WIPPERFÜRTH. Es ist nicht zu übersehen, dass ihm das Herz blutet, wenn er daran denkt, dass er künftig bei keiner Geburt mehr dabei sein kann. Mehr als 10 000 Kindern hat er im Verlauf von 20 Jahren am St. Josef-Krankenhaus Wipperfürth auf die Welt geholfen, zum Ende des Monats geht er mit 65 Jahren in Ruhestand: der Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe Dr. med. Wolfgang Rüger.
Am liebsten wäre er noch ein bisschen länger geblieben, denn die Zusammenarbeit mit der Mannschaft, mit Hebammen, Kinderschwestern und Ärzten, bedeutet ihm viel. Es ist aber auch ein schönes Gefühl zu sehen, dass man vermisst wird und bei den Patienten Zuneigung findet, sagt Rüger. Zurzeit kommen ganz viele noch einmal zur Behandlung zu mir.
Wolfgang Rüger studierte in Köln und Berlin Medizin, war danach lange Zeit leitender Oberarzt an der Frauenklinik in Köln-Holweide und anschließend sieben Jahre Chef der Geburtshilfe in Engelskirchen, bevor er nach Wipperfürth kam. 1985 lag die Zahl der Geburten in Wipperfürth bei 180, jetzt sind es 600. Und Rüger ist stolz, dass der Name der Station auch über die Region heraus bekannt geworden ist.
Doch nicht nur die Geburtshilfe lag ihm am Herzen, unterstreicht Rüger. Er führte die endoskopischen Operationen ein, in denen große Schnitte vermieden werden und kämpfte bei den Kassen darum, das Krebspatientinnen vom OP bis zur Nachbetreuung und ambulanten Chemotherapie in Wipperfürth bleiben konnten. Eingeführt wurde in seiner Amtszeit auch die Behandlung von Blasenschwäche bei Frauen - von der Diagnostik bis zur Therapie, erinnert sich der Chefarzt.
Ganzheitlicher
Ansatz
In seiner Arbeit war ihm der Kontakt zu den Patientinnen immer wichtig - und ihr Stellenwert. Er wollte nicht nur großer Meister sein, sondern sah den ganzheitlichen Ansatz. Er nennt ein Beispiel: Bei einer Geburt kämpft die Mutter psychisch und physisch um ihr Kind. Sie ist also der Mittelpunkt bei dem Geburtsgeschehen - und nicht der Arzt.
Im Zuge des menschlichen Miteinanders war ihm die Umgestaltung der geburtshilflichen Station ein besonderes Anliegen, waren die Kreissäle doch erst relativ kalt und unpersönlich. Den Hauptumbau verdanken wir der Geburt des Kindes von Corinna und Michael Schumacher, sagt er, stifteten sie doch im Anschluss ein neues Badezimmer. Im Zuge dessen Umbaus wurden dann auch die Kreissäle neu gestaltet. Rüger resümiert: Ich habe die Abteilung durch zum Teil schwierige Zeiten mit mehr Bürokratisierung, geringeren personellen Ressourcen und beträchtlichen Spar-Anforderungen geführt. Ganz wird sich Rüger übrigens aus der ärztlichen Kunst noch nicht verabschieden, wird er doch in der Praxisgemeinschaft mit einer niedergelassenen Ärztin in Gummersbach weiter medizinisch tätig sein. Trotzdem sieht Rüger dem gravierenden Wechsel in seinem Lebensplan etwas mit Besorgnis entgegen. Mein Herz hängt am Krankenhaus. Doch das muss jetzt vorbei sein.
Und auch seine Mitarbeiter trauern ihm nach. Sekretärin Rita Hensch hat schon ordentlich geheult und wird Rüger als einen Arzt zum Anfassen vermissen, den sie immer als fair, gerecht, großzügig und gut gelaunt erlebt hat. Rüger wird mit seinem Abschied vom St. Josef-Krankenhaus wieder nach Köln ziehen. Der Südstädter mit Leib und Seele hat vor, in seiner Freizeit zunehmend Sport zu machen und mehr Konzert- und Theateraufführungen zu besuchen. Karnevalsjeck braucht er nicht mehr zu werden. Das bin ich schon. PERSÖNLICH