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Russland-SanktionenUkraine drängt, Deutschland bremst – die Debatte um „Swift“ tobt

Lesezeit 4 Minuten
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Demonstrantin am Donnerstag in Berlin.

Berlin/Brüssel – Die Europäische Union und die USA haben wegen des russischen Einmarschs in der Ukraine scharfe Sanktionen gegen das Land verhängt. Doch auf der Liste fehlte der Ausschluss des internationalen Zahlungssystems Swift. Vor allem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) steht unter Druck, einem solchen Schritt zuzustimmen.

Am Freitagmorgen sagt Lindner nach einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire, dass es eine Diskussion über einen Ausschluss Russlands von Swift gebe, doch „wir müssen Schritt für Schritt vorgehen.“

Das Abklemmen russischer Banken von dem System, das täglich weltweit etwa 42 Millionen internationale Transaktionen zwischen Banken abwickelt, hatten unter anderem US-Abgeordnete, die Ukraine etliche europäische Staaten und prominente Regime-Kritiker wie der Schachspieler Garri Kasparow gefordert.

Es ist umstritten, ob der Swift-Ausschluss eine „nukleare Option“ wäre, wie manche Beobachter meinen – also extremen Schaden für die russische Wirtschaft bedeute – oder bereits Ausweichmöglichkeiten bestehen etwa durch russische Zahlungssysteme oder ein relativ neues internationales chinesisches System.

US-Präsident Joe Biden sagte am Donnerstagabend in Washington, dass ein Ausschluss Russlands von Swift immer auf dem Tisch liege und ergänzte: „Derzeit ist das nicht die Position, die sich der Rest Europas von uns wünscht.“

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So funktioniert das Zahlungssystem.

Am Donnerstagabend hatte Finanzminister Lindner die deutschen Bedenken bei einem Fernsehauftritt näher erläutert. „Wenn man Swift aufhebt, dann muss man nur auch um die Konsequenzen wissen", sagte er. Es bestehe dann „eine hohe Gefahr“, dass „Deutschland nicht mehr mit Gas, nicht mehr mit Rohstoffen versorgt wird“.

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Bundeskanzler Olaf Scholz beim EU-Sondergipfel am Donnerstag neben EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich daher in Brüssel dagegen ausgesprochen, das Sanktionsinstrument einzusetzen. Mann müsse sich manches „aufbehalten für eine Situation, wo das notwendig ist, auch noch andere Dinge zu tun“.

Auch Österreichs Kanzler Karl Nehammer hatte dagegen argumentiert, Swift in das Sanktionspaket aufzunehmen. „Hintergrund des Ganzen ist, dass die Aussetzung von Swift weniger die Russische Föderation treffen würde als die Europäische Union.“ Denn erstens habe Russland ein eigenes Zahlungssystem und zweitens würde Russland sofort auf das chinesische Zahlungssystem umsteigen.

Das ist Swift

Das bedeutet die Abkürzung

Die Abkürzung Swift steht für „Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication“. Swift ist ein internationales Netzwerk zum Austausch elektronischer Informationen.

Das ist die Aufgabe

Swift kümmert sich nicht um die Verrechnung oder Abwicklung von Zahlungen, sondern stellt die technische Infrastruktur zur Verfügung, damit Finanzinstitute bei Geldtransfers über Landesgrenzen hinweg sicher miteinander kommunizieren können.

Die Mitglieder der 1973 gegründeten Genossenschaft mit Sitz in La Hulpe südöstlich von Brüssel haben Standards definiert, damit Bank A in einem Land schnell und technisch nachvollziehbar Nachrichten mit Bank B im anderen Land austauschen kann: zu Geldtransfers, Wertpapier- oder Edelmetallgeschäften.

Wer macht bei Swift mit

Swift-Nachrichten können automatisiert weiterverarbeitet werden. Mehr als 11.000 Teilnehmer in über 200 Ländern nutzen nach Angaben von Swift den Dienst, vor allem Banken, aber auch Wertpapierfirmen und große Konzerne.

So funktioniert das System

Jeder an das System angeschlossene Teilnehmer hat eine eigene Swift-Adresse, den Bank Identifier Code, kurz BIC. Anhand dieser internationalen Bankleitzahl sind Kreditinstitute eindeutig identifizierbar.

Das Swift-System stellt auf diesem Wege zum Beispiel sicher, dass Auslandsüberweisungen auf dem richtigen Konto eingehen. Täglich werden über das System Millionen von Nachrichten verarbeitet und milliardenschwere Geldsummen rund um den Globus geschickt. (dpa)

Laut Lindner seien die bereits verhängten Sanktionen gegen russische Banken – unter anderem können sie keine Dollar-Geschäfte mehr mit US-Instituten tätigen – weitreichend. „Wir haben bereits eine volle Blockade russischer Banken“, so Lindner am Freitagmorgen. Nur im Einzelfall seien noch Transaktionen möglich, um zum Beispiel Gaslieferungen zu bezahlen oder damit deutsche Firmen ihren russischen Töchtern Geld überweisen könnten.

Der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstitut ifo, Clemens Fuest, hält den Swift-Ausschluss Russlands nur dann für überzeugend „wenn wir das russische Gas ersetzen können“, zitiert das Handelsblatt den Ökonom. „Schlimm wäre es, wenn die EU im Herbst bei Putin zu Kreuze kriechen und um Gaslieferungen betteln müsste, die man vorher abgeschnitten hat.“

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Der Außenexperte der Grünen, Jürgen Trittin, stimmte der Position zu. Im Inforadio rbb sagte er: „Was jetzt beschlossen worden ist, heißt, dass russische Banken den Zahlungsverkehr in Europa nicht mehr vollziehen können.“ Das komme „faktisch auf das gleiche raus wie eine Blockade von Swift – ohne dass es die negativen Folgen hat, die wir bei einer Sperrung von Swift natürlich zu befürchten hätten.“ (mit dpa)