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Vettel gedemütigt und ernüchtert - Hamilton unaufhaltsam

Lesezeit 4 Minuten

Budapest – Nach der Demütigung auf dem Hungaroring rang Sebastian Vettel kurz nach den passenden Worten. Am Ende zog der viermalige Weltmeister aus Deutschland ein mehr als ernüchterndes Fazit nach seinem sechsten Platz beim Großen Preis von Ungarn.

„Ich hätte gehofft, dass ein bisschen mehr drin ist”, sagte der viermalige Formel-1-Weltmeister, aber: „Ich glaube, im Moment ist es das, was für uns möglich ist.”

Zwölf Runden vor Schluss hatte Lewis Hamilton den 33-Jährigen überrundet, der vom Dauer-Herausforderer zum hilflosen Mitfahrer mit einem zu schwachen Ferrari geworden ist. „Wir wissen nicht erst seit heute, dass Mercedes in einer anderen Klasse fährt”, konstatierte Vettel, für den nach einem verpatzten Boxenstopp nach eigenen Angaben maximal Platz fünf drin gewesen wäre.

Hamilton egalisierte indes am Sonntag mit seinem überlegenen achten Sieg auf dem Hungaroring auch die Bestmarke von Erfolgen auf einer Strecke von Michael Schumacher. Dem Rekordweltmeister waren einst acht Siege beim Großen Preis von Frankreich in Magny Cours gelungen. Am Samstag hatte Hamilton in der Qualifikation mit seiner siebten Pole Position in Ungarn eine weitere Bestmarke des mittlerweile 51 Jahre alten Schumacher eingestellt. „An diesem Wochenende war alles auf den Punkt. So müssen wir jetzt weitermachen”, sagte Hamilton.

In zwei Wochen kann er seine Siegesfahrten auf dem Weg zum siebten WM-Triumph fortsetzen: es geht in der verspäteten und verkürzten Corona-Notsaison zum ersten von zwei Heimrennen des Briten in Silverstone.

Zweiter in Budapest wurde Max Verstappen, der in der Aufwärmrunde seinen Red Bull mit einem Einschlag in die Streckenbegrenzung noch demoliert hatte. „Ich habe am Anfang gedacht, ich fahre dieses Rennen nicht. Dann noch Zweiter zu werden, ist wie ein Sieg”, meinte der Niederländer, der Valtteri Bottas auf Platz drei verwies. Der Finne musste die WM-Führung an Hamilton abgeben, der sich zum Schluss auch noch den Extra-Punkt für die schnellste Rennrunde sicherte und fünf Zähler nach den ersten drei Rennen in drei Wochen vor Mercedes-Stallrivale Bottas liegt.

Vettel ist WM-Zehnter. Platz zehn zum Auftakt, Aus in Runde eins beim zweiten Spielberg-Rennen und nun ein Kampf mehr mit dem Auto als mit der Konkurrenz. Immerhin punktete der gebürtige Heppenheimer im Duell mit seinem elf Jahre jüngeren Teamkollegen Charles Leclerc, der als Elfter nicht mal in die Top Ten kam und kurz vor dem Ende der 70 vor allem in der Anfangsphase sehr turbulenten Runden ein vernichtendes Urteil über den Ferrari fällte: Er sei schlicht unfahrbar.

Nach dem kleinen Hoch mit erstmals beiden Wagen unter den besten Zehn in der Qualifikation erwischten beide auch noch einen guten Start - im Gegensatz vor allem zu Bottas, dessen Stimmung nach dem Rennen eher den dunklen Wolken glich, die immer wieder über den Kurs zogen. Der befürchtete größere Regen blieb im Rennen aber aus, die Strecke trocknete schnell ab und es wurde auch zu einer Reifenzockerei. Von den Mischwetter-Reifen ging es nach nur drei, vier Runden für Hamilton und seine Verfolger auf die Slicks.

Mit welchen Gummis auch immer - Hamilton fuhr nach seiner 90. Pole sein „eigenes Rennen”. Hinter dem 35-Jährigen überraschte Verstappen nicht nur wegen seines Crashs vor dem Start, sondern auch, weil der Red Bull zuvor auf dem nur 4,4 Kilometer langen Kurs nicht wie gewohnt funktioniert hatte. Im Rennen schaffte es aber auch Alexander Albon im zweiten Wagen des österreichischen Teams noch als Fünfter ins Ziel - und damit vor dem ehemaligen Red-Bull-Star Vettel.

Als hätte dieser in seiner Abschiedssaison bei Ferrari nicht schon genug Pannen und Enttäuschungen wie das Aus nach einer Karambolage mit Leclerc in Runde eins vor einer Woche in Spielberg erlebt, ging es in Ungarn weiter. Der gute Start war spätestens Makulatur, als Vettel eine gefühlte Ewigkeit beim ersten Boxenstopp stand: über neun Sekunden - andere brauchen dafür gut zwei Sekunden.

Vettel reihte sich nur auf Rang neun ein und steckte dann auch noch zunächst hinter Leclerc fest, der seinen deutschen Kollegen bremste. „Mein linker Vorderreifen ist tot”, funkte der Monegasse an die Box - kurz zuvor hatte er Vettel passieren lassen. Ferrari holte auch Vettel erneut an die Box, wie Leclerc bekam er nun die härteste und damit haltbarste Reifenmischung. Ein riskantes Spiel: Würde es regnen wie prophezeit, würde der Reifenpoker zum Reinfall. Es blieb aber weitgehend trocken.

Doch die Zeiten, in denen Vettel mit Hamilton zumindest um die WM kämpfen kann, sind vorbei. In der 58. Runde rauschte der sechsmalige Champion bei einer Überrundung an Vettel vorbei. „Will ich mehr Zweikämpfe mit andern Teams? Absolut”, sagte Hamilton danach. Auf Ferrari braucht er nicht zu hoffen. Nach Platz vier zum Auftakt und dem Sieg vor einer Woche droht seine erneute Krönung zur Spazierfahrt zu werden.

© dpa-infocom, dpa:200719-99-849147/6 (dpa)