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Sportmediziner erklärtWie wichtig 10.000 Schritte am Tag sind und wie man genug Bewegung bekommt

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau in Sportkleidung schaut auf ihre Fitnesstracker-Uhr.

Mit einem Fitness-Tracker lässt sich messen, ob man sich ausreichend bewegt.

10.000 Schritte sollten es täglich sein, heißt es. Was ist da dran? Eine Studie und ein Kölner Sportmediziner ordnen die Zahl ein.

„Großartig, du hast dein Ziel für heute erreicht!“ Fitness-Tracker am Handgelenk beglückwünschen einen, wenn man 10.000 Schritte am Tag gegangen ist. Damit wird dem Nutzer signalisiert, dass man sich ausreichend bewegt hat und den Körper aktiv hält. Doch woher kommt diese Zahl und stimmt sie?

Die Zahl geht ursprünglich aus einer Marketing-Kampagne aus dem Jahr 1964 hervor. In diesem Jahr fanden in Japan die Olympischen Spiele statt. Von den bevorstehenden Sommerspielen angesteckt, wollten die Japaner ihre eigene Sportlichkeit mit Schrittzählern messen. Die japanische Firma Yamasa Tokei gab ihren Schrittmessern den Namen Manpo-Kei. Wörtlich übersetzt bedeutet das „10.000-Schritte-Zähler“. Aus wissenschaftlicher Sicht hatte die Zahl jedoch keine Evidenz.

Tägliche Schritte und Sterblichkeit: eine Meta-Analyse von 15 Studien

Was bringen also die 10.000 Schritte pro Tag für die Gesundheit? Das haben Wissenschaftler in einer Analyse im Lancet Public Health Journal, einer der ältesten medizinischen Fachzeitschriften, untersucht. In der groß angelegten Studie haben Dutzende Forscher aus aller Welt die Daten von 15 früheren, zum Teil unveröffentlichten Studien zur Schrittzählung zusammengetragen. Dabei wurden die Daten von 47.471 Erwachsenen aller Altersgruppen erfasst und deren typische tägliche Schrittzahl mit ihrer Lebenserwartung verglichen.

Das Ergebnis der Studie: Es müssen nicht 10.000 Schritte am Tag sein. So würden für Menschen über 60 Jahren 6.000 bis 8.000 Schritte ausreichen. Auch die geringere Zahl verringere das Risiko, vorzeitig zu sterben. Menschen unter 60 Jahren sollten täglich zwischen 8.000 und 10.000 Schritte machen – die Abweichung zur prominenten Schrittzahl ist demnach nicht allzu groß.

6.000, 8.000, 10.000 Schritte – wie viele sollen es denn jetzt sein?

Wilhelm Bloch, Sportmediziner an der Deutschen Sporthochschule Köln, empfiehlt entgegen der Ergebnisse im Lancet Public Health Journal die ursprüngliche Anzahl von 10.000 Schritten – Marketingtrick hin oder her. Bloch arbeitet am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin, in der Abteilung Molekulare und zelluläre Sportmedizin. „Ich würde sogar 10.000 bis 12.000 Schritte empfehlen – wir brauchen die Bewegung“, sagt Bloch. Insbesondere, weil viele Menschen ihre Arbeit sitzend erledigen. Die durchschnittliche Sitzdauer von Erwachsenen in Deutschland lag im Jahr 2021 bei 8,5 Stunden pro Tag.

Schritte zählen: das bringt die Bewegung für die Gesundheit

Mit der Bewegung verringere sich nicht nur das Risiko, vorzeitig zu sterben, wie die Studie im Lancet Public Health Journal belegt. Man wirke auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen präventiv entgegen, so der Sportmediziner.

Schritte zählen: Neben der Anzahl ist auch das Tempo wichtig

Wie bewegt man sich nun ausreichend beim Laufen? Diese drei Tipps gibt Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule in Köln:

Zügig gehen

Beim Schritte zählen spiele die Schnelligkeit eine Rolle: „Versuchen Sie lieber, etwas zügiger zu gehen und nicht dahinzuschleichen. Das regt den Puls an und beeinflusst unsere Lebenszeit positiv“, sagt Bloch.

Anspruchsvollere Strecken wählen

In Bezug auf mehr Bewegung im Alltag empfiehlt Bloch „Wege so zu wählen, dass man mal nicht die bequeme Variante, sondern die körperlich anstrengendere Route wählt“. Konkret könne man statt der Rolltreppe die normale Treppe nehmen, oder eine Bahnstation mal zu Fuß laufen.

Nicht nur Schritte zählen

Der Sportmediziner will das Zählen der Schritte jedoch gar nicht zu sehr in den Vordergrund rücken: „Im Endeffekt sollen wir uns bewegen – wir können statt Schritte zählen auch schwimmen gehen, Tennis spielen oder sonstige Sportarten betreiben“, sagt Bloch. Dennoch seien Schritte für viele Menschen einfach messbar – dabei komme es nicht darauf an, ob man sie mit einem Fitnesstracker oder Smartphone zählt, sagt Bloch. Ein Gerät, das GPS und Schritte zählen kombiniere, sei jedoch sehr genau.

Wer sich in diesem Umfang bewegt, lebt gesünder, nimmt aber nicht ab

Wer allerdings meint, mit dem Tagesziel von 10.000 Schritten auch Gewicht zu verlieren, irrt. Dafür sollte man auf andere Aktivitäten setzen, rät Bloch: „Um erfolgreich abzunehmen, braucht es anderes Training, speziell Krafttraining – und eine entsprechende Ernährung.“