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Stehvermögen des KanzlersAmpel-Aus scheint Olaf Scholz zu beflügeln

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), verlässt nach der Befragung der Bundesregierung den Plenarsaal im Bundestag.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), verlässt nach der Befragung der Bundesregierung den Plenarsaal im Bundestag.

Eins muss man dem Kanzler lassen: Er beweist Stehvermögen. Obwohl politisch schwer angezählt, schmeißt Olaf Scholz nicht das Handtuch.

Knapp drei Monate vor der vorgezogenen Bundestagswahl von Resignation keine Spur.

Mit seinem Statement im Bundestag anlässlich der sich daran anschließenden Fragestunde durch die Abgeordneten hat er das einmal mehr unter Beweis gestellt. „Ich will mein eigener Nachfolger werden“, betonte Scholz. Dass er in der nächsten Woche die Vertrauensfrage stellen wird, über die der Bundestag dann am 16. Dezember abstimmt, scheint ihn regelrecht zu beflügeln.

Dabei ist die Ausgangslage für Scholz und seine Genossen durchaus prekär. Der Kanzler? So unbeliebt wie kaum einer vor ihm. Die SPD? In einer aktuellen Umfrage mit 16 Prozent beim historischen Tiefstwert dümpelnd. Und neun von zehn Sozialdemokraten glauben derzeit nicht mal selbst an einen Wahlsieg ihrer Partei. Tatsächlich ist die Ausgangslage für SPD und Union aber nicht viel anders als zwölf Wochen vor der Bundestagswahl 2021. Könnte es also zu einer ähnlichen Aufholjagd der SPD wie damals kommen?

Die Hoffnung ist trügerisch. Vor drei Jahren hatte die Union mit Armin Laschet ein ungeschickt tänzelndes Leichtgewicht als Spitzenkandidaten, das man zudem weitgehend selbst demontiert hatte. Mit Friedrich Merz gehen CDU/CSU nun aber mit einem Kandidaten ins Rennen, der seine Partei gut sortiert und klar konservativ ausgerichtet hat. Zudem punktet Merz mit Wirtschaftskompetenz – in Zeiten der Rezession kein unwesentliches Plus.

Zumal Vertreter der Opposition den Kanzler in der Fragestunde nicht ohne Polemik an unerfüllt gebliebene Versprechen erinnert haben: Wirtschaftswunder, Job-Turbo, Abschiebungen im großen Stil, faire Mieten – alles ausgeblieben.

Doch im Wahlkampf ist auch im Hohen Haus kein Platz für Selbstkritik. Scholz bleibt Scholz. Einmal mehr inszenierte sich der SPD-Spitzenkandidat als besonnener Friedenskanzler, der den sozialen Ausgleich im Land nicht aus den Augen verliert. An die Opposition appellierte Scholz, noch ausstehende Gesetzesvorhaben der verbliebenen rot-grünen Minderheitsregierung mitzutragen. Ob all das einen Motivationsschub an der wahlkämpfenden sozialdemokratischen Basis auslösen wird? Die letzte Runde für Olaf Scholz ist eingeläutet.