Seit Mitternacht amerikanischer Zeit gelten für zahlreiche Länder deutlich höhere Abgaben. Über der Weltwirtschaft ziehen dunkle Wolken auf.
Börsenkurse brechen einTrump eskaliert den Zollkrieg weiter und verhöhnt Handelspartner

Ein „goldenes Zeitalter“ für die USA: Das will Trump nach eigener Aussage mit seinen Zöllen erreichen. (Archiv)
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Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten länderspezifischen Sonderzölle sind in Kraft. Seit Mitternacht amerikanischer Zeit (6.01 Uhr MESZ) gelten für zahlreiche Länder deutlich höhere Abgaben – vor allem für jene, mit denen die USA nach Regierungsangaben ein besonders hohes Handelsdefizit haben.
Für jedes betroffene Land wurde ein individueller Zollsatz festgelegt, der neben klassischen Einfuhrabgaben auch andere Handelshemmnisse abbilden soll. Daraus leitet sich der entsprechende US-Zoll auf Importe aus diesen Ländern ab.
Trump-Zölle für die EU und China treten in Kraft
Deutschland wird dabei nicht einzeln aufgeführt, sondern fällt unter den Satz von 20 Prozent für die gesamte Europäische Union. Ökonomen zweifeln jedoch an der Berechnungsgrundlage für die Länderliste und kritisieren, dass sie auf teils fehlerhaften Annahmen beruhe. Gegen China verhängte Trump nochmals höhere Zölle – wiederum als Reaktion von Gegenmaßnahmen Pekings.
Donald Trump hat einen globalen Wirtschaftskrieg ohne Verbündete begonnen
Kritik kommt nicht nur aus dem Rest der Welt, auch in den USA sind die Zölle keinesfalls unumstritten. „Donald Trump hat einen globalen Wirtschaftskrieg ohne Verbündete begonnen“, schrieb der Wirtschaftswissenschaftler John Lipsky vom Atlantic Council am Dienstag. „Deshalb gibt es – anders als bei früheren Wirtschaftskrisen in diesem Jahrhundert – niemanden, der kommt, um die Weltwirtschaft zu retten, wenn die Situation ins Wanken gerät.“ Der eskalierende Zollstreit der USA mit den meisten Ländern der Welt hatte zuvor zu Einbrüchen an den weltweiten Börsen geführt.
Börsenkurse brechen ein – Donald Trump sieht China am Zug
Den Einbruch der Kapitalmärkte nimmt Trump demonstrativ gelassen. Den Wertverlust von 5 Billionen Dollar an den amerikanischen Märkten in den letzten Tagen kommentierte er an Bord der Air Force One am Sonntagabend so: „Manchmal muss man Medizin nehmen, um etwas zu heilen“.
Laut Donald Trump ist China in dem Zollstreit am Zug. Peking wolle „dringend einen Deal machen, aber sie wissen nicht, wie sie anfangen sollen“, erklärte er am Dienstag. Auch andere Länder versuchten, eine Vereinbarung mit den USA zu treffen. „Diese Länder rufen uns an, um mir den Hintern zu küssen“, sagte Trump bei einem Abendessen mit republikanischen Politikern.
Trump-Sprecherin: „Telefon klingelt ununterbrochen“
Bereits am Samstag war der erste Schritt des Maßnahmenpakets in Kraft getreten: pauschale Importzölle von zehn Prozent auf Waren aus allen Ländern. Bestimmte Waren sind von den Zöllen ausgenommen – etwa solche, für die bereits spezifische Zollregelungen gelten, wie Stahl- und Aluminiumprodukte sowie Autos und Autoteile. Außerdem sind einige weitere Produkte wie Kupfer, Arzneimittel, Halbleiter, Holzprodukte oder bestimmte kritische Mineralien ausgenommen. Das Weiße Haus machte allerdings deutlich, dass Trump für diese Warengruppen schon bald Sonderzölle verhängen könnte.

