Emmanuel Macron steht allein, Truppen von Nato-Staaten sollen nicht in die Ukraine entsandt werden. Warum also das Gerede? Wie nicht nur er, sondern auch Kanzler Olaf Scholz für Unsicherheit gesorgt haben. Und was alle von Joe Biden lernen könnten.
Truppen in die Ukraine?Wie Macron die Europäer aufschreckt
Kommunikationsdesaster in drei Akten: Erst fabuliert der slowakische Ministerpräsident Robert Fico vom möglichen Einsatz von Truppen aus Nato-Staaten in der Ukraine. Fico ist ein politisches Irrlicht und Fliegengewicht, anders als der nächste Redner: Bundeskanzler Olaf Scholz absolviert einen auf maximale Verbreitung angelegten Auftritt. Er spricht über die Sorgen vieler Bürger hinsichtlich der Ukraine-Hilfe, auf die er antworten wolle. Und dann redet er von „Zielsteuerung und Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen“ bei Marschflugkörpern. Damit reitet er unter anderem den französischen Präsidenten Emmanuel Macron rein. Der wiederum protzt: Die Entsendung von Soldaten in die Ukraine könne nicht auf Dauer ausgeschlossen werden.
Von Kampfeinsätzen sprach Macron nicht, einen Krieg mit Russland will er ebenso wenig wie Scholz. Und einzelne Leute, etwa Militärmediziner, haben schon die Briten in die Ukraine geschickt, ohne sich auf Kämpfe einzulassen. Was soll also Macrons Gerede? Es leitet nur Wasser auf die Mühlen von Leuten wie Fico, die die Ukraine im Stich lassen möchten.
Gut, dass Scholz die Dinge am Ende klarstellte
Natürlich gibt es keine Truppenentsendung. Gut, dass Scholz das klarstellte. Aber warum sprach er zuvor in Rätseln, auch wenn er etwas zu erklären versuchte? Wenn Taurus-Marschflugkörper nur mit Assistenz deutscher Soldaten funktionieren, wie er unterstellt, werden wir dann in den Korea-Konflikt hineingezogen? Südkorea ist Taurus-Kunde. Oder wollte Scholz sagen, dass Briten und Franzosen sich gegenüber Kiew eine Kontrolloption vorbehalten? Oder dass sie schlicht Geodaten liefern?
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Macron andererseits wird sich über Scholz geärgert haben und liebt große Worte, während er bei konkreter Hilfe knausert. Seine, wie er sagt, strategische Ambiguität (Zweideutigkeit) soll Russland abschrecken. Eher aber schreckt sie die Westeuropäer auf. Und auch Scholz weckt Sorgen, anstatt auf sie zu antworten. Zwei Alphamänner stellen sich gegenseitig bloß und gefährden mit ihrem Schaukampf die Zustimmung ihrer Bürger zur Ukraine-Hilfe.
Wie man es richtig macht, zeigte schon im ersten Kriegsjahr der alte Fuchs Joe Biden, der den russischen Atom-Popanz durch inoffizielle Äußerungen seiner Leute zum Platzen brachte. Die Russen wissen seither sehr gut, dass sie schon für eine demonstrative Kernexplosion über unbewohntem Gebiet teuer zahlen müssten. Wie genau, wissen sie nicht – nur so funktioniert strategische Ambiguität. Die Europäer, alle, sollten bei Biden in die Schule gehen.