Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
Das Ende des BHs: Eva Reik erklärt, was es mit dem neuesten Trend aus New York auf sich hat – und welches das Kleidungsstück des Sommers ist.
Köln – Lieber flach, oder doch hohe Schuhe zum kurzen Rock? Streifen mit Blumen? Badeschlappen jenseits von Pool und Strand? Fragen, die Frauen bislang umtrieben, wenn sich die Temperaturen oberhalb der 20 Grad einpendelten. Diesen Sommer sieht’s anders aus. Aus dem Lockdown haben wir den legeren Look in die Normalität hinübergerettet.
Sich ernsthaft fragen, ob die neue Haltung lässig oder nachlässig ist? Zeitverschwendung. Sich ohne Wimperntusche in der Bäckereischlange anstellen? Klar. Gemütlicher Sportlook 24/7? Sowieso. Und kürzlich wurde in New York auch noch das Ende des BHs ausgerufen. Hüpfende Brüste statt aufgepushter Weiblichkeit in Haken und Ösen. Vielleicht handelt es sich beim New Look um einen überfälligen Befreiungsschlag der sonst so akkurat gekleideten New Yorkerinnen? Vielleicht ist es aber auch die Antwort auf Trumps neue, optische Haltungslosigkeit, wenn er mit los gerissener Krawatte ermattet wie rotgesichtig das Rednerpult verlässt, wie kürzlich bei einer Wahlveranstaltung. Wer weiß?
So viel wippende Freiheit, das muss man hierzulande erst mal verkraften. Wo doch bislang Brüste festgezurrt und nach oben geheftet an den Körper zementiert schienen.
Aber, in Wahrheit sind wir seit kurzem in Deutschland in Sachen Sexyness und Nacktheit viel weiter. De facto wird zwar BH getragen – aber mehr auch nicht. Das Kleidungsstück des Sommers heißt Top, beziehungsweise Crop Top. Es besteht aus einem stützenden Gummiband und ein paar Quadratzentimetern Stoff, die die Brüste bedecken.
Frauen sehen aus, als kämen sie vom Yoga
Bislang wurden derartige Halterungen eher drunter getragen. Gerade gewöhnt man sich an den Anblick freiliegender Rippenbögen im Stadtbild, je nachdem auf welcher Höhe – unter oder über Bauchnabel – die zum Trend obligatorischen Hot Pants und Shorts getragen werden. Mädchen zwischen 13 und 43 sehen von morgens bis tief in die Nacht aus, als kämen sie gerade aus ihrer Yoga-Klasse. Das ist die Sommeroptik 2020.
Ob das gut aussieht? Tja. Bei manchen mehr, bei manchen weniger. Schön ist jedenfalls, zu sehen, wie sexy Selbstbewusstsein wirken kann, egal ob der Körper Laufstegqualitäten vorzuweisen hat – oder eben auch nicht.
„Wie geht’s?“
In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)
Statt nach Me-too-Debatten und anhaltendem Virus-Wahnsinn in Sack und Asche zu gehen, kann ein offenes zur Schau tragen nur von Vorteil sein. Hitzestau steht bei so wenig Bedeckung auch nicht zu befürchten, zumindest nicht bei den Trägerinnen.
Mal sehen, was passiert, wenn in Deutschland diesen Sommer wieder sahara-ähnliche Temperaturen herrschen. Viel auszuziehen gibt es jedenfalls nicht mehr.