Mit der Kontrolle über beide Kammern und dem Supreme Court auf seiner Seite, könnte Trump durchregieren. Experten sehen die Machtfülle mit Sorge.
„Jeder wusste das, als er gewählt hat“Donald Trump kann in zweiter Amtszeit fast wie ein Autokrat regieren
Die Wahl in den USA war offiziell noch gar nicht entschieden, da rief sich Donald Trump in der Nacht zum Mittwoch bereits zum Sieger aus. Dass die Demokraten ihre Wahlparty zu diesem Zeitpunkt beendet hatten, machte allerdings umso klarer: Donald Trump hat bei der US-Präsidentschaftswahl einen klaren Sieg gegen die demokratische Kandidatin Kamala Harris errungen. Statt des vorhergesagten Kopf-an-Kopf-Rennens siegte der 78-Jährige in nahezu allen umkämpften Bundesstaaten, darunter North Carolina, Georgia, Pennsylvania, Wisconsin und Michigan.
Zudem gelang es Trump als erstem republikanischen Präsidentschaftskandidaten seit George W. Bush vor 20 Jahren, landesweit die meisten Stimmen zu holen. Eine überzeugende Wahlnacht, die den ehemaligen Präsidenten für seine zweite Amtszeit in eine komfortable Situation bringt.
Donald Trump und die Republikanische Machtfülle
Denn Trump könnte nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus mehr Freiheiten genießen als während seines ersten Mandats. Parallel zu Trumps Wahlsieg eroberten die Republikaner auch die Mehrheit im Senat von den Demokraten zurück. Sie haben sogar die Aussicht, ihre bisherige Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verteidigen. Trump würde damit die Kontrolle über beide Kammern haben, was ihm ein Durchregieren ermöglichen würde.
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Wenig Widerstand hat er außerdem vom Supreme Court zu erwarten: Trump hatte in seiner Amtszeit drei konservative Richter nominiert, was das Kräfteverhältnis am Obersten Gerichtshof deutlich zugunsten der Konservativen veränderte. „Amerika hat uns ein beispielloses und starkes Mandat erteilt“, sagte Trump auf seiner Siegesfeier in Mar-a-Lago selbstbewusst.
Donald Trump muss keine Widersacher innerhalb der Partei fürchten
Auch innerhalb seiner Partei gilt Trump – noch mehr als vor seiner ersten Amtszeit im Weißen Haus – als unantastbar. Gab es zwischen 2017 und 2021 vereinzelte Fälle, wo Republikaner Trumps Agenda behinderten, dürfte das in Zukunft nahezu ausgeschlossen sein. Die mit Trump verbündete Abgeordnete Marjorie Taylor Greene warnte am Mittwoch, dass abweichende Meinungen von Mitgliedern der Republikanischen Partei nicht geduldet würden. „Es wird eine gute Beziehung sein“, sagte Senator John Barrasso aus Wyoming. „Wir sind eine geeinte Partei. Wir werden eine Partei des Konsenses sein, die eng mit Präsident Trump an einer gemeinsamen Agenda arbeitet.“
Dass Trump möglicherweise zu viel Macht haben könnte und im Grunde gar nicht beziehungsweise kaum noch zu kontrollieren sei, sehen viele Beobachter kritisch. „Jeder wusste das, als er gestern gewählt hat. Ja, das amerikanische Volk hat im Grunde für diese unkontrollierte Macht gestimmt, die der Präsident haben wird“, sagte der ehemalige republikanische Abgeordnete Adam Kinzinger, der sich nach dem Anschlag auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 von seiner Partei entfremdet hatte, laut CNN.
Experten über Trump nach US-Wahl: „Er ist jetzt da, wo er hinwollte“
Ähnlich sieht das auch der USA-Experte Thomas Jäger von der Uni Köln. „Mit dem gleichzeitigen Sieg der Republikaner bei den Wahlen zum Senat und Repräsentantenhaus hat er den vollen legislativen Rückhalt. Eine nennenswerte innerparteiliche Opposition gibt es nicht. Er ist jetzt da, wo er hinwollte: Der Wille des Präsidenten – Trumps Wille – ist künftig der Maßstab für Politik“, so der Kölner Politologe im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die Übernahme des Senats durch die Republikaner habe „das einstige Gremium voller Traditionalisten, die Donald J. Trump mit Skepsis und sogar etwas Verachtung betrachteten, in eine gefügige und loyale Kammer voller Verbündeter verwandelt“, so der Chefkorrespondent der „New York Times“ aus Washington, Carl Hulse.
