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Kennzeichnungspflicht für Insektenprodukte bleibt bestehenMehlwurmpulver darf künftig in Brot und Brötchen verwendet werden

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mehlwurm liegt auf der Hand einer Frau. Mehrere Mehlwürmer liegen in einer kleinen Schale neben einer Schale, die mit Erdnüssen gefüllt ist.

Ein kleiner Mehlwurm als Snack gefällig? Zumindest Lebensmittel die UV-behandeltes Mehlwurmpulver enthalten, sind seit Montag in der EU erlaubt.

Insekten als alternative Eiweißquelle gewinnen in der EU an Bedeutung, trotz Verbraucherskepsis und Kennzeichnungspflicht für Allergiker.

In Spaghetti oder Keksen kann die Larve des Tenebrio molitor längst enthalten sein. Wer genauer die Verpackung studiert, wird auf dem Etikett immer wieder lesen, dass der gelbe Mehlwurm in zermahlener Form in den Produkten verarbeitet ist. 2021 schon erlaubte die EU das Insekt als Lebensmittel, es darf also getrocknet als Snack oder als Zutat verwendet werden.

Nun hat Brüssel auch UV-behandeltes Mehlwurmpulver zugelassen. Dadurch wird laut Verordnung der Vitamin-D-Gehalt des Pulvers erhöht, das künftig in Brot und Brötchen, Kuchen, verarbeiteten Kartoffelprodukten sowie Käse, Erzeugnissen aus Teigwaren und Obst- und Gemüsekompott stecken darf. Zunächst bekommt lediglich ein französisches Unternehmen das Recht, die entsprechend behandelten Larven in den Verkehr zu bringen. Die Firma Nutriearth hatte den Antrag bei der EU gestellt.

Krabbeltierchen schaffen es immer häufiger auf den Teller

Die Zulassung folgt einem seit Jahren anhaltenden Trend in Europa. Denn glaubt man Käferfeinschmeckern, ist die Revolution auf dem Teller längst im Gange. Zwieback aus Büffelwurmmehl, Cracker aus gemahlenen Grillen, knusprige Heuschrecken als Imbiss – Insekten schaffen es immer häufiger auf den Speiseplan der europäischen Bürger.

Und die Politik schafft die Voraussetzungen. Seit 2023 ist etwa die Larve des Getreideschimmelkäfers als Lebensmittel zugelassen, ob gefroren, getrocknet, pulverisiert oder als Paste. Ebenfalls erlaubt ist es, die zu Pulver verarbeitete Hausgrille zu verwenden. Winzig-Tierchen wie der getrocknete gelbe Mehlwurm durften schon zuvor verarbeitet werden. Doch auch wenn es für Liebhaber von kulinarischen Krabbeltieren nicht wild genug zugehen kann, betrachten Experten diese insbesondere für Futtermittel als großes Potenzial, weil Insekten jede Menge Protein, Omega 3- und 6-Fettsäuren, sowie Spurenelemente und Mineralstoffe wie Magnesium und Phosphor enthalten.

Gleichwohl können sie nach Expertenmeinung eine klimafreundliche Bilanz vorweisen: Sie produzieren im Vergleich zu den herkömmlichen Produkten wenig Treibhausgase, brauchen kaum Wasser sowie weniger Fläche. Haus- und Nutztiere werden aktuell vor allem mit Fischmehl und Sojaschrot gefüttert.

Insekten als alternative Eiweißquelle

In der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, eine der Maßnahmen im Rahmen des europäischen Grünen Deals, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will, hatte die Brüsseler Behörde die zugelassenen Insektenarten als immer wichtigere alternative Eiweißquelle eingestuft. Diese würden in den kommenden Jahren zu den Zielen für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem in der Union wie auch weltweit beitragen, hieß es.

Auch Studien der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) kamen zu dem Schluss, dass Insekten „eine sehr nahrhafte und gesunde Nahrungsquelle mit einem hohen Gehalt an Fett, Eiweiß, Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralien sind“.

Während die Tiere in einigen Teilen der Welt schon immer zur gewöhnlichen Küche gehören, stehen in Europa viele Menschen den „neuartigen Lebensmitteln“, wie Insekten in den EU-Verordnungen bezeichnet werden, skeptisch gegenüber. Eklig? Oder gar unverträglich?

Kennzeichnungspflicht gilt

Die Kommission versuchte auch dieses Mal zu beruhigen: In ihrem wissenschaftlichen Gutachten sei die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu dem Schluss gekommen, dass UV-behandeltes Pulver ganzer Larven von Tenebrio molitor „unter den vorgeschlagenen Verwendungsbedingungen und in den vorgeschlagenen Verwendungsmengen sicher ist“. Trotz der Einstufung als unbedenklich, gelte jedoch die Kennzeichnungspflicht. Zudem soll es für Personen, „die gegen Krebstiere und Hausstaubmilben allergisch sind“ einen Hinweis geben, dass das Pulver Reaktionen auslösen könne, wie es in der Verordnung heißt.

Kritik, dass solche Zulassungen zu weit führen, hat die Kommission in der Vergangenheit regelmäßig zurückgewiesen. Es sei Entscheidung der Verbraucher, ob sie Lebensmittel aus oder mit Insekten kaufen und konsumieren – oder eben nicht. „Niemand wird gezwungen, Insekten zu essen“, hatte die Behörde bei der letzten größeren Genehmigungswelle betont. Ob sich das Heimchen und seine Genossen derweil in großem Stil durchsetzen? In Brüssel liegen zumindest weitere Anträge auf die Zulassung von Insekten als Lebensmittel vor.