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Vom Kanzleramt gestrichen?Keine schweren Waffen auf deutscher Industrieliste

Lesezeit 3 Minuten
Scholz nachdenklich getty 2104

Bundeskanzler Olaf Scholz (Archivbild)

Berlin/Köln – Die Bundesregierung hat der ukrainischen Regierung bereits Ende März eine Liste mit 210 Angeboten für Rüstungslieferungen der deutschen Industrie im Gesamtwert von 307 Millionen Euro vorgelegt. Darauf finden sich Panzerabwehrwaffen, Granaten, Drohnen, Schutzausrüstung und Munition. Die schwersten dort aufgeführten Waffen sind zwölf Mörser mit einem Kaliber von 120 Millimeter. Panzer, schwere Artilleriegeschütze, Kampfhubschrauber oder Kampfflugzeuge sind darauf nicht zu finden. Die Liste mit der Überschrift „Unterstützungsmöglichkeiten Industrie - Konsolidiert“ vom 29. März liegt der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vor, zuerst hatte „Bild“ darüber berichtet.

Am Dienstagabend hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärt, dass die Bundesregierung Rüstungsgüter der deutschen Industrie in die Ukraine liefern und für die Beschaffung Geld bereitstellen werde. Der Kanzler sprach dabei von einer Liste, auf der stehe, was die deutschen Rüstungsunternehmen kurzfristig liefern könnten. Darunter seien neben Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrgeräten und Munition auch „das, was man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann“, hieß es bei Scholz. Letztere Waffensysteme sind auf der Liste den Berichten zufolge jedoch nicht zu finden.

Industrieliste enthält keine schweren Waffen

Konkret stehen auf der Liste 5150 Panzerabwehrwaffen, die bis zu 500 Meter weit schießen können. Außerdem zählen zu den Angeboten 18 kleine Aufklärungsdrohnen, 3000 Nachtsichtgeräte, mehr als 3000 Handfeuerwaffen, 30 Anti-Drohnen-Gewehre sowie gepanzerte Fahrzeuge. Der größte Teil der Angebote fällt in die Kategorien Aufklärungstechnik (circa 162 Millionen Euro), persönliche Schutzausrüstung (circa 79 Millionen Euro) und Handfeuerwaffen (circa 41 Millionen Euro), berichtet die dpa.

Schützenpanzer Marder PA 100422

Schützenpanzer vom Typ Marder (Archivbild)

Das Bundesverteidigungsministerium habe auf Anordnung des Kanzleramts sämtliche schwere Waffen von der sogenannten „Industrieliste“ deutscher Waffenschmieden gestrichen, berichtete zudem am Mittwochabend die „Bild“-Zeitung und bezog sich dabei auf ihr vorliegende Dokumente. Die Liste mit dem Titel „Unterstützungsmöglichkeiten Industrie - Konsolidiert“ sei dabei von ursprünglich 48 auf 24 Seiten gekürzt worden.

Medienberichte: Ursprüngliche Liste enthielt Panzer und Haubitzen

Nach Informationen der Zeitung hatte die ungekürzte Liste Mitte März noch schwere Waffensysteme wie den Kampfpanzer „Leopard-2“, die Schützenpanzer „Marder“ und „Puma“ sowie die gepanzerten Mannschaftstransporter „Boxer“ und „Fuchs“ enthalten. Auch die „Panzerhaubitze 2000“ soll sich demnach zunächst auf der Liste befunden haben. Diese Waffensysteme entsprächen demnach einer „Bedarf“-Liste des ukrainischen Verteidigungsministeriums, die der „Bild“-Zeitung nach eigenen Angaben ebenfalls vorliegt.

Die Ukraine fordert von der Bundesregierung schwere Waffen wie Luftabwehrsysteme, Kampf- und Schützenpanzer sowie schwere Artillerie, um der andauernden russischen Offensive in der Ostukraine standhalten zu können.

Slowenische T-72-Panzer im Ringtausch für die Ukraine?

Während Deutschland derartige Waffensysteme den Berichten zufolge weiterhin nicht liefern wird, soll jedoch über einen Ringtausch die Lieferung von Waffen sowjetischer Bauart aus osteuropäischen Nato-Ländern in die Ukraine ermöglicht werden. Dafür sollen einzelne Länder Ersatz aus Deutschland erhalten. Andere Bündnispartner, die moderneres Gerät schicken, sollen mit Munition und Ausbildung unterstützt werden.

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So soll beispielsweise die Lieferung schwerer Artillerie aus den Niederlanden oder den USA in die Ukraine unterstützt werden. Auch eine Lieferung von in der Sowjetunion entwickelten T-72-Panzern im Besitz Sloweniens ist im Gespräch. Dafür solle Slowenien deutsche Marder-Schützenpanzer und den Radpanzer Fuchs als Ersatz aus Deutschland bekommen, berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag.

Deutschland lieferte bereits tausende Waffen an Kiew

Zudem berichtete „Bloomberg News“ bereits am Mittwoch, dass Deutschland ukrainische Soldaten für den Einsatz an schwerer Artillerie aus westlichen Beständen ausbilden und mit Munition versorgen wolle. Die Ausbildung könnte demnach in Polen oder Deutschland stattfinden. Die Bundesregierung wollte den Bericht am Mittwoch nicht kommentieren.

Abseits von schwerem Kriegsgerät hat die Ukraine seit Kriegsbeginn bereits einige deutsche Waffen erhalten. 2500 Luftabwehrraketen, 900 Panzerfäuste mit 3000 Schuss Munition, 100 Maschinengewehre und 15 Bunkerfäuste mit 50 Raketen seien an Kiew geliefert worden, berichtet die dpa und bezieht sich dabei auf Angaben aus ukrainischen Regierungskreisen. Auch 100.000 Handgranaten, 2000 Minen, rund 5300 Sprengladungen sowie mehr als 16 Millionen Schuss Munition verschiedener Kaliber für Handfeuerwaffen vom Sturmgewehr bis zum schweren Maschinengewehr seien von Deutschland bisher geliefert worden. (das/dpa/afp)