Köln – Mit der Impfung sollte der Schrecken der Corona-Pandemie schnell vorbei sein. Das war die Hoffnung vor mehr als einem Jahr. Mittlerweile feiert die Pandemie ihren zweiten Jahrestag und Risikogruppen bekommen bereits ihre vierte Corona-Spritze, den zweiten Booster. Derweil mutiert das Virus, kann sich immer besser gegen die Impfung, die gegen die Ursprungsvariante entwickelt wurde, durchsetzen. Wie sieht die Zukunft der Corona-Impfungen aus? Werden wir künftig alle paar Monate zum Boostern müssen?
Eine sichere Antwort auf diese Frage kann Anfang Februar 2022 niemand geben. Allein die Zeit und die mit ihr gesammelten Daten werden zeigen, ob und – falls ja – wie viele weitere Auffrischungen des Impfschutzes gegen Corona nötig sein werden. Vermutungen, wie die Zukunft des Corona-Impfens aussehen könnte, gibt es aber. Und auch Quervergleiche zu anderen Viren und Impfungen können Anhaltspunkte liefern.
Stiko empfiehlt Risikogruppen zweite Booster-Impfung
Die Impfung Nummer vier – oder Booster Nummer zwei – wird von der Ständigen Impfkommission (Stiko) allen Menschen über 70 Jahren oder mit Immunschwäche sowie Bewohnenden von Altenheimen und Beschäftigten in Gesundheit und Pflege mit direktem Patientenkontakt empfohlen. Der Grund: Nach erfolgter Impfung ist der Antikörperspiegel zwar hoch, sinkt aber nach einer gewissen Zeit wieder. Die Bildung von Antikörpern und T-Zellen ist laut einer Studie der Universität Marburg nach der dritten Impfung bei älteren Menschen geringer als bei jüngeren. Durch eine weitere Impfung wird diese Bildung nochmals gefördert.
Wie oft eine Impfung zum Schutz vor einer Krankheit erfolgen muss, ist unterschiedlich. Die Impfung gegen Hepatitis oder MMR (Mumps, Masern, Röteln) benötigt keine Auffrischung, wie das Pharmaunternehmen Pfizer, das gemeinsam mit Biontech einen der Impfstoffe gegen das Coronavirus entwickelt hat, betont. Anders ist es bei der Impfung gegen beispielsweise Tetanus. Sie muss, wenn auch in einem recht großen Zeitintervall, wiederholt werden, um einen guten Schutz aufrecht zu erhalten.
Dass ein Impfschutz aufgefrischt werden muss, ist also nichts Neues. Wie sich dies bei den Corona-Impfungen verhalten wird, bleibt abzuwarten. Bei Risikogruppen könnten regelmäßige Auffrischungsimpfungen durchaus sinnvoll bleiben. Bei jüngeren und gesunden Menschen hingegen sei laut Expertinnen und Experten künftig vorstellbar, dass keine regelmäßige Auffrischungsimpfung mehr nötig sei, berichtet der Norddeutsche Rundfunk (NDR) – allerdings nur, solange sich das Virus nicht gravierend verändere.
Virusvarianten können erneute Impfung nötig machen
Es gibt nämlich einen zweiten Grund, warum mehr als eine Impfung gegen ein- und dieselbe Erkrankung erforderlich ist: die Mutation. Wenn ein Virus sich entscheidend verändert, muss der Impfschutz daran angepasst werden. Sonst entkommt es diesem zu einfach. Das beste Beispiel dafür ist die Grippeimpfung. Risikogruppen empfiehlt die Stiko jedes Jahr aufs Neue, sich gegen saisonale Influenza, also die Grippe, impfen zu lassen. Denn Influenza-Viren mutieren fröhlich und vielfach. Deshalb muss der Grippeimpfstoff alle zwölf Monate angepasst werden.
Die Parallele zu Corona ist unverkennbar. Auch das Coronavirus mutiert auf seinem Weg durch die Gesellschaft, wobei längst nicht jede neue Variante durchsetzungsfähig ist. Die Omikron-Mutante allerdings weist einige entscheidende Unterschiede gegenüber der Ursprungsvariante auf, weshalb der Impfschutz gegen diese neueste Variante nicht so hoch ist wie gegen vorherige. Deshalb arbeiten Moderna und Biontech/Pfizer an Anpassungen ihrer Impfstoffe an Omikron, diese befinden sich in klinischen Tests. Sind die Studien erfolgreich, könnte das Vakzin im zweiten Quartal dieses Jahres seine Zulassung erhalten.
Studie: Coronaviren mutieren langsamer als Grippeviren
Sollte das Virus wiederholt stark mutieren, könnte eine erneute Impfstoffanpassung notwendig werden. Ob ein solches Update wie beim Grippe-Vakzin und damit auch eine Anpassung des Impfschutzes, zumindest bei vulnerablen Menschen, künftig jährlich erfolgen könnte, wollten Forschende der Charité in Berlin herausfinden. Sie haben bereits vor einem Jahr die schon vor Sars-CoV-2 bekannten und grassierenden Corona-Erkältungsviren mit Grippeviren verglichen, um einen Hinweis darauf zu erhalten, wie oft Coronaviren im Vergleich zu Influenzaviren mutieren. Dazu analysierten sie, wie sich diese Viren in den vergangenen 40 Jahren verändert haben. Das Ergebnis: Zwar mutieren beide immer wieder, landläufige Coronaviren aber um das Vierfache langsamer als das Grippevirus. Mit Blick auf Sars-CoV-2 sei das eine gute Nachricht, sagte der Virologe Professor Christian Drosten damals zu der Studie.
Die Sache hat allerdings, bezogen auf die aktuelle Situation, einen Haken: Befinden wir uns weiter in einer Pandemie, gibt es also weiterhin viele Corona-Fälle, kommt es auch zu vielen Infektionen – und damit auch zu mehr Möglichkeiten für das Virus, zu mutieren. Weshalb sich Sars-CoV-2 aktuell noch deutlich schneller verändert, als es die landläufigen Coronaviren tun. „Sobald das Infektionsgeschehen abebbt“, also mit einem zunehmendem Immunschutz der weltweiten Bevölkerung und einhergehend weniger Infektionen, gehe man allerdings davon aus, „dass sich auch SARS-CoV-2 langsamer verändern wird“, sagte Professor Jan Felix Drexler, der die Studie leitete. „Deshalb nehmen wir an, dass die Covid-19-Impfungen während der Pandemie regelmäßig überprüft und, wenn nötig, angepasst werden müssen. Sobald sich die Situation stabilisiert hat, werden die Impfungen aber voraussichtlich länger nutzbar sein.“