in der Gemeinde als Gemeinde-Büchereien nahtlos weiterbetrieben werden können, sobald die Verträge mit dem Erzbistum auslaufen.“ Bürgermeister Rolf Schumacher solle klären, inwieweit auch die katholischen Büchereien in Alfter, Oedekoven, Witterschlick und Volmershoven davon betroffen sind.

Das Bistum hatte vergangenen Mittwoch eine Liste von sieben Büchereien vorgelegt, deren finanzielle Förderung Ende 2023 ausläuft. Darin waren Alfter, Kerpen, Kürten, Meckenheim, Overath, Pulheim-Stommeln und Rheinbach genannt.