Köln – Sinken die Temperaturen, gibt es den ersten Bodenfrost oder fallen ein paar Schneeflocken, beginnen viele Tierfreunde damit, Vögel auf dem Balkon oder im Garten zu füttern. Laut dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) geben Vogelfreunde jährlich zwischen 15 und 20 Millionen Euro für die Winterfütterung aus. Doch auch unter Tierschützern ist es umstritten, ob das Futterangebot für Wildvögel im Winter sinnvoll ist oder nicht. Klar ist, wer Meise, Amsel oder Fink etwas Gutes tun will, muss einige Punkte beachten. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Ist es überhaupt sinnvoll, Vögel im Winter zu füttern?
Notwendig sei es nicht, die Tiere in der kalten Jahreszeit mit Futter zu versorgen, sagt Birgit Königs, Biologin und Sprecherin des Nabu NRW. „Vögel, die hier überwintern, sind an die Witterungsverhältnisse angepasst.“ Bei langanhaltendem Frost oder Phasen mit geschlossenen Schneedecken könne es passieren, dass einzelne Vögel den Winter dennoch nicht überleben, weil sie verhungern oder erfrieren. Bei kalter Witterung kann es also sinnvoll sein, Meise, Rotkelchen, Spatz oder Fink zu füttern. „Durch das Füttern der Wildtiere wird eine Verbindung zur Natur hergestellt und vielen Menschen macht es Freude, die Tiere zu beobachten“, sagt Königs.
Dabei lautet gerade ein häufiger Einwand gegen die Winterfütterung, dies sei ein Eingriff in die Natur. Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund erklärt: „Der Mensch greift so oder so in die Natur ein. Vögel werden durch Pestizide, die intensivierte Landwirtschaft und die Gestaltung vieler Gärten mit Kies und Stein gefährdet. Das damit einhergehende Insektensterben und der Rückgang von wichtigen Wildpflanzen reduzieren die natürlichen Futterquellen für Vögel.“ Aus Tierschutzsicht sei es gut, den Vögeln mit Futter auszuhelfen.
Doch Vogelfreunde sollten sich auch im Klaren darüber sein, dass ein paar Körner keine Berge versetzen: „Natürlich löst die Vogelfütterung keine großen Naturschutzprobleme, aber sie hilft einigen häufigen Arten“, sagt Annika Lange, Biologin beim Landesbund für Vogelschutz Bayern (Lbv). Die Vogelfütterung ersetze jedoch keine naturnahen Gärten mit vielfältigen, heimischen Pflanzen zur Unterstützung der Vögel im städtischen Bereich. Die Früchte des heimischen Weißdorns zum Beispiel schmecken über 30 Vogelarten, die des Schwarzen Holunder fressen sogar über 60 Vogelarten. „Doch trotz regelmäßiger Fütterung verlieren Vögel nicht die Fähigkeit, natürlich vorkommende Nahrung zu finden“, betont Lange.
Darf ich Vögel auf dem Balkon füttern?
Auch Mieter dürfen auf dem Balkon Meise, Amsel oder Fink mit Körnern versorgen. Das Berliner Landgericht (Az 65 S 540/09) entschied, dass Vögel zu füttern „sozialadäquat“ sei. Verschmutzung durch Vogelkot sei dabei nicht zu vermeiden. Es sei daher kein Grund für eine Mietminderung oder gar ein Kündigungsgrund. Doch Mieter sollten darauf achten, wie und wo ihre Futterstelle angebracht ist. Ragt die Futterstelle über die Brüstung und verschmutzt den Balkon des Mieters ein Stockwerk tiefer, müsse dieser das nicht hinnehmen, urteilte das Amtsgericht Frankfurt (Az 33 C 1922/13). Vermieter können allerdings das Füttern von großen Vögel wie Tauben oder Krähen verbieten, so ein Urteil des Landgerichts Braunschweig (Az 6 S 411/13). Der Lbv rät zudem, mit dem Vermieter abzusprechen, wenn eine Futterstelle dauerhaft an Fensterbank oder dem Balkon angebracht werden soll.
Was ist eine gute Futterstelle auf dem Balkon oder im Garten?
