Olaf Scholz hat in einem Podcast über Rap und Politik gesprochen – und damit ein Versprechen eingelöst.
Gespräch mit Rapper RINOlaf Scholz: „Wenn man bepöbelt wird, zurückpöbeln“
Olaf Scholz hat im Podcast „Machiavelli“ über Rap und Politik diskutiert, der Bundeskanzler löste mit dem Auftritt ein Versprechen ein. Neben den Hosts Vassili Golod & Jan Kawelke nahm außerdem Deutsch-Rapper RIN an der Runde teil.
Ansatz des Formats ist die Annahme, dass die beiden Welten Rap und Politik „sich näher sind als die meisten meinen“. Die Schnittpunkte und Themen, die sie verbindet, etwa die Spaltung in der Gesellschaft, diskutierten Olaf Scholz und Musiker RIN. Der Podcast ist Teil des Programms des internationalen WDR-Radios „COSMO“.
Olaf Scholz diskutiert mit Deutsch-Rapper RIN über Politik
Vor drei Jahren war Scholz gemeinsam mit Felix Lobrecht schon einmal bei „Machiavelili“, damals als Vizekanzler und Finanzminister. Golod und Kawelke knöpften ihm das Versprechen ab, dass er als Kanzler wiederkehre – nun hielt Scholz sein Wort.
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Der von den Hosts und RIN geduzte Scholz zeigte sich gleich zu Beginn des Gesprächs locker und gab sich volksnah. Es sei für ihn bereichernd, mit Menschen zu sprechen, „denen ich vielleicht sonst (…) niemals begegnet wäre“. Zunächst will Scholz von RIN wissen, ob „das stimmt, was immer alle sagen“: Ob die Gesellschaft wirklich zunehmend gespaltener sei. Eine konkrete Antwort bekommt er nicht. Kunst verbinde, so der 29-Jährige.
Olaf Scholz zitiert bei Frage zu seinem Vermächtnis Willy Brandt
Anschließend geht es fast ausschließlich um Politik, und selten um Musik. Auf sein Vermächtnis angesprochen, zitiert Scholz den ehemaligen SPD-Kanzler Willy Brandt. Wenn die Menschen über ihn sagen würden „Er hat sich bemüht“, sei er zufrieden. Er wolle mit seiner Politik Weichen stellen, Europa stärken und den richtigen Weg für die Zukunft finden. Scholz folge bei wichtigen Entscheidungen immer seinem „inneren Kompass“, erzählt er. Auch mal Menschen enttäuschen zu müssen, gehöre dazu.
„Deine Entscheidung kann Leben oder Tod bedeuten, wie gehst du damit um?“, will RIN vom Kanzler wissen. Gerade beim Krieg sei das nicht immer einfach, so Scholz, als es um die russische Invasion in der Ukraine geht. Er wolle die Ukraine unterstützen, aber vermeiden, dass es zu einer Eskalation, in Form eines Krieges zwischen Russland und der Nato, komme. „Wenn man eine Entscheidung trifft, die man abgewogen hat, muss man sie auch ertragen können“, so der Kanzler zu mitunter schwierigen Entschlüssen.
Krieg spielt in Gespräch zwischen Olaf Scholz und RIN große Rolle
Das Thema Krieg spiele für RIN eine „sehr entscheidende Rolle“, gibt der Rapper mit kroatischer Staatsbürgerschaft als Sohn einer jugoslawischen Einwanderer-Familie an. Wladimir Putin wolle „mit Gewalt (…) und unter Inkaufnahme des Todes (…) erreichen, dass er sich die Ukraine aneignen kann“, so Scholz, der klarstellt, dass das inakzeptabel sei.
RIN will wissen, ob es Scholz gelinge, Privates und Berufliches zu trennen und auch mal abzuschalten. Das gehe zwar nicht vollständig, aber diese Gabe habe er, berichtet der SPD-Politiker. Dass er aber grundsätzlich immer – auch im Urlaub – verfügbar sei und auch trotz einer Augenverletzung arbeite, sei selbstverständlich. „Ich war ja ansonsten fit“, so der 65-Jährige.
Olaf Scholz über Regierungsstreit: „Muss nicht jeder auch noch die Fenster aufmachen“
Als es um den Streit in der Regierungskoalition geht, kann sich Olaf Scholz eine Spitze nicht verkneifen. Der Ampel-Streit müsse nicht so laut stattfinden, „und es muss nicht jeder auch noch die Fenster aufmachen, damit jeder den Streit hört“, so Scholz.
Mit den Vorwürfen konfrontiert, er sei kein „Klimakanzler“, wiegelt Scholz ab: „Die werden sich selbst korrigieren“, so der Bundeskanzler, der „alle Weichen gestellt“ haben will, „die vorher nicht gestellt waren.“ Wirklich kritische Nachfragen bleiben in dem allein durch das Duzen familiären Setting aus. Nebenbei kündigt Scholz den „großen Boom“ bei Elektrofahrzeugen für die zweite Hälfte der 2020er-Jahre an.
Kanzler will mit Bürgerinnen und Bürgern im Gespräch bleiben
RIN erkundigt sich dann bei dem gebürtigen Osnabrücker über die Ursachen der „großen Politikverdrossenheit“. Politik müsse Angebote machen, erwidert der Kanzler. Er selbst führe sehr viele Bürgergespräche. Es sei aber nicht leicht, wirklich jeden zu erreichen, das liege auch an der Vielzahl der Formate und Plattformen, die jeweils unterschiedliche Interessengruppen nutzen würden. Grundsätzlich müsse man aber „alle Formen des Gesprächs suchen“.
Angesprochen auf die hohen Umfragewerte der AfD, plädiert Scholz auf Besonnenheit. Die demokratischen Parteien müssten bei ihrem Kurs bleiben, auch in einer Zeit, die von „Verunsicherungen“ geprägt sei. Er sei optimistisch, Vertrauen zu erhalten. Man dürfe „nicht das Geschäft derjenigen machen, die solche Spaltungen betreiben.“
Angesprochen auf seine Reden im vergangenen Jahr auf Friedensdemos und die dortigen „Kriegstreiber“-Rufe sagt Olaf Scholz. „Wenn Leute einem dumm kommen, darf man ja wohl auch mal darauf eingehen. Und darf auch, wenn man bepöbelt wird, zurückpöbeln“, sagt Bundeskanzler Olaf Scholz.
Olaf Scholz fand Ende August in München klare Worte für Kriegsgegner und Querdenker. Begleitet von Applaus, aber auch von Buh-Rufen und Pfiffen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz zudem bereits im Mai 2023 auf dem Münchner Marienplatz die Politik der Bundesregierung gegen Dauerkritik von Rechts verteidigt.
Auch Anfang Juni hatte der Kanzler vergleichsweise emotional auf vermeintliche Friedens-Demonstranten reagiert. „Liebe Schreihälse“, rief Scholz vor der Stadthalle in Falkensee bei Berlin. Putin sei „der Kriegstreiber, der hier von euch ausgeschrien wird, wenn ihr irgendeinen Verstand in euren Hirnen hättet“, so Scholz beim Europafest der SPD.