SPD-PräsidiumNeue Doppelspitze und Partei ringen um künftigen Kurs
Berlin – Nach der Basisentscheidung für die neue SPD-Doppelspitze Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hat am Dienstag in Berlin das erweiterte Parteipräsidium über das weitere Vorgehen beraten. An der Sitzung nahmen auch die beiden designierten Vorsitzenden Teil. In erster Linie sollte es um einen Leitantrag für den Parteitag am kommenden Wochenende sowie um das künftige Personaltableau gehen.
Konkrete Beschlüsse sollte es am Dienstag allerdings noch nicht geben, für Donnerstag sind weitere Gremiensitzungen geplant. Esken und Walter-Borjans sollen am Freitag auf dem SPD-Parteitag zu Parteivorsitzenden gewählt werden. Mit Spannung wurde vor allem erwartet, ob und unter welchen Voraussetzungen die SPD zur Fortsetzung des Regierungsbündnisses mit der Union bereit ist.
Forderungen nach mehr Investitionen und höherem Mindestlohn
Esken und Walter-Borjans stehen der GroKo kritisch gegenüber und verlangen Korrekturen an der Regierungspolitik unter anderem bei Investitionen, Mindestlohn und Klimaschutz. Der Vorsitzende der NRW-SPD, Sebastian Hartmann, warnte vor einem überstürzten Handeln mit Blick auf die SPD-Regierungsbeteiligung. „Ich rate zur Besonnenheit“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.
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Walter-Borjans war Ende August als Kandidat des SPD-Landesvorstandes in das Rennen um den Parteivorsitz geschickt geworden. Gegen einen Ausstieg aus der GroKo wandte sich der einstige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering: „Wenn man den Bruch provoziert“, werde man „bei der nächsten Wahl dafür die Quittung bekommen“, warnte er im Berliner „Tagesspiegel“.
Positionierung der SPD als „selbstbewusste linke Volkspartei“
„Es gibt keinen Automatismus für einen Verbleib in der großen Koalition, aber auch keinen für einen Ausstieg“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner der „Passauer Neuen Presse“. Auf jeden Fall solle die SPD auf ihrem Parteitag „ein klares Signal als selbstbewusste linke Volkspartei“ geben. Auch warb Stegner für einen Abschied von der schwarzen Null im Bundeshaushalt. Dies fordern auch Esken und Walter-Borjans, um Spielraum für mehr Investitionen zu schaffen.
In der „Saarbrücker Zeitung“ drängte Stegner außerdem auf Änderungen beim Klimaschutz, insbesondere zugunsten von mehr Windkraftausbau. Führende CDU-Politiker lehnten grundlegende Kursänderungen erneut ab. Sie könne „klipp und klar sagen, dass es keine Neuhandlungen des Koalitionsvertrages geben wird“, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer den Sendern RTL und n-tv. Vor allem wandte sie sich gegen ein Rütteln an der schwarzen Null.
Bundesarbeitsminister Heil will um Grundrente kämpfen
CDU-Vize Thomas Strobl nannte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe auch eine CDU/CSU-Minderheitsregierung „eine Option“. Kramp-Karrenbauer kündigte zudem an, das parlamentarische Verfahren zur Umsetzung der von der SPD durchgesetzten Grundrente vorerst auf Eis zu legen, bis klar sei, „dass diese Koalition auch fortgesetzt wird“.
Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD) versicherte daraufhin in Berlin: „Ich arbeite mit voller Kraft dafür, dass die Grundrente -wie vereinbart - zum 1. Januar 2021 kommt. Wir dürfen die Menschen, denen die Grundrente zusteht, jetzt nicht enttäuschen.“ Heil ist ein Bewerber für den stellvertretenden SPD-Parteivorsitz.
Ebenfalls kandidieren will Klara Geywitz, die gemeinsam mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Mitgliederbefragung um die neue Doppelspitze Esken und Walter-Borjans unterlegen war. Als Kandidat im Gespräch ist auch Juso-Chef Kevin Kühnert. Die derzeitige kommissarische Parteichefin Malu Dreyer will nicht erneut als Parteivize antreten. (afp)