Schiffscontainer sind am 8. April 2025 in einem Hafen in Nanjing in der ostchinesischen Provinz Jiangsu zu sehen. US-Präsident Donald Trump hat Zölle von über 100 Prozent auf chinesische Waren verhängt, nachdem Peking sich geweigert hatte, seine Vergeltungsmaßnahmen zurückzunehmen.
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Der US-Präsident hatte sein neues, gewaltiges Zollpaket bei einer Veranstaltung im Rosengarten des Weißen Hauses präsentiert – unter dem Titel „Tag der Befreiung“. Danach kündigten mehrere Länder Gegenmaßnahmen an. Andere setzen auf Verhandlungen. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt sagte in Washington, bislang hätten sich fast 70 Länder an die US-Regierung gewandt – das Telefon klingele „ununterbrochen“. Einige Staatsoberhäupter wollten demnach sofort „ins Flugzeug steigen“, um die Verhandlungen aufzunehmen.
Zusätzliche Zölle gegen China
Mit dem Paket sagt Trump zwar Handelspartnern in aller Welt den Kampf an. Einen besonderen Groll hegt er aber gegenüber China. Er bezeichnet das Land als „größten Übeltäter“. Nachdem Peking auf Trumps Ankündigung mit Gegenzöllen in Höhe von 34 Prozent reagiert hatte, erhöhte Washington die Abgaben auf chinesische Produkte nochmals deutlich: auf insgesamt 104 Prozent. Am Dienstag (Ortszeit) unterzeichnete der US-Präsident ein entsprechendes Dekret.
Trump zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass China verhandlungsbereit bleibe - das Land wolle unbedingt ein Abkommen schließen, wisse aber nicht, wie es dies in die Wege leiten könne, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. „Wir warten auf ihren Anruf. Es wird geschehen!“, erklärte Trump.
Auch das Handelsverhältnis mit der EU ist Trump ein Dorn im Auge. Ein Angebot aus Brüssel, sämtliche Zölle auf Industriegüter beiderseits abzuschaffen, schlug Trump aus. Stattdessen forderte er, die EU solle als Ausgleich mehr amerikanische Energie importieren.
EU plant Gegenzölle zu vorherigen Maßnahmen
Für den Nachmittag wird erwartet, dass sich die EU auf erste Gegenmaßnahmen zu den US-Stahl- und Aluminiumzöllen einigt, die bereits vor Trumps großem Maßnahmenpaket in Kraft getretenen waren. Dabei werden entgegen ursprünglicher Planungen voraussichtlich keine Zusatzzölle auf amerikanischen Whiskey erhoben.
Konkret stehen nach Angaben aus EU-Kreisen etwa 25 Prozent auf Sojabohnen, Kleidungsstücke sowie Eisen-, Stahl- und Aluminiumwaren zur Abstimmung. Für andere Waren sollen zehn Prozent fällig werden. Insgesamt soll die Liste 66 Seiten umfassen.

US-Präsident Donald Trump im National Building Museum am Dienstag.
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Wie die FAZ berichtet, sollen manche Zölle bereits kommende Woche in Kraft treten. Die meisten Gegenzölle sollen demnach von Mitte Mai und die Abgaben auf Mandeln und Sojabohnen erst vom 1. Dezember an greifen.
Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des EU-Parlaments, Anna Cavazzini (Grüne), sprach von verhältnismäßigen und überlegten Gegenmaßnahmen, mit denen der Schaden für die USA größer als sei als für die EU.
Sorge vor globaler Krise, Fehde im Weißen Haus
Trumps Vorstoß ließ die Börsen weltweit einbrechen. Zwar ging es nach dramatischen Kursverlusten wieder etwas aufwärts. Doch die aggressive Handelspolitik der US-Regierung sorgt weiterhin für erhebliche Verunsicherung.
Es wird befürchtet, dass ein eskalierender Handelskonflikt die globale Wirtschaft in eine tiefe Krise stürzt. Auch in den USA wächst die Sorge vor einer Rezession. Selbst unter Trumps politischen Verbündeten regt sich Kritik.
So entlud sich eine öffentlich ausgetragene Fehde zwischen Tech-Milliardär Elon Musk und Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro – offenbar ausgelöst durch Differenzen über die neue Zollstrategie. Navarro hatte angedeutet, Musk sei unzufrieden mit den Importzöllen, da das Geschäftsmodell seiner Firma Tesla auf günstige Bauteile aus dem Ausland angewiesen sei. Musk bezeichnete Navarro daraufhin als „Idiot“, der dümmer sei „als ein Sack Ziegel“.
Trump überzeugt: Das „goldene Zeitalter“ der USA beginnt
Es ist der bislang aggressivste Eingriff von Trumps Regierung in die globale Handelspolitik. Trump zeigt sich dennoch überzeugt: Nun werde das „goldene Zeitalter“ der USA beginnen.
Der US-Präsident will mit seiner Zollpolitik die heimische Produktion stärken und zugleich ausländische Handelspartner zu Zugeständnissen bewegen. Die erwarteten Zusatzeinnahmen sollen auch dabei helfen, im Wahlkampf versprochene Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. (pst mit dpa/afp)