Der ewige Tatort-Kommissar Dietmar Bär war am Sonntag erstmals auf dem „Traumschiff“ zu sehen – und zieht eine positive Bilanz seines Auftritts.
Interview mit Dietmar Bär„Ich wollte einfach wissen, wie es so ist, auf dem ‚Traumschiff‘“
Mit 26 Jahren beim Tatort ist Dietmar Bär einer der „ewigen Kommissare“ im deutschen Fernsehen. Eine Woche bevor die ARD mit „Des anderen Last“ den nächsten Krimi aus Köln ausstrahlt, war er an diesem Sonntag erstmals bei der Konkurrenz zu sehen – auf dem „Traumschiff“ des ZDF. Wie er den Dreh und das Leben an Bord erlebte, berichtet Bär in einem Café in der Kölner Südstadt.
Herr Bär, bei meinen Vorbereitungen für dieses Interview bin ich auf ein schlecht gemachtes Youtube-Video gestoßen, in dem behauptet wird, Sie litten an Lungenkrebs im Endstadium und seien quasi nicht mehr zu retten. Ihnen geht’s aber gut, oder?
Mir geht’s gut, wie Sie sehen. Dieses Video hab ich noch nicht gesehen. So ein Müll tangiert mich aber auch nicht, dazu kann ich nichts sagen. Und ich hoffe, dass niemand so etwas ernst nimmt.
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Dann wäre diese Frage ja zu meiner Beruhigung geklärt. Einsteigen wollte ich eigentlich mit einer anderen Frage: Was würde der 16- oder 17-jährige Dietmar Bär über den 62-jährigen Dietmar denken?
Das ist eine interessante Frage für die künstliche Intelligenz, denn ich kann sie nicht beantworten. KI würde da jetzt etwas zusammenbauen, aber ich konnte mit 16 noch nicht wissen, was mit 62 ist. Auf sein Leben vorauszublicken ist schwerer als auf sein Leben zurückzublicken. Heute bin auf jeden Fall immer wieder erstaunt darüber, wie jung das Publikum ist, das uns bei der Arbeit zusieht.
Sie waren als Jugendlicher Punk und Mitglied der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) – heute sind Sie seit 26 Jahren Tatort-Kommissar, gehen gelegentlich mit Einstecktuch in eine Talkshow und wählen als Wahlmann der SPD in der Bundesversammlung den Bundespräsidenten.
Ein Einstecktuch trage ich auch bei anderen Gelegenheiten, nicht nur in Talkshows. Und dass ich den Bundespräsidenten mitwählen durfte, war natürlich eine hohe Ehre. Ein lupenrein demokratischer Vorgang, und ich konnte über diese Einladung mitbekommen, wie unser Land funktioniert und wie glücklich man sich schätzen kann, in so einem Land zu leben. Diese Demokratie gilt es ja mehr denn je zu schützen.
Am Sonntag ist der vermeintlich ewige Tatort-Kommissar zum ersten Mal auf dem Traumschiff zu sehen – eine Konstellation, die geradezu nach einem Interview verlangt.
Natürlich müssen Sie in solchen Stereotypen denken, aber ich bin einfach ein Schauspieler, für den es interessant ist, in allen möglichen Formaten auftauchen zu können. Das ist ja das Tolle an meinem Beruf.
Was ging Ihnen denn durch den Kopf, als das Rollenangebot kam?
Wenn Sie den 23-jährigen Schauspielschüler Dietmar Bär nach einem Engagement auf dem Traumschiff gefragt hätten, wäre der wohl mit seinem ganzen großen Idealismus brüskiert gewesen. Andererseits habe ich schon damals gesehen, dass da alles vertreten war, was Rang und Namen hatte beim Film und auf der Bühne – von Günter Lamprecht bis Otto Sander. Und dazu waren es wunderbare Drehorte. Diesmal war es ja nicht das erste Angebot, aber es war das erste, das ich wahrnehmen konnte. Ich habe mit dem „Vater“ des Traumschiffs, dem wunderbaren Wolfgang Rademann, 2004 zum ersten Mal gearbeitet. Noch heute kriegt jeder Schauspieler glänzende Augen, wenn man über ihn spricht. Und der sagte damals schon zu mir: „Mensch, kommse mal aufs Schiff bei uns, spielse mal wat anderet“. Wir haben es dann auch versucht, aber es hat leider nie geklappt – bis jetzt.
