AboAbonnieren

Reul-VorschlagZülpicher Straße als Waffenverbotszone – aber wie wird kontrolliert?

Lesezeit 5 Minuten

Die Zülpicher Straße in Köln könnte zur Waffenverbotszone werden.

  1. NRW-Innenminister Herbert Reul will im Landeskabinett Waffenverbotszonen in Düsseldorf und Köln vorschlagen.
  2. Der Vorstoß kommt in den Städten gut an, auch wenn es Zweifel am Nutzen gibt.

Köln/DüsseldorfNRW-Innenminister Herbert Reul will dem Landeskabinett vorschlagen, die Düsseldorfer Altstadt und die Kölner Ausgehmeilen auf den Ringen und der Zülpicher Straße zu Waffenverbotszonen zu machen. Grundlage des Vorschlags sei eine Risiko- und Lageeinschätzung der Kölner und Düsseldorfer Polizeipräsidien, teilte das NRW-Innenministerium auf Anfrage mit. Eine entsprechende Vorlage befinde sich in Abstimmung zwischen den Ressorts.

Bereits im August starb auf der Zülpicher Straße im Kölner Studentenviertel ein 17-Jähriger nach einer Messerattacke, auch in der Halloween-Nacht endete ein Messerangriff in einem Club auf der Venloer Straße tödlich. Auch in Düsseldorf starb im Oktober ein Mann durch eine Klinge, ein anderer wurde lebensgefährlich verletzt.

Stadtdirektorin begrüßt den Vorschlag

Die Kölner Stadtdirektorin Andrea Blome begrüßte den Vorschlag von Innenminister Reul. „Es ist ein wichtiges und deutliches Zeichen für eine gewisse Szene, die meint, sie könne sich hier ausleben, auch und vor allem mit Gewalt. Das wollen und können wir nicht dulden“, sagte Blome. Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob befürwortete ebenfalls eine Waffenverbotszone. „Ich begrüße jede Möglichkeit, die diese Stadt sicherer macht“. Es gebe zu viele Angriffe mit Messern in der Stadt. Messer hätten in Partyvierteln nichts zu suchen.

Zweifel an Rechtmäßigkeit der Kontrollen

Dass die Polizei jede Person innerhalb der Verbotszonen kontrollieren darf, daran zweifelt der Direktor des Institut für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Uni Köln, Professor Markus Ogorek. „Die Einrichtung von Messerverbotszonen darf nicht dahin missverstanden werden, dass die Polizei an den besagten Orten nun jede beliebige Person anhalten und durchsuchen dürfte“, sagte Ogorek. Das Polizeigesetz sei bei anlasslosen Maßnahmen zurückhaltend auszulegen. Konkret bedeute dies, dass zum bloßen Aufenthalt an einem bestimmten Ort weitere Verdachtsmomente hinzutreten müssen. „Das Innenministerium sollte seine Einsatzkräfte auch deshalb zur Zurückhaltung anhalten, weil ansonsten Niederlagen vor den Verwaltungsgerichten drohen können. Damit wäre dem gemeinsamen Ziel, besonders kriminalitätsbelastete Bereiche sicherer zu machen, ein Bärendienst erwiesen“, sagte Ogorek.

Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat dagegen keine Bedenken. „Wir leben in einer Gesellschaft, wo juristische Zweifel immer wieder mal angebracht sind oder geäußert werden. Das ist vollkommen in Ordnung. Jedem steht der Rechtsweg offen“, sagte Mertens der Rundschau. (sim)

Klar ist aber auch: Ein Allheilmittel, um Messerangriffe zu verhindern, sind die Verbotszonen nicht. Doch sie erleichtern die Arbeit der Polizei. „Ein Verbot muss auch mit dem nötigen Kontrolldruck einhergehen. Mit den Verbotszonen wäre das nun rechtssicher möglich“, sagte Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, der Rundschau. Denn jedes Verbot sei nur so wirksam, wie es auch kontrolliert werde. „Aus unserer Sicht gehört ein Messer nicht dazu, wenn Menschen feiern gehen. Von daher ist es folgerichtig, Waffenverbotszonen einzurichten.“ Die Erfahrung zeige, dass immer mehr Menschen Messer mitführen und im Konfliktfall bereit seien, diese auch einzusetzen.

Dass die Kontrollen an fehlendem Personal scheitern, glaubt Mertens nicht. „In den Partyzonen in Düsseldorf und Köln sind ohnehin viele Polizeibeamte im Dienst, die die Kontrollen durchführen können. Würde das in einer kleineren Kommune gemacht werden, müsste man sich dagegen ganz neu aufstellen.“

Markus Vogt, Sprecher der Interessengemeinschaft der Wirte auf der Zülpicher Straße, begrüßt die Planung für eine Waffenverbotszone auf der Meile, ist mit Blick auf die Kontrollen aber skeptisch. Die Regeln seien nicht konsequent durchsetzbar. „Es ist ein richtiges Signal und gut gemeint. Aber ich sehe nicht, dass die Polizei mit einem Großaufgebot die Menschen auf der Zülpicher Straße dauerhaft kontrolliert“, sagte Vogt. Er glaube, dass die Nachtschwärmer, die ein Messer beim Ausgehen mitnehmen, von einem Verbot nicht abgeschreckt werden. Die Sanktionen und Strafen seien zu niedrig. Zuletzt sprach das Innenministerium von Bußgeldern von bis zu 10 000 Euro bei einem Verstoß gegen das Verbot. Im Einzelfall könne die Waffe oder das Messer auch dauerhaft eingezogen werden.

Prävention als wichtiges Mittel

Klar ist: Jeden Menschen, der sich in der Verbotszone aufhält, kann die Polizei nicht kontrollieren. Die Gefahr, Kontrollen aufgrund optischer Merkmale der Menschen durchzuführen, sieht Michael Mertens von der GdP nicht. „Niemand darf wegen seiner Hautfarbe oder sonstigen Äußerlichkeiten kontrolliert werden. Aber die Polizisten, die in den Partyzonen eingesetzt sind, haben ein großes Erfahrungswissen, wer ein Messer mit sich führen könnte. Ältere Menschen geraten dabei eher selten in den Blick.“

Erfahrung mit solchen Kontrollen hat die Bundespolizei. Seit mehreren Jahren wird in Abständen der Kölner Hauptbahnhof für ein Wochenende zur Waffenverbotszone erklärt und intensiv kontrolliert, um die Gewaltkriminalität zumindest kurzfristig in den Griff zu bekommen. Im vergangenen Jahr fand die Bundespolizei in 100 Fällen Stichwaffen. „Obwohl wegen der Pandemie die Zahlen der Reisenden teilweise stark zurückgegangen sind, gab es keinen nennenswerten Rückgang bei den Gewaltdelikten und den Einsätzen von Messern“, teilte die Bundespolizei damals mit.

Neben Messerverbotszonen sei auch Präventionsarbeit wichtig, um das Problem in den Griff zu bekommen, sagte Michael Mertens von der GdP. „Durch Filme oder Videospiele glauben Menschen, man kann ein paar Messerstiche aushalten.“ Ihnen sei nicht bewusst, dass bereits ein Stich tödlich sein könne, wenn zum Beispiel innere Organe oder die Hauptschlagader im Oberschenkel oder im Oberarm getroffen werden. „Da müssen Jugendämter, Schulen und Sportvereine bei der Aufklärung mithelfen.“