Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Walz geht auf Tesla-Chef los„Russisches Roulette“ – US-Richter in Todesangst wegen Trump und Musk

Lesezeit 6 Minuten
US-Präsident Donald Trump zusammen mit seinem „besonderen Regierungsmitarbeiter“ Elon Musk. (Archvbild)

US-Präsident Donald Trump zusammen mit seinem „besonderen Regierungsmitarbeiter“ Elon Musk. (Archvbild)

Experten sehen in den Attacken auf US-Richter einen Angriff auf das Justizsystem. Die Demokraten verspotten Musk als „Nepo-Baby“.

US-Richter fürchten angesichts der Attacken von US-Präsident Donald Trump und seinem „besonderen Regierungsmitarbeiter“ Elon Musk um ihr Leben. „Ich habe das Gefühl, die Leute spielen mit unserem Leben russisches Roulette“, sagte die amerikanische Richterin Esther Salas aus New Jersey nun der „New York Times“.

Salas weiß, wovon sie spricht: Der damals 20-jährige Sohn der Richterin war 2020 von einem selbsternannten „antifeministischen“ Anwalt erschossen worden.  „Ich bitte unsere Politiker, sich darüber im Klaren zu sein, dass Menschenleben auf dem Spiel stehen“, bekräftigte die Richterin nun ihren Appell an die US-Regierung. „Das ist keine Übertreibung“, fügte sie hinzu. 

Donald Trump fordert Amtsenthebung von Bundesrichter

Zuletzt hatte Trump in dieser Woche mit einer wütenden Forderung nach der Amtsenthebung eines Bundesrichter, der den Abschiebeflügen der US-Regierung einen Riegel vorgeschoben hatte, erneut Benzin ins Feuer gegossen. In den sozialen Netzwerken ergoss sich eine Welle von Hass und Drohungen über den Richter und viele seiner Kollegen. Mitunter wurden auch KI-generierte Bilder gepostet, die manche US-Richter mit Handschellen zeigten.

Drohungen gegen US-Richter, die Entscheidungen des US-Präsidenten blockiert haben, nehmen in den letzten Wochen kontinuierlich zu, berichtete die „New York Times“ weiter. So habe es in der Vorwoche bereits einen Polizeieinsatz im Haus der Schwester von Amy Coney Barrett gegeben, einer Richterin des Obersten Gerichtshofes.

Drohungen und Hassbotschaften gegen US-Richter nehmen zu

Zuvor war eine Bombendrohung per E-Mail eingegangen. „Die Detonation des Sprengsatzes wird ausgelöst, sobald der Briefkasten das nächste Mal geöffnet wird“, hieß es dort. Eine Bombe wurde dann jedoch nicht gefunden – die Drohung habe sich als „Scherz“ entpuppt, hieß es von den US-Behörden. 

Die amerikanischen Richter können darüber allerdings nicht lachen. Bombendrohungen seien neben anonymen Anrufen oder Drohungen, das Spezialeinsatzkommando der Polizei mit falschen Vorwürfen zu den Privatadressen der Richter zu schicken, gehörten demnach mittlerweile zur Tagesordnung für jene Juristen, die sich Trump in den Weg stellen. Mitunter würden auch „harmlose“ Bedrohungsformen gewählt – etwa die Bestellung zahlreicher Pizzen zu den Privatadressen der Richter.

„Sie wissen, wo wir und unsere Familienmitglieder leben“

„Sie wissen, wo wir und unsere Familienmitglieder leben“, sagte ein Richter, der einen Prozess gegen die Trump-Regierung leitet und eine dieser „harmlosen“ Pizzalieferungen erhalten hat, der US-Zeitung unter der Bedingungen der Anonymität. Diese sei notwendig, um die eigene und die Sicherheit seiner Familie zu gewährleisten, erklärte der Richter demnach.

„Wir gehen davon aus, dass diese Vorfälle mit spektakulären Fällen in Zusammenhang stehen, die in den Medien ausführlich behandelt wurden und großes öffentliches Interesse geweckt haben“, kommentierte der United States Marshals Service, eine Behörde des Justizministeriums, die mit dem Schutz des Bundesgerichts betraut ist. 

US-Justizsystem unter Beschuss: „Angriff auf die Unabhängigkeit“

Auch von Republikanern ernannte Bundesrichter äußern nun scharfe Kritik an den Drohungen gegen ihre Kollegen. „Kritik ist keine Überraschung; sie gehört zum Job“, sagte etwa der Richter Jeffrey Sutton. „Aber ich denke, wenn es zu einer Bedrohung wird, geht es tatsächlich um einen Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit.“

US-Präsident Trump verschärfte unterdessen seine Attacken in dieser Woche erneut. In einem Social-Media-Beitrag forderte Trump nicht nur die Amtsenthebung von Bundesrichter James Boasberg, sondern bezeichnete den Richter, der zuvor die Pläne der US-Regierung zur Abschiebung venezolanischer Einwanderer per Anordnung blockiert hatte, zudem als „linksradikalen Verrückten, Unruhestifter und Agitator“.

Oberster Gerichtshof tadelt Donald Trump

Dafür kassierte Trump schließlich sogar einen Tadel vom Obersten Gerichtshof. „Ein Amtsenthebungsverfahren ist keine angemessene Reaktion auf Meinungsverschiedenheiten über eine gerichtliche Entscheidung“, erklärte John G. Roberts, Richter am republikanisch dominierten „Supreme Court“. 