Wie nutzt Donald Trump seine Macht?
Wenn Trump erst einmal im Amt ist, braucht der frühere Immobilienmogul persönliche rechtliche Konsequenzen wohl nicht mehr zu fürchten. Einen Tag nach seinem Sieg bei der US-Wahl stehen bereits zwei laufende Verfahren gegen Trump vor dem Aus. Sonderermittler Jack Smith prüfe die Einstellung zweier laufender Verfahren nach Bundesrecht gegen Trump, berichteten mehrere US-Medien übereinstimmend.
Die Frage ist nun: Wie wird Trump seine Macht nutzen? Der Rechtspopulist hat in der Vergangenheit bestritten, dass er autokratische Macht anstrebt. Andererseits zeigte sich der Republikaner stets beeindruckt von ausländischen Autokraten wie Wladimir Putin, Xi Jinping oder Kim Jong-un. Seine Behauptung, er werde vom ersten Tag an „ein Diktator“ sein, deklarierte er später als Scherz. Er sei stattdessen vielmehr der Retter der Demokratie. Experten und Gelehrte sind da mitunter anderer Meinung.
„Die Gefahr ist sehr real“, zitiert CNN Corey Brettschneider, Professor für Politik an der Brown University. Brettschneider ist Autor des Buches „The Presidents and the People: Five leaders who Threatened Democracy and the Citizens who Fought to Defend it“, er hat sich mit der Historie der Macht in den USA über Jahre beschäftigt.
Donald Trump: Vorbereitungen für Machtübernahme laufen
Er glaubt, Trump könne die schwachen Machtregularien aushebeln. „Die größte Hemmschwelle für präsidiale Übergriffe ist der amtierende Präsident selbst, der sich innerhalb der Grenzen der akzeptierten Exekutivmaßnahmen bewegen kann. Doch Selbstbeschränkung ist ein Konzept, das Trump fremd ist“, urteilt CNN-Analyst Stephen Collinson. Er fürchtet, Trump könnte „Pläne zur Entlassung ganzer Ebenen des öffentlichen Dienstes auf den Weg bringen, um die absolute Loyalität gegenüber dem neuen Präsidenten sicherzustellen“.
Bis Trump tatsächlich erneut ins Weiße Haus einzieht, dauert es noch gut zwei Monate. Die Vorbereitung für die Machtübernahme des Republikaners laufen allerdings bereits. Der 78-Jährige und seine Verbündeten im Kongress wollen schnell möglichst viel seines teils radikalen Programms durchdrücken.
Hinter den Kulissen sollen bereits Sondierungsgespräche für Trumps neue Regierungsmannschaft begonnen haben. Es kursieren diverse Namen von schrillen Trump-Verbündeten, die wichtige Posten übernehmen könnten – darunter der Tech-Milliardär Elon Musk, der umstrittene Ex-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, sowie der Impfgegner und zeitweilige Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy. Auch der republikanische Senator Marco Rubio soll als neuer Außenminister im Gespräch sein. Trumps loyaler früherer Chefdiplomat Mike Pompeo könnte das Verteidigungsressort übernehmen.
Trump will radikalen Kurswechsel
Trump hatte im Wahlkampf unter anderem die größte Abschiebeaktion in der Geschichte des Landes versprochen, ein schnelles Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie hohe Einfuhrzölle und Steuersenkungen. Auch leugnet der Republikaner die Klimakrise und kündigte einen drastischen Ausbau der Öl- und Erdgasförderung der USA an. In der Außenpolitik – wo Harris für Kontinuität stand – gilt Trump als unberechenbar. Trumps zweite Präsidentschaft dürfte internationale Machtverhältnisse und bestehende Bündnisse auf eine Belastungsprobe stellen. (mit dpa)