Was war der ausschlaggebende Grund, Ja zu sagen?
Erst mal hat mich die Story interessiert, die man mir ins Drehbuch geschrieben hat. Dann wollte ich natürlich wissen, wer noch mitspielt, und habe mich bei dem Namen Gesine Cukrowski sehr gefreut. Und es passte perfekt in mein Arbeitsfenster – ich bin auf Anschlag nach dem letzten Tatort-Dreh 2022 im Dezember nach Teneriffa geflogen und in das Traumschiff-Karussell eingestiegen. Das heißt, dort an Bord gehen, wo das Schiff, die „Amadea“, gerade ist. Ich bin dann bis zu den Kapverden mitgefahren, um meine Aufgaben auf dem Schiff zu erledigen. Der Löwenanteil meiner Rolle aber waren die Dreharbeiten in Namibia. Die waren möglich, weil wir im Februar dort gedreht haben, was man in Deutschland gewöhnlich nicht macht. Das war also perfekt.
Sie tauchen tatsächlich erst nach 75 Minuten zum ersten Mal in einer Schiffsszene auf – ich hatte schon die Befürchtung, dass Sie gar nicht mitgefahren sind.
Ist doch herrlich. Aber in der Geschichte tauche ich natürlich früher auf. Meine Story spielt ja hauptsächlich an Land – als Farmer in Namibia. Dass ich überhaupt noch auf dem Schiff auftauche, hat ja etwas mit der Geschichte zu tun. Da fragt man sich ja: Warum fährt der denn jetzt mit? Und wo will der eigentlich hin?
Ich habe das Gefühl, dass Sie sich richtig aufs Traumschiff gefreut haben.
Ja, natürlich. Ich wollte einfach wissen, wie es so ist, weil ich schon von vielen Kolleginnen und Kollegen davon gehört hatte, die teilweise schon mehrfach auf dem Traumschiff waren. Dazu kam bei mir eine gewisse Kreuzfahrt-Erfahrung als lesender Schauspieler auf Reisen, das habe ich schon mehrere Male gemacht.
Was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Die Passagiere sind die geduldigsten und freundlichsten Komparsen, die man sich vorstellen kann. Morgens gibt es auf dem Schiff eine Durchsage: Heute wird auf Deck sieben gedreht – wer Interesse hat, dabei zu sein, sollte sich melden. Die spielen alle gerne mit und bedienen die Kulisse bis hin zum großen Captains Diner. Mit meiner Figur mussten wir allerdings filmtechnisch ein bisschen tricksen, weil die Kollegen schon alles im Kasten hatten, als ich an Bord kam. Aber Film ist nun mal Illusion, da muss keiner was über die Herstellungsgeschichte wissen.
Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Das Team des Produktionsbüros: Das ist ein flying office an Bord des Traumschiffs. Die haben einen eigenen Raum an Bord für sich, wo die Aufnahmeleitung den laufenden Dreh organisiert, aber auch schon die nächsten Drehs vorbereitet werden. Vom Schiff und aus der Lodge in der Namibwüste wurde also schon alles für Indonesien organisiert – Drehorte finden, Wohnungen anmieten, Schiffspassagen, Flüge, Tiere buchen. Da merkte ich: Das ist wirklich großer Zirkus, es hat selbst mich als Profi sehr beeindruckt, wie ruhig und freundlich die das Tagesgeschäft hingekriegt und nebenbei mal kurz Flüge umgebucht haben, weil wir länger bleiben mussten als geplant.
Warum das?
