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Klimaschutz kein Thema„Nix verpasst“, „unfassbar“ – Reaktionen auf das Duell zwischen Scholz und Merz

Lesezeit 5 Minuten
SCREENSHOT - 09.02.2025, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l), steht neben Friedrich Merz, Unions Kanzlerkandidat und CDU Bundesvorsitzender, während dem TV-Duell von ARD und ZDF (Screenshot). In 90 Minuten stellen sich beide im Studio Berlin-Adlershof zentralen Fragen und debattieren zu den wesentlichen Themen des Bundestagswahlkampfs. Moderiert wird die Sendung von Sandra Maischberger (unten r, ARD) und Maybrit Illner (unten l, ZDF). Foto: ---/ARD/ZDF/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die Sendung TV Duell 2025 und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

Olaf Scholz (SPD, l.) und Friedrich Merz (CDU) beim TV-Duell am Sonntagabend (9. Februar).

Beim TV-Duell in ARD und ZDF wurde ein Thema nahezu komplett ausgespart: Klimaschutz. Dies und andere Fragen beschäftigt die User bei X.

Am Sonntagabend haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Herausforderer Friedrich Merz ein erstes TV-Duell vor der Bundestagswahl geliefert. Die Sendung lief parallel in ARD und ZDF und wurde von Sandra Maischberger und Maybrit Illner moderiert. Erste Umfragen nach der Wahlkampf-Sendung zeigen, dass es keinen eindeutigen Sieger gibt.

Der Amtsinhaber hat laut Forschungsgruppe Wahlen einen kleinen Vorsprung: 37 Prozent der wahlberechtigten Zuschauer gaben an, Scholz habe sich besser geschlagen als Merz, wie das ZDF mitteilte. 34 Prozent sahen den CDU-Chef vorn – 29 Prozent keinen Unterschied. Die Umfrage ist nicht für alle Wahlberechtigten Deutschlands, sondern nur für die Zuschauer des Duells repräsentativ.

Auch unter Experten herrscht die Meinung vor, das TV-Duell sei relativ ausgeglichen abgelaufen. Im ZDF sagte der Politikwissenschaftler Karl-Heinz Korte, weder Scholz noch Merz hätten klare Fehler gemacht. „Beide waren aus meiner Sicht in Bestform“, urteilt Korte. Scholz sei ungewohnt zugewandt gewesen, Merz habe präsidial und frisch gewirkt.

Der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger meint ebenfalls, es gebe keinen eindeutigen Sieger beim Aufeinandertreffen von Scholz und Merz. Beide hätten es aber gleichermaßen nicht geschafft, von ihrer Person zu überzeugen. Der SPD-Kanzlerkandidat hätte nicht erklären können, warum er eine zweite Chance verdiene. Ebenso hätte Merz seine persönlichen Sympathiewerte wohl nicht verbessern können, urteilt Jäger.

Söder und Klingbeil sind bei Miosga unterschiedlicher Meinung

Andere Reaktionen auf das TV-Duell fallen sehr unterschiedlich aus. Erwartungsgemäß sahen die Vertreter von Union und SPD ihren eigenen Kandidaten vorn. Das wurde direkt im Anschluss an die Sendung beim Talk von Caren Miosga deutlich, zu dem Markus Söder (CSU) und Lars Klingbeil (SPD) eingeladen waren.

CSU-Chef Söder kritisierte gleich zu Beginn eine Scholz-Aussage: „Das fand ich unangemessen für einen Kanzler.“ Scholz hatte während der Debatte mit Merz aufgezählt, was Deutschland beim Thema Migration bereits erreicht habe. Warum die Union dies nach einem Sieg bei der Bundestagswahl kassieren wolle, sei unverständlich, so Scholz: „Warum soll man so doof sein“.

TV-Duell: Söder sieht Merz eindeutig vorn

Für Söder war ohnehin klar: „Für mich ist Merz der eindeutige Sieger!“ Auch „Spiegel“-Journalistin Melanie Amann sah leichte Vorteile für Merz, den sie als überzeugender in seinem Auftritt beurteilte.

SPD-Chef Lars Klingbeil dagegen fand Scholz „sehr faktenstark“ und betonte, dass Merz noch nie Regierungsverantwortung gehabt habe. Merz' Kurs sei zudem wenig verlässlich, was man an seinem Verhalten in Richtung AfD sehen könne.

Mit deutlich markigeren Äußerungen als sein Parteichef Klingbeil meldete sich SPD-Politiker Ralf Stegner zu Wort. Er postete eine Bild-Kombo mit Merz und Scholz. Merz stehe für Stammtisch, Scholz dagegen für Schreibtisch, so Stegners Fazit.

