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Bronze für deutsches Dressur-Team: „Kirche im Dorf lassen”

Lesezeit 4 Minuten

Herning – Die Unschlagbaren sind noch schlagbar. Nach sechs Goldmedaillen bei internationalen Großereignissen ist die deutsche Siegesserie in der Dressur mit einer neuformierten Equipe beendet.

Mit vier neuen Paaren musste sich das Team bei der WM in Herning mit Bronze hinter Gastgeber Dänemark und Großbritannien begnügen.

Brite Hughes startet mit Corona

Für Aufsehen sorgte, dass der britische Reiter Gareth Hughes trotz einer Corona-Infektion gestartet war. Das war erst in der Pressekonferenz nach dem Wettbewerb bekannt geworden. „Er hat Covid”, sagte sein Mannschaftskollege Richard Davison. Ohne das Ergebnis von Hughes hätten die Briten nicht den zweiten Platz belegt, sondern Deutschland. „Es ist erlaubt”, sagte Davison. „Er muss nach den geltenden Gesetzen nicht in Quarantäne”, sagte eine Sprecherin des britischen Teams. Alle Regeln seien eingehalten worden. „Er hat Abstand zu allen gehalten”, erklärte sie.

Die deutschen Delegation beschäftigte sich dennoch mit dem ungewohnten dritten Platz. „Wir haben trotzdem unsere Ziele erreicht”, sagte Dennis Peiler, Sportchef des deutschen Reitverbandes FN, zum Abschneiden: „Wir wollten uns für Olympia qualifizieren, das haben wir geschafft. Und wir wollten eine Medaille, das haben wir auch geschafft. Insofern können wir zufrieden sein.”

Deutsche Siege schienen in der Dressur lange selbstverständlich, das sind sie aber nicht mehr. „Man muss die Kirche auch im Dorf lassen”, sagte Rekord-Reiterin Isabell Werth. Schon im Vorfeld galt das Quartett um die siebenmalige Olympiasiegerin nicht als Favorit. Allerdings war Platz zwei das Minimalziel.

Bundestrainerin Theodorescu: „Wir sind im Umbruch”

„Die Hoffnung lag höher”, räumte Equipe-Chef Klaus Roeser zu: „Grundsätzlich sind wir aber zufrieden. Mehr war heute hier nicht drin.” Auch Bundestrainerin Monica Theodorescu war nicht enttäuscht. „Alle Paare haben geliefert”, meinte sie: „Wir sind im Umbruch und haben keine Paare für mehr als 80 Prozent, deshalb wäre mehr utopisch gewesen.”

Cathrine Laudrup-Dufour mit Vamos Amigos war als letzte dänische Starterin im Grand Prix zu stark. Der deutsche Schlussreiter Frederic Wandres aus Hagen bei Osnabrück mit Duke of Britain konnte ihr Ergebnis bei seinem ersten WM-Ritt nicht toppen und auch die Briten nicht mehr vom zweiten Platz verdrängen. „Es ist natürlich auch gut für den Sport, wenn es spannend ist”, sagte Werth.

Erfolge sind nicht selbstverständlich. „Wir können nicht immer davon ausgehen, dass wir mit vier Paaren anreisen, die 80 Prozent plus holen”, sagte Werth. Das gilt auch für sie selber: Nach dem Karriere-Ende ihrer Toppferd Bella Rose und Weihegold musste sich Quantaz einsetzen, der nicht die außergewöhnliche Klasse besitzt und nach Problemen in Aachen bei der WM eine gute Leistung zeigte.

Deutschland startete in Herning mit einer neuen Mannschaft. Von den Paaren, die vergangenes Jahr Gold bei den Olympischen Spielen und bei den Europameisterschaften gewonnen hatten, war in Dänemark keines am Start. Vor allem die zuletzt unschlagbare Doppel-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera wurde vermisst.

Die Grundlage für die Medaille hatten beim Auftakt am Samstag Ingrid Klimke aus Münster mit Franziskus und Benjamin Werndl aus Tuntenhausen mit Famoso gelegt. Beide erzielten ihr bisher bestes Ergebnis in einem Grand Prix

Klimke zeigt eine gute Vorstellung

Zweiter deutscher Starter war Benjamin Werndl aus Tuntenhausen mit Famoso, der ebenfalls seine erste WM bestreitet. Der Bruder von Jessica von Bredow-Werndl, die wegen ihrer Schwangerschaft auf den WM-Start verzichtete, zeigte bei seiner Premiere einen fast fehlerfreien Ritt.

Zur Stimmung in der umgebauten Fußball-Arena mit rund 11.000 Plätzen und zur Reaktion seines Pferd sagte Werndl: „Es hat schon geknistert, und dann hat er aber auf Vertrauen geschaltet. Das ist eine besondere Qualität von ihm, dass er trotzdem zuhört.”

Auch die zweimalige Vielseitigkeits-Olympiasiegerin Klimke ritt erstmals in einem Dressur-Team bei einem Championat und zeigte als erstes Teammitglied im Sattel von Franziskus eine gute Vorstellung. „Ich bin total happy”, kommentierte die 54-Jährige aus Münster ihre Premiere. Nach der Team-Entscheidung am Sonntag geht es am Montag bei der WM mit dem Grand Prix Special weiter, der ersten von zwei Einzelentscheidungen. Auch da sind die Deutschen nicht die Titelfavoriten.

© dpa-infocom, dpa:220807-99-306700/9 (dpa)