Wir wollten eine Ballonfahrt drehen, und dann gab es Nebel. Wir wurden morgens um drei abgeholt und rausgefahren, aber wir konnten nicht starten. Dann wurde der Ballon auf einem Hänger abgestellt, es wurde mit der Kamera so schräg da rein gedreht und meine Filmtochter und ich haben so getan, als ob wir über die Wüste gucken. Ich bin mal gespannt, was davon übrig geblieben ist.
Welches Erlebnis auf dem Traumschiff werden Sie so schnell nicht vergessen?
Ganz bestimmt nicht die sagenumwobene Crewparty. Am letzten Abend verabschiedet sich die Filmcrew von der Schiffscrew, die Produktionsfirma organisiert ein rauschendes Fest mit Essen und Trinken, vor allem Trinken. Die Mannschaft vom Aufnahmeleiter bis zum Hauptdarsteller steht hinterm Tresen und bedienen Matrosen und die Leute aus dem Bordbereich, die natürlich herzlich eingeladen sind. Irgendwann wird der Tisch aus der Mitte geschoben, und es wird getanzt. Irgendwann wurde es zwei Uhr, und ich wusste, dass wir um drei Uhr abgeholt werden zum Flugzeug von den Kapverden zurück nach Europa. Das war nicht unanstrengend. Man geht noch mal kurz auf sein Zimmer, wäscht sich kurz das Gesicht, nimmt seine fertig gepackte Tasche und darf nur eins auf keinen Fall machen: mal eben kurz für fünf Minuten hinlegen. Dann hat man nämlich verloren.
Während die Traumschiff-Episode „Walvis Bay“ im ZDF läuft, geht im Ersten Tatort-Kommissar Borowski auf Verbrecherjagd. Eine Woche später wäre „ihr“ Traumschiff sogar mit dem neuen Kölner Tatort kollidiert – was hätten Sie denn dann gemacht?
Glauben Sie mir: Unter den Programmverantwortlichen der beiden Sender gibt es genug kluge Köpfe, die das auf jeden Fall zu verhindern gewusst hätten. Denn das wäre des Kannibalismus dann doch ein bisschen zu viel gewesen.
Sie haben den Tatort mal als „Weltkulturerbe“ bezeichnet – was ist denn in Ihren Augen das Traumschiff dann?
Die Alma mater aller Reisebüros. Ich glaube, dass wirklich viele sagen, am Montagmorgen wird gebucht: „Schatz, wird wollten doch immer schon mal nach Afrika, sollen wir nicht Namibia buchen?“
Wir haben das Gespräch mit dem 16-jährigen Dietmar Bär begonnen – dahin würde ich gerne noch einmal zurückgehen. Sie sind in Dortmund als Sohn eines Metzgergesellen und einer Fleischeiereifachverkäuferin aufgewachsen. Was macht das mit einem Kind? War Fleisch Ihr Gemüse?
Natürlich haben Fleisch und Wurst eine große Rolle bei uns gespielt, es gab von beidem immer reichlich, aber es gab nicht sieben Tage die Woche Fleisch und vor allem nicht ständig Rinderfilet. Das teure Fleisch war für Heiligabend vorbehalten – da gab’s bei uns nicht die berühmte Bockwurst mit Kartoffelsalat, sondern mein Vater brachte Rumpsteak mit, das meine Mutter kleingeschnitten, angebraten und mit Pilzen und einer Supersoße zubereitet hat. Aber sie hat auch sehr darauf geachtet, dass es bei uns immer auch frisches Gemüse gab und so gut wie überhaupt keine Konserven.
Wie halten Sie es heute mit dem Fleisch?
Es ist weniger geworden, wobei ich schon seit Jahren völlig auf Schweinefleisch verzichte. Ich hab als Kind schon nicht so sehr auf Schweinebraten gestanden und auf wabbelige Eisbeine sowieso nicht. Heute ernähren wir uns schon seit vielen Jahren mit biologischen Lebensmitteln und lieben, hier in unserer Region saisonal gut einzukaufen, gerne in Hofläden. Das gilt auch fürs Fleisch. Ich bin auch ein Freund des Pferdefleisches, das man hier in Köln sehr gut kaufen kann. Aber es ist sehr wenig und sehr bewusst, worauf meine flexitarische Frau auch großen Wert legt.
