Christoph Schemionek, Leiter der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Washington, warnt vor den Folgen einer Zollpolitik unter US-Präsident Donald Trump und appelliert an stabile Handelsbeziehungen.
Wirtschaftsexperte nach der US-Wahl„Donald Trump sorgt für Verunsicherung“
Mancher hatte es kommen sehen, viele hatten es befürchtet: die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Was bedeutet es, wenn er seine Ankündigungen wahr macht? Thomas Ludwig hat bei Christoph Schemionek, Leiter der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Washington nachgefragt.
Herr Schemionek, erwarten Sie unter der neuen Präsidentschaft von Donald Trump schwere Erschütterungen für die deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen?
Ein Handelskonflikt mit Verbündeten Ländern und Regionen wie der EU würde Verlierer auf beiden Seiten des Atlantiks hervorbringen. Die im Wahlkampf angekündigten Zölle von 10 bis 20 oder gar 50 Prozent würden erheblichen Schaden anrichten, sowohl für die deutsche Exportwirtschaft als auch die US-Haushalte und die US-Wirtschaft. Die EU sollte entschieden auf Zölle reagieren und beide Seiten die Differenzen in Verhandlungen beilegen. Es stehen ungelöste Fragen im Raum, zum Beispiel bei den Stahl- und Aluminiumzöllen oder dem Subventionsstreit im Flugzeugbau. Die Automobilbranche war während des Wahlkampfs besonders oft Gegenstand von Kritik seitens Donald Trumps. Importe über Mexiko werden explizit kritisch gesehen.
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Das klingt nach viel Ärger, gibt es auch etwas, was Ihnen Hoffnung macht?
Es gibt nach wie vor großes Potenzial für eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU, etwa bei Regulierungsfragen und technischen Standards oder auch bei der Resilienz von Lieferketten. Der US/EU-Handels- und Technologierat bietet ein gutes Forum für den Austausch und sollte fortgeführt werden. Auch die US-Wirtschaft profitiert von reibungslosen Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland und der EU.
Welche konkreten Folgen sind für deutsche Unternehmen in den USA absehbar, wie groß ist die Verunsicherung nach der Wahl Trumps?
Die Folgen für die deutschen Tochterunternehmen vor Ort sind dieselben wie für die amerikanischen Unternehmen vor Ort. Flächendeckende Zölle würden viele Produkte teurer machen, die Inflation befeuern und zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Das gefährdet langfristig auch Arbeitsplätze in den USA. Ein freier und fairer Handel ist unerlässlich für die deutschen Tochterunternehmen. Die Verunsicherung ist insofern groß, als dass unklar ist, wann und wie Donald Trump seine Ankündigungen umsetzen möchte. Auch ist unklar, wie Vergeltungszölle ausfallen würden und ob sich Zollspiralen mit Verhandlungen verhindern lassen. Der US-Markt ist für die deutschen Tochterunternehmen bisher eine Konstante. Er ist die letzten 15 Jahre mit durchschnittlich über zwei Prozent gewachsen. Wachstum, von dem auch die deutschen Tochterunternehmen profitiert haben. Steuererleichterungen in den USA würden auch ihnen zugutekommen.
Wie werden sich die deutschen Direktinvestitionen in den USA unter einer Trump-Administration entwickeln?
Die transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen sind die vergangenen Jahre stetig gewachsen, ganz unabhängig von politischen Mehrheiten in Washington. Der deutsche Direktinvestitionsbestand in den USA hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Die Unternehmen werden nun genau beobachten, auf welche Produkte Zölle erhoben werden.
Welche Flurschäden drohen der US-Wirtschaft, wenn Trump mit seiner Zoll-Politik Ernst macht?
Auch die US-Wirtschaft würde durch Trumps Handelspolitik Schaden nehmen. Während einige Industrien durch Schutzzölle temporär einen Konjunkturschub erleben würden, zementieren Zölle langfristig Probleme im Wettbewerb zu bestehen, wenn Industrien sich an den Schutz durch Zölle gewöhnen. Für US-Verbraucher und Haushalte dürften die Kosten importierter und von Importen abhängiger Produkte steigen. Wirtschaftsinstitute wie das Peterson Institute for International Economics beziffern die Kosten für das US-Wirtschaftswachstum auf etwa 0,5 bis 0,6 Prozentpunkte pro Jahr in den ersten zwei Jahren. Trumps Zölle würden auch die Inflation in den USA befeuern und US-Haushalte laut der Hochrechnungen verschiedener Denkfabriken zwischen 2600 und 6000 Dollar kosten.