Wer auf dem Balkon Vögel füttern möchte, sollte Futterstellen nutzen, die für Tauben unzugänglich sind, rät der Lbv. Um eine zu große Verschmutzung zu vermeiden, sei es besser Körner ohne Schale anzubieten. Außerdem ist es ratsam, unter der Futterstelle eine Auffangschale anzubringen und diese täglich zu reinigen. Ideal ist es, wenn Futterstellen im Garten in Bäumen hängen, sagt Birgit Königs vom Nabu NRW. „Wichtig ist es, darauf zu achten, dass der Platz für die Vögel überschaubar und katzensicher ist.“ Wenn möglich, sollte der Platz zwei bis drei Meter von Fensterscheiben entfernt sein. Ein Futterhaus sollte so hängen, dass Meise oder Fink es gut anfliegen können. „Ein Pfahl bietet eine gute Erhöhung. Wer eine Manschette aus Maschendraht daran anbringt, kann verhindern, dass Katzen hochklettern können“, sagt Lea Schmitz. Die Fütterung auf dem Boden eigne sich nur für bestimmte Vogelarten wie die Amsel. Hier sei es besonders wichtig, dass die Stelle so gewählt ist, dass Vögel Katzen oder andere Feinde schnell sehen und sich in Sicherheit bringen können.
Wie biete ich das Futter am besten an?
Ideal für trockenes Futter sei ein Futtersilo. Dabei kommt nach und nach nur so viel Futter heraus, wie beispielsweise Grünfink oder Gimpel fressen. „So kann das Futter nicht schimmeln, es wird nicht nass und die Vögel koten nicht ins Futter“, sagt Königs. Mit Fett angereicherte Körner können in Gitterhalterungen angeboten werden. Meisenknödel im Plastiknetz sollten nicht aufgehängt werden, rät die Expertin. „Vögel können sich mit ihren Füßchen im Netz verfangen und im schlimmsten Fall dort verenden. Außerdem sei es auch nicht gut für die Umwelt, wenn die Netze aus Plastik in die Natur geweht werden.“ Um die Knödel aufzuhängen, reiche eine Kordel. Bei allen Futterstellen ist die Hygiene wichtig, damit Vögel sich nicht gegenseitig mit Krankheiten anstecken. Futterstellen müssen regelmäßig mit heißem Wasser geputzt werden – Lea Schmitz empfiehlt eine wöchentliche Reinigung. Neben Futter sollte eine Wasserschale angeboten werden, diese muss täglich gesäubert werden.
Was dürfen Vögel fressen?
Welche Nahrung Vögel bevorzugen, hänge von der Art ab. Weichfutterfresser wie Amsel, Zaunkönig oder Rotkelchen bevorzugen getrocknete Käferlarven, Rosinen oder Haferflocken in Öl, sagt Königs. Auch Birnen und Äpfel als ganze Frucht oder Eicheln können den Vögeln angeboten werden, ergänzt Lea Schmitz. Körnerfresser wie die Meise, Spatzen, Spechte oder Distelfinken lieben Sonnenblumenkerne oder Erdnüsse mit Fett vermengt. Auch selbstgemachte Meisenknödel seien eine Möglichkeit, sagt Birgit Königs.
Was dürfen Vögel auf keinen Fall bekommen?
„Ein absolutes No-Go ist Brot“, sagt Lea Schmitz. Das Brot kann im Magen der Tiere aufquellen. Es füllt den Magen zwar, aber die Tiere können so nicht genügend fressen und nehmen nicht genügend Nährstoffe auf.
Wie kann man verhindern, dass auch Mäuse die Futterstelle nutzen?
Lea Schmitz rät dazu, den Vögeln nur so viele Körner anzubieten, wie sie auffressen können. Außerdem sollte das Futter morgens nachgefüllt werden. Mäuse sind eher in der Dämmerung aktiv und wenn die Körner schon weggepickt sind, finden die Nager dort kein Futter mehr. Birgit Königs empfiehlt Futtersilos – dort können Mäuse nicht hineinklettern. Außerdem sei bei den Silos kein Futter offen zugänglich, was die Nager anziehen könnte.