Als Jugendlicher waren Sie als SDAJ-Mitglied überzeugter Sozialist. Träumen Sie heute noch den Traum von der sozialen Gerechtigkeit?
Die Frage ist natürlich etwas provokativ, denn dass es auf der Welt nicht gerecht zugeht, habe ich auch mit 18 schon gewusst. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, und in einer Welt der Trumps und Orbáns ist soziale Gerechtigkeit unverzichtbar. Auch in dieser Welt der Ichlinge, mir ist gerade in der Corona-Zeit aufgefallen, wie wenig manche in der Gesellschaft mit Solidarität anfangen können. Und auch den Versuch der Kriminalisierung von Streikrecht finde ich sehr bedenklich. Da sind die Ichlinge immer sehr betroffen und denken: Ich kann nicht Zug fahren, ich komme nicht mit dem Flieger weg, weil irgendjemand streikt, der doch sowieso Geld verdient.
Sie waren Punk und haben in einer Band namens „Planlos“ gesungen. So richtig mit Irokesenfrisur?
Nein, wir waren mehr Gymnasial-Punks. Die erste Band hieß „Planlos“, dann kamen „Die fantastischen Drei“. Und weil wir nur noch zu dritt waren, habe ich Schlagzeug gespielt und gesungen. Es gibt einen Song – „Zechentakt“ – der auch auf einem Sampler mit kleinen Bands aus dem Ruhrgebiet verewigt wurde. Aber den haben höchstens noch ein paar ältere Musikredakteure in ihrem Archiv, ich jedenfalls nicht mehr.
Zur Person
Dietmar Bär wird am 5. Februar 1961 in Dortmund geboren. Schon als Schüler entdeckt er seine Vorliebe fürs Theater, nach dem Abitur in seiner Heimatstadt lässt er sich von 1982 bis 1985 an der Westfälischen Schauspielschule in Bochum ausbilden.
Hier spielt er auch seine ersten kleinen Rollen, bevor er 1985 für drei Jahre ans Landestheater nach Tübingen geht und schließlich 1988 an den Wuppertaler Bühnen anheuert, deren Ensemble er mit Unterbrechungen bis 1994 angehört.
Bereits 1984 hat er an der Seite von Götz George in der Folge „Zweierlei Blut“ seinen ersten Auftritt in einem Tatort, zu dem er 1997 als Kölner Kommissar Freddy Schenk zurückkehrt. Zuvor feiert er 1994 als „Sportarzt Conny Knipper“ einen Erfolg, im Jahr 2001 sieht man ihn im Kinofilm „Was nicht passt, wird passend gemacht“.
Schon 1986 wird der damals 25-Jährige mit dem „Deutschen Darstellerpreis für den Nachwuchs“ ausgezeichnet. Im Jahr 2000 erhält er gemeinsam mit Klaus J. Behrendt alias Max Ballauf als „beste Schauspieler“ den Deutschen Fernsehpreis, 2012 wird er für den ARD-Film „Kehrtwende“ mit der „Goldenen Kamera“ als bester deutscher Schauspieler ausgezeichnet. Immer wieder kehrt er zwischendurch aber auch auf die Theaterbühne zurück. An diesem Sonntag ist der Schauspieler zum ersten Mal als Gast auf dem „Traumschiff“ des ZDF (Bild) zu sehen, eine Woche später wieder in gewohnter Rolle als Kölner Tatort-Kommissar Freddy Schenk in „Des anderen Last“.
Seit der „Tatort“-Folge „Manila“ (1998) engagiert sich Dietmar Bär mit dem Verein „Straßen der Welt“ für benachteiligte Kinder (mittlerweile auch in Deutschland). Er heiratet 2009 seine langjährige Lebensgefährtin Maren Geißler. Das Paar lebt viele Jahre in Köln und Berlin, heute nur noch in der Kölner Südstadt. (js)