Grüne, FDP und Linke twittern während TV-Duell

Grüne, FDP und Linke, deren Vertreter am Sonntagabend nicht eingeladen waren, nutzten den Auftritt von Scholz und Merz, um ihre Statements im Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, zu veröffentlichen. Insbesondere die Grünen kommentierten die Sendung mit mehreren Posts. Zunächst schrieben sie zu einem Bild des eigenen Kanzlerkandidaten Robert Habeck: „‚Gestern‘ gegen ‚Vorgestern‘. Das ist das #TVDuell, das heute in der ARD läuft. Was fehlt? Die Zukunft. Und der Kanzlerkandidat, der für diesen Aufbruch steht: Robert Habeck“

Später veröffentlichten die Grünen einen Clip, in dem sie nach eigenen Worten die „spannendsten Momente“ des TV-Duells zusammenfassten. „Nix verpasst“, schrieben sie zu dem Video, das vor allem Sprechpausen und Grimassen von Scholz und Merz zeigen.

FDP-Chef Christian Lindner meldete sich dagegen mit inhaltlicher Kritik zu Wort und stärkte Merz teilweise den Rücken. „Da hat Friedrich Merz einen Punkt: Wir hätten die AKWs damals nicht abschalten müssen. Jeder weiß es: Ich war dagegen“, schrieb der ehemalige Finanzminister.

Lindners Bilanz nach zahlreichen Tweets, in denen er die Aussagen der beiden Kontrahenten kommentierte: Merz sei blass geblieben und Scholz abgekoppelt von der Realität.

Die Linke positionierte sich bereits vor Beginn des TV-Duells bei X mit einem Video. Zu sehen sind die beiden Parteichefs Jan van Aken und Heidi Reichinnek. Van Aken greift auf seinem T-Shirt mit „Tax the rich“ einen der Kernpunkte der Linkspartei auf: „Superreiche“ sollen mehr besteuert werden, Lebensmittelpreise darüber hinaus gesenkt werden. Das Thema wird im Clip humorvoll weitergeführt: Van Aken und Reichinnek holen sich zwei Bratwürste an einem Imbissstand. Am Grill steht Bodo Ramelow.

Die AfD äußerte sich bei X nicht zum TV-Duell zwischen Scholz und Merz, auch Spitzenkandidatin Alice Weidel gab sich bedeckt.

Luisa Neubauer empört über Themensetzung beim TV-Duell

Klimaaktivistin Luisa Neubauer und auch die Grünen kritisieren massiv, dass das Thema Klima beim TV-Duell überhaupt keine Rolle gespielt habe.

Für sie ist es „unfassbar“, dass zu diesem globalen Problem von den Moderatorinnen keine einzige Frage gestellt wurde – außer einer Frage zur Energiepolitik. Auch der Politikberater und ehemalige Grünen-Wahlkampfmanager Johannes Hillje verweist auf die jüngsten alarmierenden Meldungen zum Klimawandel und zeigt sich erschüttert, wie wenig dies am Sonntagabend in ARD und ZDF eine Rolle gespielt habe.

Der ARD-Journalist Georg Restle schreibt ebenfalls, es sei „fast kein Wort“ über die Klimakrise gefallen. „Als würde die Katastrophe ausbleiben, wenn man sie verschweigt. Als wären die aktuellen Temperaturanstiege nicht dramatisch wie nie“, so sein Fazit zum TV-Duell, das bei „seinem“ Sender lief.

Auch Thema Bürgergeld kommt vielen beim TV-Duell zu kurz

Andere User vermissten beim TV-Duell das Thema soziale Gerechtigkeit. So twittert „Sozialarbeiter Simon“, der sich immer wieder mit diesem Komplex beschäftigt, diese Schwerpunktsetzung würde zeigen, welche „Wertschätzung die Schwächsten in unserer Gesellschaft erfahren“.

Scholz hatte sich für die Durchsetzung harter Sanktionen beim Bürgergeld ausgesprochen, Merz wurde bei seiner Antwort von den Moderatorinnen unterbrochen. Die Union hatte sich immer wieder für eine Abschaffung des Bürgergeldes in seiner jetzigen Form ausgesprochen und erklärt, man könne durch Druck viel mehr Menschen zurück in Arbeit bringen.

Die Grüne Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke schreibt zu der offensichtlichen Übereinstimmung von Scholz und Merz beim Thema Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger: „Eine menschenverachtende Diskussion von 2 Männern, die keine Ahnung haben von langzeitarbeitslosen Menschen und ohne Skrupel diese Menschen öffentlich stigmatisieren!“