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Nach der US-Wahl6 Gründe, warum Donald Trump erneut gewählt wurde

Lesezeit 4 Minuten
Er ist wieder da: Donald Trump auf den Titelseiten der Zeitungen.

Er ist wieder da: Donald Trump auf den Titelseiten der Zeitungen.

Für viele Menschen in anderen Ländern mag es schwer nachvollziehbar sein, warum Millionen Amerikaner Donald Trump erneut in Regierungsverantwortung sehen wollen. Doch es gibt Gründe.

1. Der persönliche Faktor

Obwohl Donald Trump Milliardär und seit Jahrzehnten Teil der amerikanischen Elite ist, wirkt er für viele US-Bürger nahbar. Er sagt frei heraus, was er denkt, und kann auch auf den Tisch hauen. Und er ist als Kämpfer bekannt, nicht erst seit den Attentatsversuchen auf ihn. Das scheinen Qualitäten zu sein, die Wähler auch im Weißen Haus sehen wollen. Hingegen wird die Professionalität von Vizepräsidentin Kamala Harris von einigen als elitär und nicht authentisch wahrgenommen.

Das heißt aber nicht, dass die meisten Amerikaner Trump mögen oder sogar lieben. Umfragen gehen davon aus, dass die Mehrheit einen unvorteilhaften Eindruck von seiner Persönlichkeit hat. Für diese Menschen ist Trump oft trotzdem wählbar. Weil einige als Präsidenten keinen Heiligen wollen – und weil er Positionen vertritt, die ihnen wichtig sind. Die Warnungen der Demokraten vor einer zweiten Amtszeit des verurteilten Straftäters Trump hat bei vielen nicht gezogen: Schließlich war er ja schon einmal für vier Jahre im Weißen Haus und fing weder Kriege an noch zerstörte er die Wirtschaft.

2. Money, Money, Money

Wohl keine Gesellschaft hat sich mehr einem Turbokapitalismus verschrieben, der auf liberalisierte Märkte, geringe staatliche Eingriffe und die Idee des freien Unternehmertums setzt. Das Thema „Wirtschaft“ steht bei vielen Wählern oben auf der Agenda. Doch im Wahlkampf war damit selten das (starke) Wachstum gemeint. Es war viel einfacher: Wie teuer sind Joghurt, Eier, Chips und Bier im Supermarkt – und wie viel kostet das Benzin? Infolge der Pandemie hatte die Inflation die Preise nach oben getrieben. Das spürte jeder Wähler im Portemonnaie, auch wenn die Löhne mit der Zeit aufholten. Schuld gaben viele der Wirtschaftspolitik von Präsident Joe Biden und seiner Stellvertreterin Harris.

3. Die Abgehängten

Trumps treueste Basis sind weiße Männer ohne Universitätsabschluss. Statistiken zeigen, dass das Einkommen dieser Gruppe in den USA 1980 deutlich über dem Durchschnitt lag – heute liegen sie klar darunter. In einer Gesellschaft, in der die Tech-Branche und die Finanzindustrie den Reichtum des Landes noch stärker in Metropolen konzentrieren, funktioniert das System für die Arbeiter in den früher industriell geprägten Bundesstaaten wie etwa Pennsylvania nicht mehr. Doch Trump legte auch bei anderen Bevölkerungsgruppen zu, so bei den Latinos, die bislang für die Demokraten eine wichtige Zielgruppe waren. Bei diesem großen Wählerblock konnte Harris nicht so stark punkten wie gehofft. Und selbst bei schwarzen Männern hatte der amtierende Präsident Biden vor vier Jahren besser abgeschnitten.

4. Die Angst vor dem „Weiter so“

In den USA gibt es ein Sprichwort: Manchmal muss man Eier zerschlagen, um ein Omelette zu braten. Will heißen: Manchmal muss man Dinge kaputt machen, um sie zu reparieren. Harris wurde von vielen als Establishment-Kandidatin gesehen. Der Anti-System-Mann Trump hingegen versprach im Wahlkampf radikalen Wandel: Unter ihm werde alles anders, Harris dagegen stehe als Mitglied der aktuellen Regierung für ein „Weiter so“. Damit traf er einen Nerv: Viele haben den Eindruck, dass sich etwas ändern muss. Sie fühlten sich angesprochen, wenn Trump die USA düster als Land im Niedergang beschrieb, das von Migranten überrannt werde. Er scheint einen Instinkt dafür zu haben, was den Menschen Sorgen macht. In Nachwahlbefragungen gaben 73 Prozent seiner Wähler an, am wichtigsten sei ihnen gewesen, dass Trump einen Wandel herbeiführen könne. Harris gelang es dagegen nicht, sich ausreichend vom amtierenden Präsidenten abzusetzen. Gut möglich, dass bei den Demokraten nun die Debatte ausbricht, ob Bidens Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen zu spät kam – und Harris letztlich den Sieg kostete.

5. Keine schwarze Frau am Ruder

Es gibt Bevölkerungsgruppen, die sich noch immer nicht vorstellen können, dass eine Frau das mächtigste Land der Welt führt. Vor allem in den Südstaaten und anderen konservativ geprägten, oft ländlichen Teilen des Landes denken viele anders. Im Bible Belt („Bibelgürtel“) ist evangelikaler Protestantismus integraler Bestandteil der Kultur – und Feminismus für viele fast schon ein Schimpfwort. Dass Harris keine leiblichen Kinder hat, kommt dort auch nicht gut an. Außerdem sind Rassismus und Benachteiligung von Schwarzen und anderen Minderheiten in vielen Teilen der USA strukturell tief verankert. Zusammengenommen kommt man auf eine Art rassistischen Chauvinismus, der Harris Stimmen gekostet haben dürfte. Trump bediente diese Ressentiments im Wahlkampf gezielt.

6. Die weltpolitischen Aussichten

Dass der Nahost-Konflikt die Demokraten Stimmen kosten würde, war vermutet worden. Für viele Amerikaner jüdischer Herkunft ging Bidens Unterstützung von Israel nicht weit genug – und vielen arabischstämmigen Bürgern zu weit. Das spiegelt sich nun in den Nachwahlbefragungen: Eine große Mehrheit der Trump-Wähler gab an, die USA sollten Israel stärker unterstützen.

Noch mehr könnte aber den Ausschlag gegeben haben, dass Trump die USA aus internationalen Konflikten weitgehend heraushalten will. Er verspricht zum Beispiel, den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden – wahrscheinlich mit schlimmen Folgen für das von Russland angegriffene Land. Manche US-Bürger sehen dabei aber vor allem, dass dann weniger von ihrem Steuergeld dorthin fließen muss. (dpa)