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Frauen-Bundesliga hofft: „Wenn nicht jetzt, wann dann?”

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Frankfurt/Main – Der Zuschauerrekord soll gleich im Eröffnungsspiel in Frankfurt fallen. Aber was nimmt die Frauen-Bundesliga sonst mit von der euphorischen EM in den Alltag? Mit Argusaugen schaut der deutsche Fußball auf die am Freitagabend beginnende Saison im Land der gefeierten Vize-Europameisterinnen.

„Ich hoffe natürlich schon, dass gerade in den Bundesliga-Spielen viele, viele Zuschauer kommen. Gerade die, die wir neu begeistert haben”, erklärt DFB-Kapitänin Alexandra Popp stellvertretend für viele: „Da sage ich auch ganz ehrlich: Wenn nicht jetzt, wann dann?”

Frauenfußball nach der EM vor dem Aufschwung?

47 Tage nach dem gegen England verlorenen EM-Finale von Wembley hoffen Eintracht Frankfurt und der FC Bayern München mit zahlreichen EM-Teilnehmerinnen am Freitag (19.15 Uhr/Magentasport und Eurosport) auf mehr als 20.000 Fans im Deutsche Bank Park, wo normalerweise Frankfurts Bundesliga-Männer spielen. Angaben zum Stand der verkauften Tickets machte die Eintracht nicht. Die bisherige Besucher-Bestmarke stammt von 2014, als der VfL Wolfsburg gegen den 1. FFC Frankfurt vor 12.464 Fans spielte. Der Titelverteidiger und DFB-Pokalsieger um Popp startet am Samstag gegen die SGS Essen.

Auch am zweiten Spieltag gibt es ein so genanntes Highlight-Spiel in einer großen Arena: Die TSG 1899 Hoffenheim fordert am 24. September (17.55 Uhr) in Sinsheim die Wolfsburgerinnen. Zudem zeigt nicht nur Magentasport, sondern auch die ARD die Samstagabend-Begegnung - die Männer-Bundesliga hat an jenem Wochenende spielfrei. „Wir übertragen in dieser Saison zehn bis zwölf Spiele im Ersten und in den Dritten”, kündigte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky an. Und: „Wir wollen jeden Samstag eine Zusammenfassung in der Sportschau zeigen.”

Fest steht auch, dass die Partie von Werder Bremen gegen den SC Freiburg am achten Spieltag im Weserstadion ausgetragen wird. Alleine durch diese Maßnahmen dürfte der Zuschauerschnitt in der neuen Runde deutlich ansteigen - zuletzt lag er bei nur gut 800.

Durch die EM mit Rekord-Einschaltquoten und begeisternden Spielen hat der deutschen Frauenfußball - wie schon öfter in der Vergangenheit nach Erfolgen des Nationalteams - beste Voraussetzungen für einen enormen Aufschwung. Der Unterschied zu früher: Im Social-Media-Zeitalter sind die Vermarktungsmöglichkeiten ganz andere - und der gesellschaftliche Druck auf Verbände und Vereine, den Fußballerinnen endlich bessere Bedingungen zu bieten, ist hoch. So schaute selbst Kanzler Olaf Scholz kurz nach dem EM-Turnier in der neuen DFB-Zentrale in Frankfurt vorbei, um seiner Forderung nach gleicher Bezahlung der Nationalspielerinnen Nachdruck zu verleihen.

Rummenigge: „In den Frauenfußball investieren”

Karl-Heinz Rummenigge, ehemaliger Vorstandsboss des FC Bayern, forderte die Topclubs der Männer zu weiteren Finanz-Spritzen auf. „Der Erfolg bei der EM darf nicht nur ein Aufflackern gewesen sein. Deshalb sage ich: Es ist eine conditio sine qua non (notwendige Bedingung), dass der Machosport Fußball jetzt auch in den Frauenfußball investiert”, sagte er der „Süddeutschen Zeitung”.

„Wir sehen, dass große Persönlichkeiten aus Sport und Politik genau diese Interviews und Kommunikation wählen. Das ist das, was der Frauenfußball braucht: Akzeptanz auf der höchsten Ebene”, sagte Wolfsburgs Meistertrainer Tommy Stroot. „Der nächste Schritt ist, dass in den Vereinen, die Karl Heinz Rummenigge anspricht, auch etwas passiert und dort Strukturen verändert werden.”

Auch mit der Popularität der deutschen Nationalspielerinnen kann die Liga nun werben. Wolfsburg hat in Jule Brand, Torhüterin Merle Frohms und Marina Hegering gleich drei DFB-Asse verpflichtet. Der VfL würde mit dem Gewinn des achten Titels alleiniger Rekordmeister werden und den 1. FFC Frankfurt (beide sieben) übertrumpfen. Die Bayern starten mit ihrem neuen Chefcoach Alexander Straus sowie Nationalspielerinnen wie Lea Schüller, der Fußballerin des Jahres, Klara Bühl, Giulia Gwinn und Lina Magull - und der einzigen Europameisterin der Liga: der Engländerin Georgia Stanway.

„Man kann nicht erwarten, dass es jetzt von null auf hundert geht und mit 40.000 Zuschauern auf einmal alles ausverkauft ist”, betonte Wolfsburgs EM-Star Lena Oberdorf. „Das ist ein Prozess, der sich erst über Jahre oder vielleicht in dieser Saison entwickeln muss.”

© dpa-infocom, dpa:220914-99-755056/2 (dpa)