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Alfter ist SolidaritätspartnerSokal hat schon 7000 Kriegsflüchtlinge aufgenommen

Lesezeit 4 Minuten
Jürgen Perteck von „Menschenfreude“ aus Alfter leistet bereits Hilfe vor Ort.

Jürgen Perteck von "Menschenfreude" aus Alfter leistet bereits Hilfe vor Ort.

Der Gemeinderat von Alfter hat einstimmig eine Solidaritätspartnerschaft mit der ukrainischen Kleinstadt Sokal beschlossen. Dort sind Tausende Kriegsflüchtlinge aufgenommen worden.

„Die Touren sind zu einer traurigen Routine geworden, aus Gründen, die wir alle kennen, aber wir müssen weitermachen. Wir denken bereits über die nächsten Schritte nach. Es ist eine Berufung, für so viele wie möglich etwas zu bewirken, und Versagen ist keine Option“, schreibt Matthias Straub vom Verein Menschenfreude auf dessen Internetseite über die Einsätze der Alfterer Hilfsinitiative im ukrainischen Kriegsgebiet. Ein wichtiger weiterer Schritt ist nun geschafft: Einstimmig und ohne Diskussion beschloss der Gemeinderat eine sogenannte Solidaritätspartnerschaft mit der ukrainischen Kleinstadt Sokal (20 000 Einwohner), die in der Region Lwiw unweit der ukrainisch-polnischen Grenze liegt.

Die Initiative ging von dem Verein Menschenfreude aus, den der Gielsdorfer Jürgen Perteck vor einigen Jahren gegründet hatte, um Menschen weltweit, aber auch vor Ort in der Gemeinde Alfter oder in den Städten Bonn und Köln zu helfen. Der Verein arbeitet seit einiger Zeit mit der Caritas der Stadt Sokal zusammen und liefert vor allem Krankenbetten und medizinische Güter.

Besuch der Delegation aus Sokal im Alfterer Rathaus, unter anderem mit Sokals Bürgermeister Sergiy Kasian (6. von rechts) und Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher (rechts).

Besuch der Delegation aus Sokal im Alfterer Rathaus, unter anderem mit Sokals Bürgermeister Sergiy Kasian (6. von rechts) und Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher (rechts).

Der fortdauernde Angriffskrieg Russlands stellt die Stadt vor extreme Herausforderungen, schilderte Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU). Etwa 7000 Binnenflüchtlinge leben mittlerweile dort, die Stadt hat mehr als 80 gefallene Soldaten zu beklagen. Bereits zweimal war Sokals Bürgermeister Sergiy Kasian schon zu Gast im Alfterer Rathaus. Beim ersten Mal kam er privat, beim zweiten Besuch hatte ihn eine Delegation mit ukrainischen Ärztinnen und Ärzten begleitet, die für eine Woche die psychiatrischen Fachkliniken des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) und der Universität Bonn konsultierten.

Sokal und Alfter streben nun die Solidarpartnerschaft an, um verschiedene Vernetzungs-, Beratungs- und Förderangebote der „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ (SKEW) nutzen zu können. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt dieses bereits 2015 gegründete Netzwerk aus 200 formalisierten und nicht-formalisierten kommunalen Partnerschaften, um die Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck zu bringen.

Solidaritätspartnerschaften sind anlässlich des Krieges neu entstandene kommunale partnerschaftliche Beziehungen, die unabhängig davon sind, ob sie formal mit einer Partnerschaftsurkunde geschlossen wurden oder eine nicht-formalisierte Verbindung darstellen. Bei dem Besuch der Delegation aus Sokal im Oktober, an der neben Bürgermeister Sergiy Kasian auch der leitende Direktor des regionalen Krankenhauses, Dr. Roman Shved, und die stellvertretende Leiterin der dortigen Caritas, Mariana Yaremchuk, teilnahmen, gab es im Alfterer Rathaus Gespräche über das Gesundheits- und Sozialsystem in Deutschland. Mit Sozialamtsleiter Markus Jüris besuchten die Gäste auch eine Flüchtlingsunterkunft im Schloss Alfter, in der ukrainische Schutzsuchende untergebracht sind.

Solidaritätspartnerschaft zwischen Sokal und Alfter: Hoffnung auf Frieden

Perteck sprach allen Ratsmitgliedern und auch der Verwaltung, federführend Bürgermeister Rolf Schumacher, einen großen Dank aus für die intensive monatelange Begleitung und das dem Verein entgegengebrachte Vertrauen, wie er der Rundschau gegenüber betonte: „Dass wir nun diese Solidaritätspartnerschaft zwischen Sokal und Alfter schaffen, damit hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht gerechnet. Möge die Partnerschaft der Beginn einer langen und hoffentlich bald auch friedlichen Reise werden. Uns sollte aber allen bewusst sein, ein Kriegsende bedeutet nicht das Hilfeende.“

Als der Krieg ausbrach, war es Perteck persönlich wichtig zu helfen. Anfang März 2022 hatte er sich mit seinem Wohnmobil mit Anhänger begleitet von Hund Arthur auf den Weg zur polnisch-ukrainischen Grenze aufgemacht, um Hilfsgüter zu verteilen. Viele ehrenamtliche Mitstreiter fanden sich im Lauf der Zeit, so dass mittlerweile mehrere Transporte mit zwölf Fahrzeugen und zwei Lkw in die Ukraine reisten, um dort Hilfsgüter zu verteilen.

Ich bitte Gott jeden Tag um das Ende aller Kriege der Welt und wünsche mir, dass am Ende die Menschlichkeit siegt.
Jürgen Perteck, Verein Menschenfreude

Die gemeinnützige Organisation wurde 2018 in Alfter-Gielsdorf von Jürgen Perteck und seinem Sohn Maximilian, damals 13, gegründet, nachdem dieser nach einem Schüleraustausch des Collegiums Josephinum Bonn in Nepal teilgenommen und dort erlebt hatte, unter welch schlimmen Zuständen Mädchen und Jungen in einem Kinderheim leben mussten. Gemeinsam mit seinem Vater, der Pilot ist, und einem Team reisten sie nach Kathmandu, um vor Ort zu helfen. So entstand der Verein Menschenfreude, der heute mit zahlreichen Programmen weltweit und lokal ehrenamtlich aktiv ist, um Menschen in ihren prekären Lebenslagen zu helfen, sie nicht alleine zu lassen und ihnen eine Freude zu bereiten. Die Helfer sind aber auch vor der eigenen Haustüre aktiv und unterstützen beispielsweise Obdachlose in Bonn und Köln. Wer sich interessiert: der Verein hat auch eine Internetseite.