Die „MAGA“-Gefolgschaft Trumps konnte das allerdings nicht stoppen: So hetzte etwa Laura Loomer, die von der „New York Times“ als „enge Verbündete“ des US-Präsidenten beschrieben wird, ihre mehr als 1,5 Millionen Follower in den sozialen Netzwerken nicht nur auf Richter Boasberg, sondern nahm auch die Tochter des Juristen ins Visier.

„Es braucht keinen Mob, der das Gerichtsgebäude stürmt“

„Seine Familie ist eine Bedrohung für die nationale Sicherheit“, schrieb Loomer in den sozialen Netzwerken. Zuvor hatte sie bereits die persönlichen Kontaktdaten der Tochter eines anderen US-Richters veröffentlicht – Tech-Milliardär Musk hatte diesen Beitrag an seine zahlreichen Follower weiterverbreitet und damit für Empörung gesorgt.

Eine Frau hält bei Protesten in New York ein Schild mit der Aufschrift „Delete Doge“ („Löscht Doge“). Elon Musks Regierungsgremium trägt den Namen „Doge“ und fährt einen radikalen Sparkurs bei US-Behörden. (Archivbild)

Eine Frau hält bei Protesten in New York ein Schild mit der Aufschrift „Delete Doge“ („Löscht Doge“). Elon Musks Regierungsgremium trägt den Namen „Doge“ und fährt einen radikalen Sparkurs bei US-Behörden. (Archivbild)

Experten warnen unterdessen davor, dass die Attacken auf einzelne Richter auch Angriffe auf das gesamte Justizsystem der USA seien. „Es braucht keinen Mob, der das Gerichtsgebäude stürmt“, sagte Jeremy Fogel, pensionierter Bundesrichter und Ethikexperte, der „New York Times“. Es reiche bereits aus, wenn „nur eine Person beschließt, einen Richter anzugreifen.“

Musk spendet an Abgeordnete, die für Amtsenthebungen sind

Auch die Richterin Marjorie Rendell warnt eindringlich vor den Folgen des von Trump und Musk angefachten Hasses gegenüber dem Justizsystem. „Wir haben weder die Macht des Schwertes noch des Geldes“, sagte Rendell. „Wir sind auf Respekt angewiesen. Und sobald man anfängt, diesen Respekt zu untergraben … wer weiß, wohin das führen könnte.“

Tech-Milliardär Musk nutzte die „Macht des Geldes“ unterdessen auch in dieser Woche für seine Zwecke – und bekräftigte damit seinen aggressiven Kurs gegenüber dem US-Justizsystem. Laut amerikanischen Medienberichten spendete der Tesla- und Space-X-Chef den maximal zulässigen Betrag an alle republikanischen Kongressabgeordneten, die sich zuletzt für die Amtsenthebung von Richtern ausgesprochen haben, die sich Trumps radikaler Politik in den Weg gestellt haben.

Demokraten verschärfen Attacken auf Trump und Musk

Die Demokraten verschärften unterdessen zuletzt ihre Attacken auf die Trump-Regierung deutlich – und wählten dabei mitunter auch Töne, die man eher von Trump selbst gewohnt ist. Musk sei ein „Vollidiot“ hatte zuletzt etwa Tim Walz, der Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten im letzten Wahlkampf, bei einem Auftritt in Wisconsin über den Multimilliardär gesagt.

Tim Walz, Gouverneur von Minnesota, spricht bei einer Veranstaltung in Des Moines, Iowa. (Archivbild)

Tim Walz, Gouverneur von Minnesota, spricht bei einer Veranstaltung in Des Moines, Iowa. (Archivbild)

Der Tesla-Chef sei ein „nicht gewähltes südafrikanisches Nepo-Baby“, das die Macht bekommen habe, staatliche Programme einzukürzen, teilte der Demokrat weiter aus. Der Begriff „Nepo-Baby“ entspricht ungefähr der deutschen Redewendung, jemand sei „mit dem goldenen Löffel im Mund“ geboren worden. Walz spielte mit seinen Worten auch auf die immer wieder diskutierte Frage nach der Herkunft des Milliardärs an.

Tim Walz beschimpft Elon Musk als „Vollidioten“ und „Nepo-Baby“

Nachdem die „Washington Post“ im Wahlkampf berichtet hatte, dass Musk in den 1990er Jahren in den USA gearbeitet habe, obwohl er nur im Besitz eines Studentenvisums gewesen sei, hatte der ehemalige US-Präsident Joe Biden den Milliardär als „illegalen Arbeiter“ bezeichnet.

Auch in der „MAGA“-Welt rund um Trump wird Musks Herkunft immer wieder thematisiert. Steve Bannon, einer von Trumps Chefstrategen im Weißen Haus während seiner ersten Amtszeit, verspottete Musk vor einigen Wochen als „parasitären illegalen Einwanderer“, dem es „an Respekt für die Geschichte, Werte und Traditionen des Landes“ mangele.

Musk selbst hatte zuvor die Migration immer wieder selbst zum Wahlkampfthema gemacht – und dabei regelmäßig illegale Einwanderer in den USA beleidigt und verhöhnt. Außerdem behauptete Musk mehrfach, illegale Migranten würden von den Demokraten ins Land gelockt. Seinen unklaren Visa-Status zu Beginn seiner Karriere in den USA nannte Musk unterdessen eine „Grauzone“. Später bestritt der Milliardär schließlich, jemals illegal in den USA gearbeitet zu haben.